Zum Tod von Paul Auster: Zauberer im Labyrinth welcher Postmoderne

In dem unvergesslichen Film Smoke von 1995 war die Szenerie in Zigarrenrauch eingetaucht, und nun ist Paul Auster, welcher Autor des Drehbuchs dieses Films, in Brooklyn an Lungenkrebs gestorben. Es war eine weitere Spiegelung im großen Spiegelkabinett des Zauberers welcher labyrinthischen Diskurse, welcher eine ganze Generation zu begeistern wusste – nebensächlich wenn es nicht immer leicht war, sich gen den Pfaden seiner Protagonisten durch undurchschaubare Städte und Texte zu in Bewegung setzen, stolperte man doch ständig droben eine weitere Dopplung, verknüpfen versteckten Hinweis oder eine weitere intertextuelle Falle, welcher man unbedingt nachgehen musste, wenn man dem Buch gerecht werden wollte.

Doch wäre man jeder welcher Spuren nachgelaufen, dann wäre man vielleicht selbst in eine Dopplung geraten, man wäre gen unheilvolle Art in dasjenige Universum des Autors einbezogen worden und vielleicht sogar zu einem seiner rätselhaften Doppelgänger geworden, deren Leben sich zwischen unzähligen weiteren Büchern verlieren. Und dasjenige wollte man doch möglichst vermeiden, denn denn Leser oder Leserin von Paul Auster lebte man sowieso gefährlich. Auf seinen Spuren zu wandeln, bedeutete nicht nur, gen literarische Abwege zu kommen und höchste Eisenbahn Dashiell Hammett und Raymond Chandler zusammen mit Nathaniel Hawthorne und Henry David Thoreau oder Knut Hamsun und Franz Kafka zusammen mit Ludwig Wittgenstein und Jacques Lacan Vorlesung halten zu zu tun sein, sondern es hieß nebensächlich, stets ungeschützt zu sein pro die unvorhersehbaren Zufälle, die dasjenige eigene Leben vollwertig aus welcher Bahn werfen könnten. Unter Umständen führten die Spuren in eine prachtvolle Bibliothek oder daher in ein geschlossenes Zimmer mit leeren Wänden, in die Sucht, in den Wahnsinn oder in die Obdachlosigkeit.

Paul Auster veranschaulichte die Dekonstruktion

Man könnte zum Beispiel durch eine – durchaus plausibel erscheinende – Kette von Umständen plötzlich einer jener namenlosen Menschen werden, die mit den Straßen New Yorks verwachsen zu sein scheinen, deren Kleidung und Haut eine graubraune, leichtgewichtig tranig schimmernde Farbe ausgedacht nach sich ziehen, die dort nebensächlich die Straßen und Fassaden trübe. Regungslos stillstehen sie unter einem Bogen oder in einem Türeingang, den wartenden und lauernden Schriftsteller-Detektiven aus Paul Austers Romanen homolog. Die Vorbeieilenden nehmen sie möglichst nicht wahr, sie möchten in keinem Fall vertrauen, dass nur sehr dünne Wände sie privat von einem derartigen Schicksal trennen. Doch wer etwa Die New York Trilogie gelesen hat, kommt nicht umhin, in jenen wie Statuen verharrenden Obdachlosen eine Möglichkeit welcher eigenen Biografie zu wiedererkennen. Zumindest mir geht es so, da ich literarisch ein Kind welcher Postmoderne bin, immer griffbereit, dasjenige Leben und den Text auszutauschen. Immer griffbereit, mir mein eigenes Leben wie den Roman 4321 vorzustellen, in mindestens vier Versionen.

Meine Generation hat Paul Auster gelesen, da er uns die Auflösung welcher großen Erzählungen veranschaulicht hat und da er dasjenige Ende des Glaubens – egal ob an eine logisch-kausale oder eine religiös-mystische Erklärung des Seins – in Geschichten verwandelt hat, in Romane mit rätselhaften Heldinnen und Helden gen welcher ewigen Suche. Seine Bücher versinnbildlichten die Theorie welcher Dekonstruktion, und untermauerten unsrige Skepsis im Unterschied zu jedweder Gewissheit. Unsere Zeit läuft dorthin, und eine neue Epoche von Gewissheiten ist schon längst angefangen, insoweit fällt es vermutlich gerade uns Boomern, die wir den Gewissheiten und ideologischen Erzählungen abgeschworen nach sich ziehen, so schwergewichtig, Abschied von Paul Auster zu nehmen.

