Vor Autogipfel: Förderpakete und Entlastung für Kohlenstoffdioxid-Regeln

Bei dem Treffen mit Spitzen der Hersteller, Zulieferindustrie sowie Branchenvertretern geht es auch um Maßnahmen, um den schleppenden Elektroauto-Absatz anzukurbeln. Habeck (Grüne) hatte zuletzt weitere Fördermaßnahmen in Aussicht gestellt.

Die SPD setzt auf Sofortmaßnahmen, unter anderem auf eine neue „Abwrackprämie 2.0“. Wer seinen Verbrenner „abwrackt“ und ein neues E-Auto kauft, soll einen Bonus von 6000 Euro bekommen, heißt es in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Papier der SPD-Wirtschaftspolitiker. Für den Kauf eines gebrauchten E-Autos soll es dann 3000 Euro geben. Zuvor hat das Magazin „stern“ darüber berichtet.

Debatte über Abwrackprämie

SPD-Generalsekretär Kevin Kühnert verteidigt die Pläne seiner Partei für eine erneute Abwrackprämie für Autos auch gegen die Kritik des Koalitionspartners FDP. „Das ist ein Vorschlag, den wir jetzt in die Debatte mit einbringen“, sagte Kühnert am Sonntagabend in der ARD. In der SPD von Kanzler Olaf Scholz wird eine Abwrackprämie von 6000 Euro diskutiert, die bei einem Wechsel von einem Verbrenner zu einem E-Auto gezahlt werden soll. Es gehe darum, ein erfolgversprechendes Geschäftsmodell zu stabilisieren – nämlich das mit Elektroautos. Bis die kleinen, bezahlbaren Wagen von Volkswagen und anderen „auf den Markt kommen, dann kann das ein probates Mittel sein“, sagte Kühnert.

Die FDP reagiert sehr skeptisch darauf. „Es wäre völlig falsch, wenn wieder die Politik festlegt, welche Technologie am Ende des Tages marktfähig sein sollte oder sich durchsetzen sollte“, sagte FDP-Generalsektär Bijan Djir-Sarai. „Deswegen bin ich nicht begeistert von dieser Debatte.“ Die alte, nach der Finanzkrise eingeführte Abwrackprämie habe die Branche nicht gestärkt. Stattdessen habe es Missbrauch und sehr viel Bürokratie gegeben. Man sollte daher eher über die EU-Flottengrenzwerte nachdenken.

Weitere Vorschläge sind ein staatlicher Zuschlag zum E-Auto-Leasing für Menschen mit kleinen oder mittleren Einkommen und eine Förderung für private Ladeboxen, Speicher und für Ladesäulen. Aus Sicht von Branchenexperte Ferdinand Dudenhöffer dürften die Vorschläge schon aus Budgetgründen eine sehr kurze Halbwertszeit haben. In der Wirtschaftskrise 2009 hatte Deutschland schon einmal mit einer Prämie den Austausch von Autos gefördert. 2500 Euro Umweltprämie erhielt, wer sein altes Auto verschrotten ließ und ein neues kaufte. Viele sprachen von „Abwrackprämie“.

Union: Schadstoff-Regeln lockern

„Die damalige Abwrackprämie hat bei der Autonachfrage außer einem kurzen Strohfeuer nichts gebracht“, kritisierte CDU/CSU-Fraktionsvize Ulrich Lange. „Dafür gab es aber Chaos bei der Abwicklung und Missbrauch.“ Angesichts der Festlegung auf E-Autos sprach sich Lange für Technologieoffenheit aus. Außerdem solle es finanzielle Entlastungen und Erleichterungen bei den europäischen Schadstoffgrenzwerten für Autos geben.

In diese Richtung zielt auch der Vorsitzende der Europäischen Volkspartei, Manfred Weber. Er will drohende Strafzahlungen von Autobauern bei den geplanten strengeren Flottenvorgaben beim CO₂-Ausstoß aussetzen. „Wenn zehntausende von Arbeitsplätzen wackeln, dann ist keine Zeit für Bußgeldzahlungen“, sagte er der „Augsburger Allgemeinen“.

Mercedes-Chef Ola Källenius fordert ein Entgegenkommen der Politik. „Wir müssen über die CO₂-Regulierung in Europa reden“, sagte er dem „Handelsblatt“. Zwar stehe Mercedes zum Ziel der Dekarbonisierung der Autoindustrie, doch die Schätzung der EU-Kommission sei zu optimistisch gewesen, wie sich zeige: „Wir können die Kundenwünsche nicht ignorieren.“

Die EU will die „Flottenziele“ für den Ausstoß klimaschädlichen Kohlendioxids (CO₂) verschärfen. Bei zu viel ausgestoßenem CO₂ drohen Herstellern Strafzahlungen.

