Wie Dänemark zum weltgrößten Weihnachtsbaum-Exporteur wurde
Alle Jahre wieder exportiert unser nordischer Nachbar über neun Millionen Weihnachtsbäume in die ganze Welt. Wie kommt es, dass ein Land mit nur rund sechs Millionen Einwohnern so groß im Weihnachtsbaum-Geschäft ist?
Der Geruch nach Sägespänen und frischen Tannennadeln liegt in der Luft. Im Hintergrund hört man die aufgeregten Stimmen von Kindern und ihren Eltern. Für viele kommt Weihnachtsstimmung spätestens dann auf, wenn sie mit der Familie zusammen den Weihnachtsbaum aussuchen. Dabei haben viele der Bäume, die in Deutschland zum Verkauf stehen, schon eine Reise hinter sich: Sie sind mit dem Lkw aus Dänemark gekommen.
„Nach Deutschland ist Dänemark der größte Produzent in Europa“, sagt Claus Jerram Christensen vom dänischen Weihnachtsbaumverband. „Aber weil wir nur so wenige Einwohner haben und selbst nicht so viele Bäume brauchen, sind wir der größte Exporteur weltweit. Sogar größer als die USA.“
Rund neun Millionen Bäume reisen jedes Jahr vom kleinen Dänemark aus in die Welt. Die Hälfte davon geht nach Deutschland – das Nachbarland ist für die Produzenten der wichtigste Markt. Das liege an dem kurzen Transportweg und den langen Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern, sagt Jerram Christensen. Aber auch quer durch Europa werden die Bäume verschickt und sogar noch weiter.
Manche Bäume haben das Ziel Dubai
„Wir exportieren auch nach Dubai, Vietnam oder Hong Kong. Natürlich kleinere Mengen, aber das zählt auch“, so Christensen. „Wenn die Bäume weiter weg gehen, verschicken wir sie meistens mit dem Schiff. Wobei, nach Dubai sind auch schon mal Bäume geflogen worden. Aus der Region werden viele Waren nach Dänemark importiert und auf dem Rückweg sind die Flugzeuge normalerweise noch nicht so voll. Dann können sie auch unsere Weihnachtsbäume mitnehmen.“
Auf 20.000 Hektar Fläche werden in Dänemark Weihnachtsbäume angebaut. 2024 hat das einen Umsatz von umgerechnet etwa 160 Millionen Euro eingebracht. Der Erfolgsfaktor heißt Nordmann-Tanne. Die hat in den 1980er-Jahren die Blaufichte als beliebtesten Weihnachtsbaum in Europa abgelöst. Die Dänen haben als Erste ihr Potenzial erkannt.
Woher die Nordmann-Tanne eigentlich kommt
Dabei wachsen die Tannen ursprünglich gar nicht in Dänemark, wie Jerram Christensen erklärt: „Bei uns gibt es nicht so viele heimische Arten. Deshalb haben wir die Tradition, dass Förster in andere Länder reisen, um nach Baumarten zu suchen, die wir für die Holzwirtschaft nutzen können. Und irgendwann kamen sie mit der Nordmann-Tanne aus Georgien zurück. Eigentlich sollte daraus Bauholz gemacht werden, aber irgendein weitsichtiger Förster hat gesagt: Das wäre doch ein schöner Weihnachtsbaum.“
Und das sah nicht nur er so. Die dunkelgrünen, weichen Nadeln und die vollen, stabilen Äste haben die Nordmann-Tanne auch anderswo in Europa schnell zum neuen Platzhirsch gemacht. Für rund 80 Prozent der Deutschen ist sie mittlerweile der klare Favorit. Und weil die Dänen ihr Wissen über Anbau und Vermarktung von Generation zu Generation weitergeben, sind sie bis heute eines der wichtigsten Anbauländer.
„Am Ende sind sie alle schön“
Svend Kristiansen arbeitet für einen der größten Produzenten in Dänemark und verkauft auch selbst Bäume. Für ihn ist es ein besonderer Beruf – in jedem Baum stecken Herzblut und viel Zeit. Denn ein durchschnittlicher Weihnachtsbaum braucht knapp zehn Jahre, bis er groß genug für den Verkauf ist. Ein Plastikbaum käme für Svend Kristiansen trotzdem nie in Frage. „Ich würde ein schlechtes Gewissen haben. Wir sind verpflichtet, die Traditionen rund um Weihnachten an unsere Kinder und Enkelkinder weiterzugeben. Und da gehört auch ein echter Weihnachtsbaum dazu.“
Kristiansens Unternehmen exportiert in siebzehn verschiedene Länder, darunter Deutschland, England und die Niederlande. Für ihn ist es ein schönes Gefühl, so vielen Menschen in Europa zur Weihnachtszeit eine Freude machen zu können, sagt er. Aber ein besonders schönes Erlebnis sei es, selbst mit den Kunden rauszugehen und den perfekten Baum auszusuchen. „Ein guter Weihnachtsbaum ist für jede Familie anders. Da spielen Gefühle eine große Rolle. Manchmal ist es lustig, zu sehen, worauf manche beim Kauf achten. Aber am Ende, wenn die Bäume geschmückt sind, sind sie alle schön.“
Seinen eigenen Weihnachtsbaum sucht sich Kristiansen aus den Resten aus, die übrig bleiben, wenn kurz vor Weihnachten das Meiste verkauft ist. Die Auswahl ist dann zwar nicht mehr groß. Aber bisher habe er immer noch einen passenden Baum gefunden, sagt der Däne.
Source: tagesschau.de