Wirtschaftsgipfel: Eine wirtschaftspolitische Agenda zum Besten von die Bundesregierung
Die beiden Industriegipfel der Bundesregierung in dieser Woche sind gute Initiativen, um das stark angeschlagene Vertrauen wieder zu stärken. Die deutsche Wirtschaft war in den letzten 80 Jahren immer dann erfolgreich, wenn Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und Politik vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Dieses Vertrauen ist verloren gegangen, auch weil der Bundesregierung der Mut fehlt und sie nicht mit einer Stimme spricht. Zudem werden viele Entscheider in den Unternehmen ihrer Verantwortung nicht gerecht.
Die Bundesregierung braucht mehr Entschlossenheit für eine wirtschaftspolitische Kehrtwende. Dazu gehört ein großes Investitionsprogramm in Infrastruktur, Innovation, Bildung und Klimaschutz. Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger benötigen eine starke und glaubwürdige Entlastung, sodass Investitionen und Konsum die Wirtschaft wiederbeleben und die Transformation gelingt.
Der Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck eines Deutschlandfonds und einer zehnprozentigen Entlastung der Investitionen aller Unternehmen ist ein guter erster Schritt, der nun von der gesamten Bundesregierung finalisiert und zügig umgesetzt werden sollte. Denn der Vorteil von steuerlichen Entlastungen ist, dass sie sehr schnell umgesetzt werden und wirken können. Bürgerinnen und Unternehmen werden dieses Geld nutzen für Konsum und Investitionen, was nicht nur den Teufelskreis des Pessimismus und der schrumpfenden Investitionen durchbrechen könnte, sondern wieder eine positive, wirtschaftliche Dynamik entstehen lassen kann.
Im Mittelpunkt des Konflikts steht dabei die Schuldenbremse. Denn der Dreiklang an Versprechen der letzten vier Bundesregierungen – keine Steuererhöhung, Einhaltung der Schuldenbremse und höhere öffentliche Investitionen – ist logisch inkonsistent, vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
Schluss mit Subventionen für einzelne Branchen oder Unternehmen
Die Bundesregierung sollte einen Kurswechsel in ihrer Industriepolitik vollziehen und ihre Klientelpolitik beenden. Dazu gehört, nicht einzelne Unternehmen oder Branchen mit Subventionen zu stützen und sich in deren Entscheidungen einzumischen und damit existierende Strukturen zu zementieren. Alle Unternehmen, gerade auch kleine und mittelständische, brauchen bessere Rahmenbedingungen und einen fairen Wettbewerb. Den Preis für Subventionen und eine bevorzugte Behandlung einiger weniger zahlen letztlich alle anderen Unternehmen in der Form von höheren Preisen, weniger fairen Wettbewerb und schlechteren Rahmenbedingungen.
Außerdem muss sich die Bundesregierung stärker für offene Märkte und ein starkes Europa einsetzen. Das Wirtschaftsmodell Deutschlands beruht auf Offenheit und Exporten. Kaum eine Volkswirtschaft hat in vergangenen 75 Jahren so stark von ihren Ausfuhren, internationalem Wettbewerb und der Globalisierung profitiert. Die Offenheit globaler Märkte ist mehr als gefährdet, eine erneute Präsidentschaft Donald Trumps würde große Rückschritte bedeuten. Anstelle nationaler Alleingänge muss die Bundesregierung viel stärker darauf hinwirken, dass Europa mit einer Stimme spricht, dass der Binnenmarkt vollendet wird, und dass Europa viel stärker bei Energie, Digitalisierung und Verteidigung gemeinsame Sache macht, statt nur zu kooperieren.
Die Bundesregierung kann nicht alle Versäumnisse der letzten 25 Jahre schnell kompensieren
Bürger und Unternehmen brauchen auch realistische Erwartungen. Überbordende Bürokratie und Regulierung sind nicht in den letzten drei, sondern 30 Jahren entstanden. Auch der Verfall der Infrastruktur findet seit 25 Jahren statt, das
Bildungssystem fiel im internationalen Vergleich im selben Zeitraum
nachweisbar zurück. Die Bundesregierung kann schwerlich alle Versäumnisse der letzten 25 Jahre in kurzer Zeit kompensieren. Sie hat vor zwei Jahren durch ihr entschiedenes Handeln in der Energiekrise eine tiefe Rezession verhindern können und mehr Reformen beim Abbau der Bürokratie umgesetzt als die drei vorherigen Bundesregierungen zusammen. Vertrauen schaffen erfordert eine ehrliche Einschätzung der Misserfolge, aber eben auch der Erfolge.
Zudem wird die Politik die Wende in Wirtschaft und Gesellschaft nicht allein bewältigen können. Vor allem die Unternehmen und Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft müssen mehr Verantwortung übernehmen. Es ist kontraproduktiv, lediglich die Schuld bei anderen zu suchen und eigene Fehler und Versäumnisse nicht zu adressieren. Das wird bei kaum einem Fall so offensichtlich wie bei Volkswagen – ein nationaler Champion, der sich sicherlich nicht über eine fehlende Unterstützung des Staates beklagen kann.
Wir brauchen dringend eine neue und positive Erzählung über unser Land und über die Zukunft. Das gegenwärtige Jammern und die Schwarzmalerei führen genau in die Krise, die wir verhindern wollen. Es mag gute Gründe für Pessimismus geben, aber es gibt bessere Gründe für Optimismus. Deutschland genießt heute nicht durch Zufall und Glück einen hohen Wohlstand. Wir sollten uns auf die Stärken konzentrieren, die uns immer wieder in die Lage versetzt haben, große Krisen und Herausforderungen zu meistern.
Die beiden Industriegipfel der Bundesregierung in dieser Woche sind gute Initiativen, um das stark angeschlagene Vertrauen wieder zu stärken. Die deutsche Wirtschaft war in den letzten 80 Jahren immer dann erfolgreich, wenn Arbeitgeber, Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen und Politik vertrauensvoll zusammengearbeitet haben. Dieses Vertrauen ist verloren gegangen, auch weil der Bundesregierung der Mut fehlt und sie nicht mit einer Stimme spricht. Zudem werden viele Entscheider in den Unternehmen ihrer Verantwortung nicht gerecht.