Wu-Tang Clans Vier-Millionen-Dollar-Album: So klingt die exklusivste CD dieser Welt

Die Verzichtserklärung, die ich unterschreibe, gilt bis zu meinem Todestag oder bis zum Jahr 2103 – je nachdem, was zuerst eintritt. Im Jahr 2103 werde ich 112 Jahre alt sein oder (was wahrscheinlicher ist) sehr tot. Wer weiß, ob dann noch jemand über den Wu-Tang Clan spricht oder in welchem Zustand Once Upon a Time in Shaolin im Jahr 2103 sein wird. Das Album existiert in Form einer einzigen physischen Kopie, und das ist eine CD. Wird 2103 überhaupt noch jemand außer Antiquitätenhändlern einen CD-Player besitzen? Auf jeden Fall werde ich darauf achten, dass mir im Alter von 111 Jahren nicht doch noch ein Fehler unterläuft.

Bei 5.000 Personen wurde die Warteliste geschlossen

Ich muss die Erklärung unterschreiben (und werde rigoros gefilzt), um sicherzustellen, dass ich nicht vorhabe, heimlich aufzunehmen, was passiert, nachdem ich das Museum of Old and New Art (Mona) in Tasmanien betreten habe. Dort wird Once Upon a Time in Shaolin eine Woche lang im Rahmen der neuen Ausstellung Namedropping zu sehen sein, die sich mit Status, Prominenz, Verknappung und Ruhm beschäftigt. Once Upon a Time in Shaolin erfüllt alle Kriterien: ein nie zuvor öffentlich gemachtes Album einer Band, die eine Ära definierte, und dem nur ein Exemplar in einer verschnörkelten Silberbox existiert, das für mehrere Millionen Dollar verkauft wurde. Etwa neun Prozent der 500 Personen, die das Album bei Mona hören können, reisen aus dem Ausland an; das Museum hat die Warteliste bei 5.000 Personen geschlossen.

Als Once Upon a Time in Shaolin 2014 angekündigt wurde, war es an eine einzigartige Auflage geknüpft: Wer es kaufte, dürfte es erst in 88 Jahren, also 2103, öffentlich machen.

RZA, der Kopf des Wu-Tang Clan, bezeichnete die Aktion damals als ein „großangelegtes Statement“ auf die Abwertung von Musik: „Die Limitierung des Albums auf ein Exemplar wird nicht sofort den Wert aller Musikaufnahmen wieder aufwerten, aber die Debatte, die unser Ansatz ausgelöst hat, könnte letztendlich zu einer Veränderung der Wahrnehmung, des Wertes und der Wertschätzung von Musik als Kunstwerk führen. Deshalb sind wir der Meinung, dass es dieses Opfer wert ist.“

Andere Wu-Tang-Mitglieder waren anderer Meinung – Method Man nannte die 88-Jahres-Regel „dumm“ – aber ein Jahrzehnt später kann man kaum behaupten, RZA habe sich geirrt. Heute wissen wir, dass Streaming Musiker mit Brosamen zurücklässt. Und Once Upon a Time in Shaolin ist zweifellos ein Kunstwerk.

2016 wurde die CD für zwei Millionen Dollar verkauft

Und wie das mit Kunst so ist, landete es in den Händen eines reichen Mannes. Martin Shkreli, der berüchtigte „Pharma-Bro“, zahlte bei der Auktion 2016 zwei Millionen US-Dollar für Shaolin und sagte einem Journalisten: „Es gibt viele Dinge, die reiche Männer tun, um anzugeben. Die Presse ist das eine, aber es geht auch darum, Freunden oder der letzten Firma zu zeigen: ‚Hey, fickt euch, seht mich an, ich habe dieses 2-Millionen-Dollar-Album.‘ So etwas machen die Leute ständig.“

Nur ein paar Jahre später gab Shkreli es nach seiner Verurteilung wegen Wertpapierbetrugs an das FBI ab. Das ermöglichte es PleasrDAO, einem NFT-Kollektiv, das Album im Jahr 2021 für 4,75 Millionen US-Dollar zu kaufen, verbunden mit dem Versprechen, einen Weg zu finden, die Musik mit der Welt zu teilen. Und so kam es, dass ich jetzt in den Genuss kam, dieses Wu-Tang-Clan-Album zu hören.

„Are you ready for this?“, fragt ein Mitarbeiter des Museums

Womit wir beim Thema wären: der Musik. Etwa 30 von uns werden ins Aufnahmestudio des Museums, genannt die Frying Pan, geleitet, wo der Klang von starkem Regen durch die Lautsprecher dröhnt. Uns wird grüner Tee angeboten. In der Mitte eines Tisches steht eine PlayStation 1: Ein Vertreter der Musikindustrie erklärt mir flüsternd, dass PS1s als audiophile CD-Player gelten. Gleich werden wir einen 30-minütigen Mix hören, den der Wu-Tang-Produzent Cilvaringz speziell fürs Mona zusammengestellt hat.

