Verzögerung beim Bau des Kraftwerks Dradenau – Wedel muss länger am Netz bleiben
Der Energiepark Hafen sollte das Kohlekraftwerk Wedel im Frühjahr 2026 ablösen. Doch der Bau der wichtigsten Anlage, des Gas- und Dampfkraftwerks, verzögert sich um ein halbes Jahr. Grund sind Probleme bei Rohrleitungen.
Der Bau des neuen Gas- und Dampfkraftwerks auf der Dradenau im Hamburger Hafen verzögert sich um ein halbes Jahr. Das gaben die Hamburger Energiewerke und Umweltsenatorin Katharina Fegebank (Grüne) am Montag bekannt.
Die Inbetriebnahme des zum Energiepark Hafen gehörenden Kraftwerks, der das Kohlekraftwerk Wedel ablösen soll, ist nun erst für den Herbst 2026 vorgesehen. Ursprünglich war geplant, die Anlage noch in der Heizperiode 2025/26, also schon im kommenden Frühjahr, ans Netz zu bringen.
Die Verzögerung hat direkte Folgen: Das alte Kohlekraftwerk in Wedel muss länger laufen als vorgesehen. Es versorgt zehntausende Hamburger Fernwärmekunden im Westen der Stadt mit Heizwärme und kann erst abgeschaltet werden, wenn der Energiepark Hafen verlässlich alle Haushalte versorgen kann.
Das Kraftwerk Wedel verursacht der Politik seit mehr als einem Jahrzehnt ein Störgefühl. Die Anlage wurde zwischen 1961 und 1965 gebaut und ist damit eines der ältesten Kohlekraftwerke Deutschlands. Ursprünglich sollte sie schon 2013 stillgelegt werden, doch der Ersatz verzögerte sich mehrfach. Nach den zuletzt aktuellen Planungen sollte Wedel im Frühjahr 2026 das letzte Mal Wärme lieger. Das klappt aber jetzt erst später. „Ende 26 lösen wir Wedel ab und es geht dann in die Konservierung“, sagte Kirsten Fust, Geschäftsführerin der Hamburger Energiewerke.
Kleine Rohre, große Probleme
Als Grund für die Verzögerung nannte Fust Probleme bei der Installation von Kleinstrohrleitungen. Diese sind nötig, um die Wasserkreisläufe für die Fernwärme warten und reparieren zu können „Unser Generalunternehmer hat uns mitgeteilt, dass es zu deutlich mehr Schweißarbeiten kommt“, so Fust. Mehrere Tausend Schweißnähte müssten überarbeitet werden. Dafür seien zusätzliche Monteure und ein Mehrschichtbetrieb notwendig.
Die Bauarbeiten am Energiepark Hafen seien insgesamt zu 85 Prozent abgeschlossen, erklärte Fust. Großkomponenten wie der 50 Meter hohe Wärmespeicher mit 50 Millionen Litern Fassungsvermögen, Kessel, Trafos und die Gasturbine seien bereits installiert. Derzeit laufe der Innenausbau.
Die Verzögerung hat auch finanzielle Konsequenzen: „Uns wurden 74 Millionen Euro Mehrkosten angemeldet“, sagte Fust. Ob die Energiewerke diese tragen müssten, oder ob diese auf den Generalunternehmer zurückfallen, wird aktuell geprüft. Unabhängig davon war das Projekt bereits teurer geworden: Die Kosten für die KWK-Anlage Dradenau werden inzwischen mit rund 650 Millionen Euro angegeben – ein Plus von gut acht Prozent gegenüber den ursprünglich kalkulierten 600 Millionen Euro. Als Gründe nennt das Unternehmen gestiegene Material- und Personalkosten infolge von Inflation und Ukraine-Krieg.
Umweltsenatorin Fegebank, die auch dem Aufsichtsrat der Hamburger Energiewerke vorsitzt, sprach von einem „hochkomplexen Projekt“, bei dem verschiedene Wärmequellen zusammengeführt werden. „Es hat auch noch kein Beispiel für den Energiepark Hafen gegeben, wo man sich hätte was abgucken können“, sagte sie. „Deshalb haben wir es uns natürlich nicht gewünscht, aber bei Projekten dieser Größe ist immer damit zu rechnen, dass man früher oder später auch auf Herausforderungen trifft.“
Politisch hält der Senat am Ziel fest, bis 2030 aus der Kohle auszusteigen. „Diese Marke ist nicht gefährdet“, betonte Fegebank. Jede zusätzliche Tonne Kohle sei zwar „schmerzhaft“, eine genaue CO₂-Bilanz der Verzögerung könne sie aber nicht nennen.
Der Energiepark Hafen gilt als Schlüsselprojekt der Hamburger Wärmewende. Er soll künftig rund 180.000 Wohneinheiten mit Fernwärme versorgen und jährlich etwa 360.000 Tonnen CO₂ einsparen. Im Energiepark Hafen werden Abwärme von nahen Industrieunternehmen, Abwärme aus dem benachbarten städtischen Klärwerk, Abwärme aus der Müllverbrennung und eine Power-to-Heat zusammengebracht. Wenn die Wärme aus diesen Quellen nicht reicht, wird im Kraftwerk aus Gas zusätzliche Energie erzeugt.
Auch Strom kann das Kraftwerk liefern. Bei einem Blackout etwa würde es autark Strom erzeugen und etwa das Kraftwerk Tiefstack wieder hochfahren lassen. Die thermische Leistung der KWK-Anlage liegt bei rund 290 Megawatt (MWth), die elektrische bei 180 Megawatt. Ein 7,6 Kilometer langer Leitungstunnel unter der Elbe verbindet den Standort mit dem bestehenden Fernwärmenetz.
Source: welt.de