Was hinterm rätselhaften „Totalverlust“ des Intelsat-Satelliten steckt
Ein wichtiger Kommunikationssatellit zerbricht im All in Einzelteile. Nach den Ursachen wird gesucht, das Unternehmen hält sich bedeckt. Ein Experte für Weltraumsicherheit nennt Gründe für den Unfall. Und er verweist auf ein Müll-Problem im All.
Das plötzliche Verschwinden eines wichtigen Satelliten des US-Betreibers Intelsat im Weltall sorgt für Rätselraten. Dabei geht es vor allem um die Frage, warum der Anfang 2017 in Betrieb genommene Kommunikationssatellit in gut 30.000 Kilometern Höhe ausgefallen ist. Das Unternehmen teilte mit, man habe eine „umfassende Analyse“ gestartet, um die Ursache zu ermitteln.
„Es gibt mehrere Gründe, warum ein Satellit ausfallen kann“, sagte der Leiter für Weltraumsicherheit bei der Europäischen Raumfahrtagentur Esa, Holger Krag. In diesem Fall gebe es Hinweise darauf, dass der Satellit Intelsat 33e (IS-33e) auseinandergebrochen sei. Dies könne möglicherweise durch eine interne Erhitzung von Treibstoff oder der Batterie geschehen sein. Auch ein Einschlag von Mikropartikeln, etwa von Weltraumschrott, sei nicht auszuschließen.
Möglich sei ebenfalls, dass sich der Satellit durch erhöhte Sonneneinstrahlung aufgeladen habe. Dies sei aber im Nachhinein schwer festzustellen, sagte Krag. Laut Beobachtungsprogramm der U.S. Space Forces war der Satellit in rund 20 Teile zerbrochen. Andere Quellen sprachen von mindestens 40 Teilen.
Intelsat hatte am Montag den „Totalverlust“ von IS-33e gemeldet. Kurz zuvor sprach das Unternehmen mit Sitz in Luxemburg von einer „Anomalie“, die bei dem Satelliten zum Stromverlust und Serviceausfall für Kunden in Europa, Afrika und Teilen des asiatisch-pazifischen Raums geführt habe.
Probleme mit Antriebssystem
IS-33e wurde laut Intelsat von Boeing Space Systems entwickelt und hergestellt. Er wurde im August 2016 gestartet und im Januar 2017 in Betrieb genommen. Nach dem Start hatte es Probleme mit dem Antriebssystem gegeben, die zu einer Verringerung der erwarteten Lebensdauer des Satelliten geführt hatten.
IS-33e gehört zu einer neuen Generation von sehr leistungsstarken Satelliten, die in der Lage sind, sowohl gezielt kleine Gebiete der Erde als auch große Teile rund um den Globus gleichzeitig abzudecken. Geostationäre Satelliten übertragen Sprache, Internet und Fernsehen an kommerzielle Kunden, aber auch an Regierungen und Nichtregierungsorganisationen.
Bemerkenswert ist, dass Intelsat bereits 2019 einen ähnlichen Satelliten im All verloren hat, ebenfalls von Boeing hergestellt. Der damalige Verlust wurde nicht restlos aufgeklärt. Es gab Vermutungen über den Einschlag eines kleinen Meteroiten.
Die Trümmerwolke aus dem soeben geplatzten Satelliten wird von den Betreibern von militärischen und kommerziellen Satelliten im geostationären Orbit genau verfolgt. So kreist beispielsweise der Bundeswehr Kommunikationssatellit COMSATBw 1 in einigen Tausend Kilometer Abstand zum jetzt zerbrochenen Satellit ebenfalls im geostationären Orbit. „Endgültig können wir noch nicht sagen, ob Trümmer unseren Satelliten gefährden können, das wird das weitere Vermessen ergeben. Im Moment ist es kein Risiko und wenn überhaupt, dann ist das Risiko beherrschbar“, sagt der Kommandeur des Bundeswehr-Weltraumkommandos, Generalmajor Michael Traut, am Mittwoch am Rande eines Weltraumkongresses in München WELT.
Intelsat hatte nach Ende 2010 seinen Firmensitz nach Luxemburg verlegt. Die operative Hauptzentrale ist aber in McLean im US-Bundesstaat Virgina. Ende April 2024 hatte der luxemburgische Satellitenbetreiber SES angekündigt, Intelsat für 3,1 Milliarden US-Dollar vorbehaltlich der behördlichen Genehmigungen zu übernehmen. Ein Abschluss wird in der zweiten Jahreshälfte 2025 erwartet.
dpa/geheg
Source: welt.de