Wasser | „On Water“ im Humboldt Forum: Berliner Feuchtgebiete
Die Ausstellung „On Water“ im Berliner Humboldt Forum widmet sich dem fließenden Wissen der Gegenwart – etwa mit Gesprächen in der Badewanne
Oft interessieren wir uns erst dann für Wasser, wenn zu viel oder zu wenig davon da ist. Wie etwa bei einer Flut oder einem Wassermangel
Foto: Lobzang Dadul, Courtesy of Sonam Wangchuk
Wasser, das ist ein Ausstellungsthema, so greifbar wie eine Kompassqualle, die ihrerseits zu 99 Prozent aus Wasser besteht. Von dieser Fluidität sollte man sich aber nicht abschrecken lassen. Sie ist eine Stärke der Ausstellung On Water. WasserWissen in Berlin im Humboldt Forum, die mit den verschiedensten Zugängen arbeitet – darunter Biologie, Kunst, Psychiatrie und Jura.
Verantwortet wird sie von der Berlin University Alliance, einem Exzellenzverbund mehrerer Berliner Universitäten. Deshalb ist die Hauptstadt auch ein wichtiger Dreh- und Angelpunkt der Ausstellung, aber sie ist nicht der einzige. Besucherinnen und Besucher durchqueren acht thematische Zonen, von der heimischen Badewanne über die Lausitz bis zum Mars. Und haben Sie schon einmal von Pfützenforschung gehört?
Es ist nicht das erste Mal, dass das Wasser einen Raum in der Berliner Museumslandschaft bekommt. 1906 öffnete das Museum für Meereskunde erstmals seine Türen. Neben Wissen über Meeresbiologie und Schifffahrt sollte es auch Begeisterung für die deutsche Kriegsflotte und die Kolonien vermitteln. Ein ausgestopfter Pinguin hat die Zerstörung des Museums im Jahr 1945 überdauert und ist heute erneut zu sehen.
Die neue Wasser-Ausstellung ist freilich kein Propagandainstrument, sie hat auch nicht die apodiktische Wahrheit für sich gepachtet. Die Kuratorin Anna-Lisa Dieter beschreibt sie vielmehr als „sinnliche Erfahrung“ von Wasserwissen aus unterschiedlichen Kontexten. Beteiligt waren neben 50 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern auch sechs Künstlerinnen und Künstler. So kann man dem „Flüstern der Wissenschaft“ zuhören, denn es gibt viel auf die Ohren: wissenschaftliche Gespräche etwa, oder den Sound von Wasser, das durch Pflanzen rinnt.
Rechte für die Spree
Und dann ist da noch die Künstlerin Angela Alves, die mit Frauen über Feminismus und Ableismus gesprochen hat – natürlich in der Badewanne. Weniger entspannt und emanzipatorisch sind die tage- und wochenlangen „Dauerbäder“, die um 1900 in Psychiatrien verordnet wurden. Die Historikerin Monika Ankele hat zu Zeichnungen von Patientinnen und Patienten geforscht, die von dieser grausamen Methode zeugen.
Oft interessieren wir uns dann für Wasser, wenn zu viel oder zu wenig davon da ist. Fluten und Wassermangel sind daher zentrale Themen der Schau. Und so widmet sich eine Station mehreren technologischen und künstlerischen Vorrichtungen, die aus Nebel oder Luftfeuchtigkeit „Wasser ernten“ können. An anderer Stelle wird gezeigt, wie grüne Gullys in Berlin dafür sorgen können, dass Regenwasser besser versickert. Manche Exponate mögen kurios anmuten, etwa das Miniaturmodell eines Sonnenschirms für einen Gletscher bei Andermatt. Aber angesichts von Klimakrise und weltweiten Wasserverteilungsproblemen sind auch ungewöhnliche Ideen gefragt.
Ein interessanter Ansatz ist eine Gesetzesinitiative des Rechtswissenschaftlers Bertram Lomfeld, die der Spree Rechte zuerkennen will. Das Ziel sei es, den Fluss als „ökologische Person“ anzuerkennen, mit Recht auf Existenz, Schutz und Erhaltung. Was utopisch klingt, ist anderswo bereits Realität: Das Mar Menor in Spanien hat seit diesem Jahr als erstes Ökosystem Europas einen Personenstatus.
On Water. WasserWissen in Berlin Humboldt Forum, Dauerausstellung, dienstags geschlossen, Eintritt frei