Viele Firmen denken über Verlagerung ins Ausland nach
Der Standort Deutschland hat sich nach Ansicht vieler Unternehmen in den vergangenen zwei Jahren negativ entwickelt. Gut ein Viertel erwägt seine Produktion zu verlagern, wie am Mittwoch aus einer Umfrage des Marktforschungsinstituts Kantar Public unter 150 deutschen Firmen hervorgeht. Demnach halten 46 Prozent der Unternehmen den Standort Deutschland für „weniger attraktiv“ und 15 Prozent vergeben das Prädikat „nicht attraktiv“. Die Durchschnittsnote der Betriebe des produzierenden Gewerbes für den Industriestandort liegt demnach bei „drei minus“ (3,3). Die schlechtesten Noten gab es für die Bereiche Energiepreise und -verfügbarkeit (4,0), Regulatorik und Bürokratie (4,0) sowie der Verfügbarkeit von Fachkräften (3,9).
Insgesamt plant eine Mehrheit der Unternehmen, weiter zu wachsen. 55 Prozent wollen weitere Produktionskapazitäten auf- und ausbauen. Aber 26 Prozent erwägen Kapazitäten zu verlagern und 22 Prozent wollen vor allem eine Konsolidierung ihrer Produktionsstandorte angehen. Dies gilt vor allem für größere Firmen mit mehr als 1000 Beschäftigten, wie die Umfrage im Auftrag der Unternehmensberatung FTI-Andersch zeigt.
Welche Länder auf der Liste stehen
Mit Blick auf den Ausbau der Produktion denken fast zwei Drittel der Unternehmen an ausländische Standorte, vor allem an Asien (37 Prozent, davon China 15 Prozent), Osteuropa (36 Prozent), West- und Mitteleuropa (31 Prozent) sowie Nord- und Mittelamerika (27 Prozent, davon USA 16 Prozent). Bei den größeren Unternehmen denkt die Mehrheit an Asien (54 Prozent), jedes zweite (50 Prozent) an Osteuropa und 40 Prozent an Nord-, Mittel- und Südamerika. Firmen, die schon konkret planen, zieht es Richtung Asien (40 Prozent – 15 Prozent China), Ost- oder Westeuropa (35 Prozent) oder Nord-, Mittel- und Südamerika (32 Prozent – 21 Prozent USA). Allerdings wollen 40 Prozent ihre Produktion auch in Deutschland ausweiten.
„Was wir hier sehen, ist eine große Neuordnung von Produktionsstandorten und -netzwerken weltweit“, sagte Christian Säuberlich, Senior Partner und Sprecher des Vorstands von FTI-Andersch. Es sei Ländern wie den USA durch indirekte Subventionen (Inflation Reduction Act) oder China durch gezielte Förderung von Auslandsinvestitionen gelungen, die eigene Attraktivität als Investitionsstandort weiter zu erhöhen. „Für viele deutsche Unternehmen ist es betriebswirtschaftliche Notwendigkeit, künftig noch stärker zu diversifizieren und international zu investieren, wenn sie im globalen Wettbewerb bestehen wollen.“
Jedes zweite befragte Unternehmen hält China für einen attraktiven Standort – jetzt und in den kommenden Jahren. Die Bundesregierung stellte jüngst erstmals eine eigene China-Strategie vor. Diese beurteilt die Volksrepublik deutlich kritischer als früher. Firmen werden aufgefordert, ihre Risiken im China-Geschäft abzubauen. Gleichwohl wird der Wille zur Zusammenarbeit betont.