IG Metall für neues Förderpaket

Die Gewerkschaft IG Metall hält ein neues Förderpaket für Elektromobilität für notwendig. „Das Förderpaket muss dazu beitragen, den Hochlauf der E-Mobilität zu beschleunigen“, sagte ein Gewerkschaftssprecher der Funke Mediengruppe. Die angekündigte Sonderabschreibung der Bundesregierung für gewerblich angeschaffte emissionsfreie Fahrzeuge sei ein sinnvoller erster Schritt. Die Bundesregierung hatte vor knapp einem Jahr die E-Auto-Förderprämie für alle Verbraucher überraschend gestrichen.

Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hält eine neue E-Auto-Prämie für sinnvoll. „Einen spürbaren Nutzen wird sie aber nur dann haben, wenn es gelingt, die potenzielle Käuferschicht zu erweitern“, sagte der IW-Experte Thomas Puls. Der Nutzwert von E-Autos müsse für Menschen erhöht werden, die keine eigene Lademöglichkeit haben.

„Der Autogipfel darf nicht zum Subventionsgipfel werden, sondern muss die grundlegenden Standortbedingungen der deutschen Industrie in den Blick nehmen“, warnte FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler. „Der Versuch, die Probleme einzelner Unternehmen mit Steuergeld zuzuschütten, wäre zum Scheitern verurteilt, denn auf Subventionen lässt sich kein nachhaltig erfolgreiches Geschäftsmodell aufbauen.“ Niedrigere Steuern, weniger Bürokratie und der Fachkräftemangel müssten ganz oben auf der Agenda stehen.

Der niedersächsische Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach sich für ein umfassendes Maßnahmenpaket aus, um die Autokonjunktur in Deutschland anzukurbeln. Lies sagte, die Hersteller hätten nun ihre klaren Aufgaben zu erledigen. „Und wir als Politik haben die Aufgabe, den politischen Rahmen jetzt so neu zu setzen, dass Deutschlands wichtigste Industrie den Weg zurück in die Spur findet.“

Lies forderte ein starkes Anreizprogramm, um auch den privaten Absatz zu fördern. „Wir müssen den Markt stimulieren.“ Es müsse alles auf den Tisch. Er nannte etwa Kaufanreize für private Käufer und vergünstige Leasingmodelle. Geld dafür sei da. Lies verwies auf eigentlich geplante Fördergelder für die Ansiedlung einer Intel-Fabrik in Magdeburg – der Konzern hatte den Bau aber auf Eis gelegt. Seine Erwartung an den „Autogipfel“ sei klar, so Lies: „Wir müssen jetzt aus dem großen Topf möglicher Maßnahmen mit der großen Kelle schöpfen.“

Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) fordert langfristige Maßnahmen: Subventionen für fossilen Verkehr müssten sinken und dauerhaft in Unterstützung für klimafreundliche Mobilität fließen. Auch Hersteller seien gefragt. Dringend nötig seien kleinere und bezahlbarere Autos: „Hier ist einfach nicht genug auf dem Markt.“

DIW-Präsident sieht Hauptverantwortung bei den Herstellern

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, hält Subventionen für einzelne Unternehmen oder für Energie für einen Irrweg. „Diese helfen nur einzelnen Unternehmen und nicht der gesamten Wirtschaft“. Die Hauptverantwortung für die schwierige Lage in der Automobilbranche liege bei den Unternehmen selbst.

Greenpeace fordert, „statt einer ungerechten und ökologisch schädlichen Förderung von Dienstwagen sollte der Wirtschaftsminister eine Prämie für kleine, sparsame E-Autos bis maximal 30.000 Euro auflegen“. Diese solle mit einer Neuzulassungssteuer für schwere Verbrenner gegenfinanziert werden. Sozial und ökologisch orientierte Verbände forderten eine „sozial gestaffelte Kaufprämie“. Aus Sicht des ökologischen Verkehrsclubs VCD sollten die „weitreichenden Steuerprivilegien für Verbrenner“ ab- und umgebaut werden. Außerdem müsse Schluss sein mit der Debatte um E-Fuels und das Aufweichen von CO₂-Vorgaben.