Wirtschaftsweise: Zehn Euro Kinderstartgeld im Monat
Der Sachverständigenrat Wirtschaft schlägt ein Kinderstartgeld vor, um die Finanzkompetenz der deutschen Bevölkerung zu stärken und um eine Aktienkultur zu etablieren. Dazu soll die Bundesregierung an jedes Kind von sechs bis 17 Jahren monatlich zehn Euro auszahlen, die in einem Aktienfonds angelegt werden.
Die Ökonomen erwarten, dass mit solch einem Programm praktische Erfahrungen an den Kapitalmärkten gefördert würden. Das Kinderstartgeld könne die geplante nationale Finanzbildungsstrategie der Bundesregierung sinnvoll ergänzen, heißt es. Auf längere Sicht würde das Programm nach den Berechnungen etwa 1,5 Milliarden Euro im Jahr kosten.
Dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung gehören die Ökonomen Veronika Grimm, Ulrike Malmendier, Monika Schnitzer, Achim Truger und Martin Werding an. Sie werben schon seit Längerem dafür, dass die Finanzmärkte in Deutschland durch eine stärkere Beteiligung der Bevölkerung gestärkt werden. Das könnte nicht nur dem Wachstum aufhelfen, sondern auch die persönliche Altersvorsorge der Menschen stärken.
Ab 14 Jahren könnten Kinder eigene Anlagen auswählen
Nach dem jetzt im Detail präzisierten Vorschlag würden zunächst die Eltern darüber entscheiden, in welche staatlich vorausgewählten Fonds sie die staatliche Förderung der Kinder investierten. Vom 15. Lebensjahr an hätten die Kinder das Entscheidungsrecht über die Anlageform. Frühestens mit dem 18. Lebensjahr könnte das Kind sich das Geld auszahlen lassen. Im Idealfall, so die Vorstellung des Sachverständigenrats, würden die Kinder über das 18. Lebensjahr hinaus in den Aktienfonds weiter anlegen und eine private Altersvorsorge aufbauen.
Mit zehn Euro je Monat vom sechsten bis zum 18. Geburtstag zahlte der Staat an jedes Kind 1440 Euro aus. Die Zahlung von zehn Euro im Monat würde nach dem Vorschlag indes mit der Inflation steigen, um den realen Wert zu erhalten. Der Sachverständigenrat schlägt vor, die Zahlung schrittweise für Kinder einzuführen, die das sechste Lebensjahr erreichen. Im ersten Jahr würden rund 760.000 Kinder das Geld erhalten, danach schrittweise mehr. Die Kosten des Programms stiegen so von 91 Millionen Euro im Jahr auf etwa 1,5 Milliarden Euro im Jahr 2037.
Unter Ökonomen stößt der Vorschlag der „Wirtschaftsweisen“ auf Kritik. Die Idee, das Finanzmarktengagement der Deutschen zu fördern, sei allgemein formuliert richtig, erklärte Michael Hüther, der Direktor des arbeitgebernahen Instituts der deutschen Wirtschaft. „Doch dafür 1,5 Milliarden Euro mit individueller Subvention aufzuwenden scheint mir ordnungspolitisch fragwürdig und fiskalisch nicht zu verantworten“, sagte Hüther. „In der gleichen Logik könnte man Kaufprämien für E-Autos fordern, damit die Leute sich damit anfreunden.“ Der bessere und effektivere Weg sei die finanzielle Bildung.
Israel hat eine solche Förderung eingeführt
Beispiele für eine staatliche Förderung von Finanzanlagen für Kinder gibt es in Israel und in angelsächsischen Ländern wie dem Vereinigten Königreich oder den Vereinigten Staaten. Der Sachverständigenrat orientiert sich mit seinem Vorschlag an Israel. Dort zahlt die Regierung seit 2017 für jedes Kind bis zum 18. Geburtstag monatlich 57 Schekel (14 Euro) in einen persönlichen Sparplan ein. Die Eltern der Kinder entscheiden, ob das Geld durch eine Bank oder einen Fondsanbieter verwaltet wird. Sie können zwischen Anlageoptionen mit unterschiedlichen Risiken Renditen wählen.
Der Vorschlag des Sachverständigenrats ähnelt der Idee eines staatlichen Startkapitals von 10.000 Euro für Kinder, die seit 2023 in der CDU kursiert. Mit diesem Startkapital sollen die Eltern neugeborener Kinder bis zum 18. Lebensjahr ein kleines Anlagevermögen ansammeln, das zweckgebunden für Bildung, Wohneigentum oder die Altersvorsorge eingesetzt werden könne.
So hieß es im Entwurf des Grundsatzprogramms der CDU. Nach einer heftigen Diskussion auf dem Parteitag im Mai wurde der Vorschlag auf Antrag der marktwirtschaftlich orientierten Mittelstandsunion aus dem Programm gestrichen. Kritisiert wurde, dass er zu teuer sei und eher zu einer linken Partei passen würde. Die Union arbeitet weiter an Vorschlägen für die Vermögensbildung in Arbeitnehmerhand.