Wolfspeed gibt Pläne pro Chipfabrik im Saarland uff

Im Sommer haben drei Explosionen noch die Hoffnung auf neue Arbeitsplätze und einen wirtschaftlichen Aufschwung im Saarland symbolisiert. Die Landesregierung hat zwei Schornsteine und den Kühlturm eines alten Kohlekraftwerks in Ensdorf gesprengt, um das Gelände für die Ansiedelung einer Chipfabrik vorzubereiten. Eigentlich war der Plan, dass der US-Chip-Spezialist Wolfspeed gemeinsam mit dem baden-württembergischen Autozulieferer ZF auf einer 25 Kilometer nordwestlich von Saarbrücken gelegenen Fläche eine moderne Produktion für Siliziumkarbid-Wafer baut.

Nun ist jedoch klar: Das US-Unternehmen wird den Plan auf unbestimmte Zeit verschieben, wie die F.A.Z. aus Unternehmenskreisen erfuhr. Ob das Unternehmen überhaupt jemals in Ensdorf bauen wird, ist unwahrscheinlicher denn je. Offiziell bestätigen will das amerikanische Unternehmen den Rückzug von dem Projekt Anfang November, wenn Wolfspeed-Chef Gregg Lowe die aktuellen Geschäftszahlen bekannt gibt. Der Grund ist der stockende Hochlauf der Elektromobilität und damit die Tatsache, dass sich der Markt für Siliziumkarbid-Chips, die vor allem in Wechselrichtern von Elektroautos gebraucht werden, nicht so entwickelt, wie von Wolfspeed erwartet. Hinzu kommen finanzielle Schwierigkeiten, weil das Unternehmen technische Probleme in US-Werken hat.

ZF kommentiert die Pläne von Wolfspeed nicht. Auch die saarländische Landesregierung, die von der Entwicklung überrascht wurde, wollte sich nicht äußern.

Im Schatten des gesprengten Kühlturms hatte Lowe im Februar 2023 noch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, Saarlands Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) und ZF-Chef Holger Klein die Ansiedelung gefeiert. Geplant war eine Chipfabrik mit rund 1000 Mitarbeitern, die mit einem Entwicklungszentrum im Großraum Nürnberg kombiniert werden sollte. Im Austausch zwischen Fabrik und den Entwicklern in Bayern sollten nicht nur die Chips selber, sondern auch die Produktionsverfahren optimiert werden, weswegen das gesamte Unterfangen im Rahmen der Projekte von gemeinsamem europäischem Interesse (Important Project of Common European Interest – IPCEI) gefördert werden konnte.

Rund drei Milliarden Euro sollten Fabrik und Entwicklungszentrum kosten, die Förderung sollte 515 Millionen Euro betragen – der Bund wollte 360 Millionen Euro beisteuern, das Land 155 Millionen Euro. ZF selbst hat geplant, 170 Millionen Euro in das Projekt zu stecken. Erste Zweifel an Finanzierung und Projekt kamen aber schon im Frühsommer auf, als Wolfspeed plötzlich mehr Geld verlangte. Zusätzlich zu den zugesagten Subventionen hat der Konzern Hilfen aus dem „European Chips Act“ beantragt. Das Programm, mit dem die EU die Produktion der als wichtige Zukunftstechnologie eingestuften Halbleiter hochfahren will, war allerdings noch gar nicht verabschiedet, als Wolfspeed das Projekt Anfang 2023 vorgestellt hat. „Ohne Gesamtpaket kein Spatenstich“, hieß es schon damals aus dem Umfeld des Unternehmens.

Das Unternehmen Wolfspeed steht unter Druck. Im internationalen Vergleich ist das Unternehmen ein kleiner Spieler. Während große Chipkonzerne immer wertvoller werden, ist der Wolfspeed-Aktienkurs seit der Ankündigung des Ensdorf-Projektes auf weniger als ein Viertel des Wertes abgestürzt – ein Zeichen, dass Investoren zweifeln, ob und wann das defizitäre Unternehmen Geld verdient. Die neuartige Technologie und der Aufbau der Produktion verschlingen Milliarden. Zudem gilt der avisierte Umstieg der Produktion auf 200-Millimeter-Siliziumkarbid-Wafer als technologisch anspruchsvoll. Es sei sinnvoll, die Massenfertigung auszureifen, bevor man in Ensdorf den nächsten Schritt mache.