„Mond droben Manhattan“ inspirierte mich zu einem eigenen Roman

Zu Händen die wahren Literaturbesessenen sind die Literatur und dasjenige Leben stets ineinander verwoben, ohne dass man die letzte Wahrheit ergründen kann. Trotz aller Spurensuchen bleibt welcher Mensch, ob denn Leser oder denn Schriftsteller, am Ende immer ein gescheiterter Detektiv. Detektive zu tun sein sich solange bis zur Identifikation in die Persönlichkeit des Verbrechers eindenken, genauso wie sich die Leser mit dem Schriftsteller identifizieren, daher die vollständige Erkenntnis bleibt allen verweigert. Mein Nachruf kann nur privat ausfallen, da dasjenige Werk von Paul Auster pro eine literaturwissenschaftliche Hommage aufs Schnelle leicht zu weitläufig ist. In meinem Buch Kriminalistische Dekonstruktion. Zur Poetik welcher postmodernen Kriminalromane (Würzburg 1999) habe ich ihm wenige bescheidene Beobachtungen gewidmet, erfüllt von Ehrfurcht und Begeisterung; in seinem Roman Mond droben Manhattan habe ich eine frühe Inspiration gefunden, eines Tages doch verknüpfen Roman droben Nikola Tesla zu schreiben, welches ich 2023 tatsächlich realisiert habe.

Es war unvermeidlich und selbstverständlich, dass Paul Auster gen Nikola Tesla stoßen und von seiner Biografie fasziniert sein würde. Würde es die Nikola Tesla Corner in New York nicht verschenken, dann könnte sie nebensächlich einer fiktiven Topografie von Paul Auster entsprungen sein, genauso wie welcher Namensgeber dieser Ecke des Bryant Parks einer von Austers fiktiven Protagonisten sein könnte. Hier, zwischen des Trubels welcher stets wachsenden und sich in die Höhe verlagernden Stadt, fütterte Nikola Tesla, welcher Erfinder von trauriger Gestalt, jeden Tag seine geliebten Tauben, bisweilen von ihnen wie eine Vogelscheuche trübe. „Er glich einem Propheten des kommenden Zeitalters, und niemand konnte sich seinem Bann entziehen“, schreibt Auster droben Tesla. So homolog geht es uns Verehrern von Austers Werk – wir können uns seinem Bann nicht entziehen, nebensächlich wenn wir schon beim Lesen unzählige Verweise, Anspielungen, Weisheiten und Trickkisten vergessen, die er eingebettet hat. Das ärgert uns natürlich, wir möchten ihm gleichgestellt werden, und dann verzweifeln wir daran, denn jede postmoderne Spurensuche muss an absoluten Ansprüchen scheitern.

Der Film Smoke kündigt nicht nur den späten biografischen Fluch des Rauchens an, sondern ist nebensächlich sonst voll von Dopplungen, Spiegelungen und Vorausahnungen welcher Wirklichkeit; eine von ihnen ist gerade tragisch: Der Sohn des Autors, Daniel Auster, spielte in Smoke in einer kleinen Nebenrolle, doch welcher ganze Film offenbarte sich wenige Jahre später denn eine furchtbare Prophezeiung. Es gibt im Film verknüpfen Protagonisten, welcher nachdem seinem Vater sucht, so wie die Vatersuche nebensächlich sonst in Austers Werk denn archetypische Grunderzählung gilt, weiterhin gibt es Drogenabhängige und dasjenige gestohlene Geld welcher Dealer-Gangs, es gibt sogar eine Frau namens Ruby, und so hieß die kleine Tochter von Daniel Auster, deren frühen Tod er unfreiwillig verschuldet nach sich ziehen soll, da er selbst keinen Ausweg aus welcher Drogenhölle fand. Als hätte er mit seinem prophetischen Werk die biografische Dopplung herbeigerufen, wurde Paul Auster, welcher selbst dem eigenen abwesenden und verschwundenen Vater hinterhergeschrieben hat, selbst zu einem Vater, welcher seinem Sohn nicht helfen konnte. Daniel Auster starb gut zwei Jahre vor seinem Vater und kurze Zeit nachdem seiner Tochter an einer Überdosis in New York.

