Wirtschaftsordnung: „Tunnelblick“ auf die Soziale Marktwirtschaft
So viel Markt wie möglich, so viel Staat wie nötig – dieser Grundgedanke der Sozialen Marktwirtschaft ist in den Köpfen der Deutschen offenbar nicht sonderlich gut verankert. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des neuen Ifo-Ludwig-Erhard-Zentrums für Soziale Marktwirtschaft in Fürth hervor.
Anstatt die marktwirtschaftlich-freiheitliche Säule des Konzepts als Voraussetzung für sozialen Ausgleich durch den Staat zu sehen, betrachtet die Mehrheit der Deutschen beide Bestandteile demnach isoliert – mit Schlagseite auf das Soziale.
„Während 49 Prozent der Befragten bei dem Begriff an Fairness, Verteilung und soziale Absicherung denken, assoziieren 34 Prozent marktwirtschaftliche Prozesse“, heißt es in der Studie. Nur knapp ein Viertel der Befragten verbinde mit der Sozialen Marktwirtschaft sowohl soziale als auch wirtschaftliche Aspekte.
Die Autoren halten diesen Blick auf das Konzept, das insgesamt hohes Ansehen genieße, für problematisch. Denn je nachdem mit welchen Begriffen die Bürger ihre Wirtschaftsordnung verknüpfen, könnten deren Erwartungen durch politische Maßnahmen erfüllt oder aber verfehlt werden. „Werden diese Erwartungen durch die Politik systematisch nicht erfüllt, da zum Beispiel Politikerinnen und Politiker eine andere Assoziation mit der Ordnung der Sozialen Marktwirtschaft haben, sinkt die öffentliche Zustimmung zum System als Ganzes“, schreiben die Autoren.
Die Leiterin des Ifo-Zentrum, Sarah Necker, sagt: „Dieser Tunnelblick auf die Soziale Marktwirtschaft kann viele politische Entscheidungen erklären, die einen stärkeren Sozialstaat anstreben und dabei die Effekte auf die Wirtschaft außer Acht lassen, wie zum Beispiel die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro.“
Auffällig ist in der Umfrage, die im Spätsommer erhoben wurde, dass ältere Befragte die originäre Idee der Sozialen Marktwirtschaft in stärkerem Maße verinnerlicht haben, sie assoziieren häufiger beide Aspekte mit dem Konzept.