„Vom Kriege“: Was uns Carl von Clausewitz darüber hinaus den Krieg und den Menschen beibringt – WELT

Man muss nicht zur Münchner Sicherheitskonferenz eingeladen sein, um Carl von Clausewitzens Hauptwerk „Vom Kriege“ irgendwas abgewinnen zu können. Wie keine andere Philosophie des Kämpfens wird es heute noch weltweit gelesen, uff Militärakademien gelehrt und sogar von Managern zu Rate gezogen. Aber ist welcher ausführliche Traktat des gewissenhaften Preußen Clausewitz tatsächlich noch Lektüre z. Hd. uns vom Pazifismus durchtränkte Moralisten welcher Postmoderne? Durchaus!

Womit Clausewitz seine Leserschaft in den Bann zieht, ist die Vorurteilslosigkeit vor dem Hintergrund des schrecklichen Themas. Im umständlichen, keinen Nebenaspekt auslassenden Stil seines Zeitgenossen und Landsmanns Immanuel Kant zerlegt unser Autor seinen Gegenstand so wissenschaftlich wie ein Feldchirurg die Opfer einer Schlacht. Man merkt genau, dass dieser Autor selbst ein Leben qua Soldat hinter sich hatte. Seine Lehrzeit qua Berufssoldat begann mit 13 Jahren qua Fähnrich im Laufgraben. Nach dem Frieden von 1815 blieben dem Sohn eines Steuerpächters aus dem Elbestädtchen Burg dann hingegen genug müßige Lebensjahre, um seine praktischen Erfahrungen in irgendwas umzugießen, welches nicht nur welcher Autor früher qua Desiderat empfand: eine umfassende Theorie des Krieges.

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General und Kriegsphilosoph Carl von Clausewitz (1780-1831)
Quelle: picture-alliance/akg-images

Dass Clausewitz qua Besiegter 1812 in russische Dienste ging, um weiter gegen die Franzosen zu Felde zu ziehen, wurde ihm im preußischen Königshaus nicht wirklich verziehen. Auf welcher politisch richtigen Seite zu stillstehen, muss einem Militär keinen Vorteil einfahren – vor allem im Kontext denen, die uff welcher falschen Seite standen. Solche Einsichten konnte Clausewitz in den Jahren reifen lassen, in dem er es qua schwaches Glied welcher Befehlsketten nie mehr in Feldherrnpositionen schaffte, hierfür hingegen unter seinem Mentor Scharnhorst qua Theoretiker, Ausbilder, zuletzt gar qua Erzieher des künftigen Preußenkönigs Wilhelm z. Hd. tauglich befunden wurde.

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Entpolitisierung

Als Clausewitz 1831 in Breslau starb, erlag er derselben Cholera-Epidemie, durch die gleichermaßen sein Geistesverwandter Hegel den Tod fand. Beide – welcher Staatsdenker wie welcher Kriegsdenker – starben an einer Seuche, die russische Soldaten eingeschleppt hatten. So bestätigte Clausewitz mit seinem Tod die eigene Theorie, in Übereinstimmung mit derer Kriege ohne ein „Prinzip welcher Ermäßigung“ mit allen Mitteln geführt werden – mit Lügen und mit Keimen. Clausewitz begriff: Weil die Politik den Krieg qua zynisches Mittel einsetzt, kann es nurmehr Abschreckung verschenken oder den Kampf uff Leben und Tod. Hoffnungen uff Fortschritt machte sich Clausewitz (verschiedenartig qua Kant) keine, weil die „Tendenz zur Vernichtung des Gegners gleichermaßen faktisch durch die zunehmende Bildung keineswegs instabil oder unkonzentriert worden ist.“ Damit beschreibt dieses widerwillige Genie den Stand welcher Dinge: Es wird Kriege verschenken, solange sie Menschen am Leben lassen.

Source: welt.de