Versicherung gegen Unwetter: Wer den Schaden hat

Die Überschwemmungen im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in
Süddeutschland haben in den vergangenen Tagen ganze Straßenzüge verwüstet. Wo sich
das Wasser zurückzieht, wird ein Schaden in Millionen- oder sogar Milliardenhöhe
sichtbar. Bei der Flut im Ahrtal vor zwei Jahren waren es rund 35
Milliarden Euro
. Im Saarland könnte der Gesamtschaden „weit in den
hinein“ gehen, sagte
die Ministerpräsidentin Anke Rehlinger von der SPD
, allein in und um Saarbrücken
könnte es ein mittlerer
zweistelliger Millionenbetrag
sein.

Viele private Wohngebäude sind stark beschädigt: aufgeschwemmtes
Mauerwerk, kaputte Heizungsanlagen, Wohnzimmer und Küchen voll mit Schlamm. Und
wer zahlt dafür? Die Frage ist politisch brisant.

Denn
schon beim Hochwasser im Ahrtal 2021 gab es unter den Betroffenen zwei Gruppen: die mit und die ohne Versicherungsschutz. Immobilienbesitzer können sich gegen sogenannte
Elementarschäden, also Hochwasser, Schneemassen, Sturm oder Erdrutsche,
zwar privat versichern. Anders als eine Gebäudeversicherung, die für Schäden
durch Feuer, Blitzeinschlag, Hagel, Leitungswasser und Überspannung aufkommt
und zumindest bei einer Immobilienfinanzierung vorgeschrieben ist, ist der
Abschluss einer Elementarschadenversicherung aber freiwillig. 

Das hat Folgen: Nur
rund die Hälfte aller privaten Wohngebäude in Deutschland ist über die Wohngebäude- oder Hausratsversicherung gegen Elementarschäden
versichert.

Im Notfall springt der Staat ein

Stattdessen springen bei Überschwemmungskatastrophen meist Bund
und Länder ein. So war es auch 2021: Für Soforthilfe und Wiederaufbau bezahlte allein
der Bund knapp 30 Milliarden Euro. Und auch diesmal wird wohl die öffentliche
Hand für einen Großteil der Schäden aufkommen. „Der Staat wird helfen müssen, dort, wo große Schäden entstanden
sind und Menschen damit überfordert sind“, kündigte Ministerpräsidentin
Rehlinger bereits an. Die Botschaft: Wer nicht versichert ist und die Kosten
nicht selbst stemmen kann, wird unterstützt – die Bedingungen dafür hat die Landesregierung
Mitte der Woche vorgestellt
.

Diese schnelle
und unbürokratische Hilfe wünschen sich Betroffene in so einer Situation. Aber so
entsteht auch ein Konflikt: Während
manche Hausbesitzer jahrelang hohe Prämien für eine Versicherung zahlen,
bekommen Unversicherte Unterstützung aus Steuermitteln.

Bundesländer erneuern Forderung nach Pflichtversicherung

Das könnte sich
nun ändern. Denn Ministerpräsidentin Anke Rehlinger macht nicht nur
Versprechungen für die Betroffenen, sie hat auch eine
politische Forderung
zu wiederholen: eine verpflichtende und bezahlbare Elementarschadenversicherung
für alle Gebäudeeigentümer.

Der Vorstoß ist nicht neu. Im März vergangenen Jahres forderte
der Bundesrat (PDF)
die Bundesregierung geschlossen dazu auf, einen
Gesetzentwurf für eine bundesweit geltende Pflichtversicherung für
Elementarschäden vorzulegen. Die Initiative war bereits nach der Ahrtal-Flut von Nordrhein-Westfalen
angestoßen worden. Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte argumentiert,
dass Extremwetter durch den Klimawandel häufiger würden und eine verpflichtende
Versicherung daher der beste Weg sei, die Kosten gerechter zu verteilen sowie die
öffentlichen Kassen zu entlasten.

Seither wird über das Thema in Arbeitsgruppen und
Ausschüssen diskutiert, doch konkret umgesetzt wurde bisher – nichts. Das ärgert nun die saarländische
Ministerpräsidentin Rehlinger: „Mir fehlt jetzt das Verständnis, warum wir auf
der Bundesseite nicht weiter vorangekommen sind“, sagte
sie Anfang der Woche
. „Einfach
nichts zu tun – das sehen wir –, geht nicht.“

Sinnvoll aus Sicht der Verbraucher

Auch die Verbraucherzentralen
halten eine Elementarschadenversicherung grundsätzlich für sinnvoll
, auch
sie haben bereits im August 2021 in einem Eckpunktepapier eine bezahlbare
verpflichtende Elementarschadenversicherung gefordert. „Wir raten jedem Eigenheimbesitzer dazu“, sagt
Anna Follmann, Versicherungsexpertin
bei der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz. Extremwetter nähmen zu, doch
die Seltenheit einer Flut wiege viele Hausbesitzer in falscher Sicherheit. „Im Kopf herrscht der Gedanke: Es wird schon
nichts passieren“, sagt Follmann. Nach Flutkatastrophen nähmen sich zwar viele
Menschen vor, sich um ausreichenden Versicherungsschutz zu kümmern, das
Vorhaben gerate jedoch schnell wieder in Vergessenheit. Auch, weil es oft
schwer ist, das passende Angebot zu finden.

Meist sind
Elementarschäden als Zusatz in der Gebäude- und Hausratversicherung enthalten.
Wie teuer das im individuellen Fall ist, entscheiden die jeweiligen Versicherer
in einem Bewertungsverfahren. Durchschnittlich können auf Hauseigentümer Mehrkosten zwischen knapp hundert und mehreren
Hundert Euro
zukommen. In
besonders gefährdeten Lagen kann eine Prämie um ein Vielfaches höher sein oder
die Versicherung den Schutz sogar ganz verwehren – das betrifft jedoch laut
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) nur einen Bruchteil
der Wohngebäude. Um das passende Angebot zu finden, muss man in der Regel
mehrere Angebote vergleichen – das ist zeitaufwendig und schreckt viele ab.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert, eine Absicherung gegen sämtliche
Naturgefahren als Standard in die Wohngebäudeversicherung aufzunehmen
– wenn auch vorerst testweise mit der Option, diese abzulehnen.