Was Paul Auster wohl droben die Proteste an welcher Columbia gesagt hätte?

Die Möglichkeit einer weiteren Prophezeiung erschreckt mich, daher ich lehne sie ab. An welcher Columbia University, Austers geliebter Alma Mater, an welcher er einst gelernt und gelehrt hat, hat es in den letzten Tagen seines Lebens unschöne Szenen gegeben, und ich erlaube mir zu wünschen, dass welcher sterbende Schriftsteller sie nicht mehr vollumfänglich mitbekommen hat, vor allem nicht die Rufe, die einigen jüdischen Student:medial von einigen ihrer propalästinensichen Komiliton:medial zugerufen wurden, etwa „Geht zurück nachdem Polen!“ Der aktuelle Rabbi welcher berühmten Ivy League-Hochschule hat die jüdischen Studierenden sogar aufgefordert, besser zu Hause zu bleiben, da es pro sie in welcher aufgebrachten Stimmung nicht mehr sicher sei.

Als Nachkomme zweier jüdischer Familien aus Galizien, aus welcher Ukraine und aus Polen, schrieb Paul Auster in seiner apokalyptischen Vision Im Land welcher letzten Dinge von welcher Freundschaft zwischen Anna Blume, welcher Protagonistin dieses denn Bericht und Brief konzipierten Romans, und einem Rabbi. Doch eines Tages verschwand welcher Rabbi, welcher ihr einmal gesagt hat, dass jeder Jude glaube, welcher letzten Generation welcher Juden anzugehören. „Wir sind immer am Ende, stillstehen immer am Rand des letzten Augenblicks, und warum sollten wir uns jetzt einbilden, es verhielte sich unähnlich?“ Sie suchte ihn, doch „ein anderer Mann hatte sich in dem Zimmer möbliert“, welcher ihr zu ihrer Verblüffung sagte: „Die Juden sind vor zwei Tagen weit worden.“ Sarkastisch fügte er noch hinzu, welcher Rabbi sei vielleicht „gen dem Weg ins Gelobte Land“. „Du siehst, wie es in diesem Land zugeht“, schrieb Anna Blume weiter in ihrem Brief. „Alles verschwindet, Menschen ebenso unausweichlich wie Dinge, die Lebenden zusammen mit den Toten (…) – ich sah mich nur vor einer Leere, einem gefräßigen Nichts.“

Natürlich musste ich stets an diesen Roman denken, denn ich mir in den letzten Tagen die vielen Videos vom Campus welcher Columbia anschaute. Doch zum Glück – und nebensächlich dasjenige wissen wir Boomer, die allen Gewissheiten abgeschworen nach sich ziehen, da uns Autoren wie Paul Auster solche Weisheit beigebracht nach sich ziehen – gelingen Literatur und Leben nie eine vollständige Einheit. Es gibt im Universum welcher Postmoderne immer die Möglichkeit welcher ironischen Flucht in eine neue Spiegelung, es gibt immer eine neue Spur, welcher zu hören möglich ist, eine weitere Deutung, die etwa aus einem neuen Manuskript erwächst, dasjenige in einem dunklen Winkel welcher Bibliothek gefunden wird. In dieser Bibliothek leuchten die Werke welcher Besten unserer Lesersozialisation in hellem Licht, darunter dasjenige Werk des Autors, welcher seine geliebte Frau, seine Tochter, seine Freunde, sein Brooklyn, sein New York und seine weltweite Leserschaft am Abend des 30. April 2024 pro immer verlassen hat.

Alida Bremer wurde im Boomer-Jahr 1959 in Split geboren. Ihr Roman droben Nikola Tesla – Tesla oder Die Vollendung welcher Kreise – erschien vergangenes Jahr unter Jung und Jung