„Are you ready for this?“, sagt ein Mona-Mitarbeiter und drückt auf den Startknopf des Controllers.

Once Upon a Time in Shaolin ist nicht so aufregend wie das Debüt Enter the Wu-Tang aus dem Jahr 1993, aber mindestens genauso gut wie Wu-Tang Forever von 1997. Es klingt ausgefeilter als beide, und klingt entsprechend großartig. Alle Markenzeichen des Wu-Tang-Sounds sind da: Kung-Fu-Filme, klirrende Schwerter, Schüsse, Polizeisirenen. Aber es gibt auch beeindruckende Streichersätze, bombastische Bläser und eine elektronische Orgel. Es klingt anders als alle anderen Wu-Tang-Alben, aber auch beruhigend vertraut. Wie immer sind sie selbstverherrlichend, schmutzig und witzig: „I jerked off the sun like the day was mine“ ist eine der Zeilen, bei der ich mich kurz an meinem Tee verschlucke.

Es ist schwer zu sagen, wie viele der 31 Tracks des Doppelalbums wir hören, aber zwei stechen heraus: Inspectah Deck rappt über einem infektiösen Morricone-Beat und dann ist da noch ein energiegeladener Redman-Track mit einem Lebensfreude versprühenden Bläserpart. Meinem Gehör nach sind alle lebenden Clan-Mitglieder auf dem 30-minütigen Mix vertreten, der mit einem schwermütigen Gesang für den verstorbenen Ol‘ Dirty Bastard endet: „I wish Dirty was here“.

Musikalisch solide, als Kunstwerk sensationell

Was die Musik des Wu-Tang Clan angeht, so ist auch dieses Album gut. Aber als Kunstwerk ist Once Upon a Time in Shaolin einfach fantastisch. Während eines Großteils der Session halten die meisten im Raum ihre Augen geschlossen und konzentrieren sich ganz auf das, was sie in diesem Moment hören. Es steht in krassem Gegensatz zu dem, wie wir heute Musik hören: Berieselung für gestressten Gehirne, ein Mittel, um die Welt um uns herum auszublenden. Alben werden zu Singles filetiert, Singles in Playlists verstreut. Ich denke an RZAs Manifest, an all das Talent, das in das, was wir gerade hören, einfloss und ich verstehe, was er meinte: Musik verdient etwas Besseres.

Als der Mix zu Ende ist, sind wir alle sehr still; erst als ein Angestellter von Mona die Augenbrauen hochzieht, erinnern wir uns daran, wo wir sind, und applaudieren, während er die CD feierlich in einem Safe deponiert, flankiert von zwei Sicherheitsleuten. Als wir hinausgehen, spreche ich mit ein paar Wu-Tang-Fans, die vom australischen Festland angereist sind, um dabei zu sein. Ein junger Mann sieht aus, als hätte man ihm einen Schlag auf den Kopf verpasst, er ist sichtlich aus dem Häuschen. Ein anderer, etwas älterer Mann, wirkt melancholisch. „Es hat mich tatsächlich ein wenig traurig gemacht“, sagt er. „Zu wissen, dass wir das nie wieder hören werden.“

Nun, vielleicht. Martin Shkreli, der inzwischen aus dem Gefängnis entlassen wurde, hat vor einigen Tagen auf X, nur kurz vor der ersten Listening-Party im Mona, Tracks aus dem Album live gestreamt. PleasrDAO verklagt ihn nun, und ein Richter in Brooklyn hat Shrkeli das Streaming oder die Verbreitung von Kopien des Albums vorläufig untersagt. PleasrDAO hat unterdessen eine fünfminütige Hörprobe des Albums als NFT online gestellt, die man für einen US-Dollar kaufen kann. Der Wu-Tang Clan profitiert von den NFTs, was erklärt, warum es erlaubt ist.

Mit jedem Kauf der Hörprobe wird das Veröffentlichungsdatum des Albums um 88 Sekunden vorverlegt. Es würde 28 Millionen Dollar kosten, es morgen freizuschalten. Für die Fans hoffe ich, dass es öffentlich wird, bevor ich 112 Jahre alt bin. Aber der egoistische Teil von mir, der Teil, der sich durch dieses Kunstwerk völlig verwandelt fühlte, hofft insgeheim, dass wir alle warten.

Sian Cain arbeitet als Kulturredakteurin im Büro des Guardian in Australien