Welthafenkongress: Zu Gunsten von drei Tage ist Hamburg die Hauptstadt dieser Hafenwirtschaft – WELT
Die World Ports Conference sucht Antworten auf die großen Herausforderungen wie mehr Klimaschutz, den Einsatz künstlicher Intelligenz an den Kaikanten oder einen besseren Schutz vor Cyberattacken. Doch vor allem der regionale Wettbewerb zwischen den Häfen bleibt hart.
Protektionismus, wirtschaftlicher Abschottung und Kriegen zum Trotz – leistungsfähige Seehäfen und die internationale Schifffahrt bleiben für die Zukunft der Weltwirtschaft unverzichtbar. Von Dienstag bis Donnerstag beschäftigt sich im Congress Center Hamburg (CCH) mit etwa 1000 Teilnehmern die diesjährige World Ports Conference mit der Weiterentwicklung der Häfen. Digitalisierung, Automatisierung, Vernetzung, Klimaschutz und die stark zunehmenden Anforderungen an die Cybersicherheit sind dabei nur einige der wichtigsten Themen.
Jens Meier, Geschäftsführer der Hamburg Port Authority (HPA), ist als Präsident des Welthafenverbands IAPH Gastgeber der diesjährigen Konferenz. „Wenn wir die globalen Ziele zur Dekarbonisierung erreichen wollen, müssen wir den Wettbewerb zwischen den Standorten ausblenden“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Es sei sein Ziel, gemeinsame Standards zu entwickeln. Auch sollen Projekte in Ländern angestoßen werden, die sich bislang nicht mit der Dekarbonisierung auseinandergesetzt hätten. Details dazu nannte er nicht.
Die IAPH (International Association of Ports and Harbors) hat ihren Sitz in der japanischen Hauptstadt Tokio. Dem 1955 gegründeten Verband gehören 185 Häfen sowie 150 Unternehmen an, deren Geschäft mit Häfen zusammenhängt. Die Welthafenkonferenz war bereits 1985 und 2015 in Hamburg veranstaltet worden. Zu den diesjährigen Rednerinnen und Rednern zählen unter anderem Hamburgs Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD), der Chef der internationalen Schifffahrtsorganisation IMO, Arsenio Dominguez, und der Vorstandsvorsitzende der weltgrößten Reederei MSC, Søren Toft. Auch HHLA-Chefin Angela Titzrath und der Hamburger Reeder Nikolaus H. Schües (Präsident des internationalen Reederverbandes Bimco) sprechen zu den Teilnehmern.
Harter Konkurrenzkampf zwischen den Häfen
Ein Selbstläufer ist eine engere Kooperation von Hafenstädten keineswegs, wenngleich die drängenden Themen wie der Klimaschutz dies nahelegen und obwohl viele Manager wie auch Rotterdams Hafenchef Boudewijn Siemons regelmäßig betonen, dass mehr Zusammenarbeit nötig sei – zum Beispiel bei der Rolle der Häfen als Drehscheibe für erneuerbare Energien.
Tatsächlich herrscht ein harter Konkurrenzkampf zwischen den Häfen. Deutschlands größter Seehafen Hamburg etwa hat in den vergangenen Jahren bei den Containerverkehren an Nord- und Ostsee erhebliche Marktanteile speziell an Antwerpen und Rotterdam, aber auch an das polnische Gdansk (Danzig) verloren. Auch beim Aufbau einer Infrastruktur etwa für „grünen“, regenerativ erzeugten Wasserstoff und dessen Derivate herrscht Wettbewerb. Hier sind nicht nur die großen Häfen wie Rotterdam, Antwerpen oder Hamburg aktiv, auch kleine Hafenstandorte wie Stade und Brunsbüttel versuchen, ihre Chancen für die künftige Energieversorgung zu nutzen.
Die zunehmende Zahl besonders großer Containerschiffe mit mehr als 20.000 Containereinheiten (TEU) Kapazität auf den Routen zwischen Europa und Fernost verschärft den Konkurrenzdruck zusätzlich. Die führenden Linienreedereien setzen in den vergangenen Jahren immer größere Frachter ein, weil dies – bei hoher Auslastung der Schiffe – den Energieverbrauch und die Kosten je transportierter Box senkt. Ein immer effizienterer Transport ist eine wichtige Voraussetzung dafür, die Schiffe künftig auf kostspielige, klimaneutrale synthetische Kraftstoffe umstellen zu können. Die internationale Schifffahrt soll, so der Beschluss der IMO-Mitgliedstaaten von 2023, bis zum Jahr 2050 „klimaneutral“ sein.
Größere Schiffe zwingen die Häfen und die Terminalbetreiber allerdings auch zu immer neuen Investitionen in stabilere Kaikanten, größere Containerbrücken und komplexere IT-Systeme. Der hochautomatisierte HHLA-Containerterminal Altenwerder war bei seiner Einweihung im Jahr 2002 der modernste Containerterminal der Welt. Da die größten Containerschiffe heutzutage aber nicht mehr unter der Köhlbrandbrücke hindurchfahren können, ist der Terminal Altenwerder speziell für die Fernostverkehre quasi abgeschnitten. Hamburgs größten Terminal Burchardkai modernisiert die HHLA derzeit nach dem Vorbild von Altenwerder – geplant wurde dies bereits seit 2004. Mehr Automatisierung verursacht allerdings immer wieder Konflikte zwischen dem Unternehmen und den Vertretern der Arbeitnehmer.
Und die Containerfrachter könnten in Zukunft durchaus noch größer werden. Die größten dieser Schiffe haben heutzutage um 24.000 TEU Kapazität, sie sind etwa 400 Meter lang und 61 Meter breit. „Die Diskussion um die optimale Schiffsgröße wird in der Schifffahrtsbranche seit Jahren geführt“, sagte Silke Lehmköster, Chefin der 287 Schiffe umfassenden Flotte von Hapag-Lloyd, im September der WELT. „Ob Schiffe mit 25.000 oder sogar 30.000 TEU in naher Zukunft gebaut werden, hängt von mehreren Faktoren ab, darunter die Nachfrage nach Transportkapazität, die Entwicklung der globalen Handelsrouten und die Anpassungsfähigkeit der Häfen. Momentan konzentriert sich die Branche darauf, die vorhandenen Kapazitäten optimal zu nutzen und die Nachhaltigkeit zu verbessern.“
Source: welt.de