„Verrückt nachdem ihm“ ist nervtötend und befreiend zusammen

Bridget Jones stolpert im vierten Teil zum letzten Mal über die Leinwand. Es beginnt mit dem Tod von Mark Darcy und der Suche nach einem Neuanfang. Den ein oder anderen Dating-App-Nutzer könnte das Liebesleben der Fünfzigjährigen in die Verzweiflung treiben.
Ist ein Film erst mal erfolgreich, können Sequels für die Macher eine Goldgrube sein. Die Charaktere sind etabliert, das Universum erklärt und ab da gilt es einfach neue Abenteuer und Bösewichte zu erfinden. Vor allem Fantasy-Reihen sind hier ein dankbares Genre. Bei romantischen Komödien wird die Sache schon komplizierter. Wie viele überraschende Wendungen verträgt ein und dieselbe Liebesbeziehung, bevor sie zur Telenovela verkommt?
Im Fall von Bridget Jones sind es genau vier Filme, bis die Heldin zum letzten Mal über die Leinwand stolpert. Die auf dem Roman „Schokolade zum Frühstück“ basierende Figur von Helen Fielding wurde erstmals 2001 fürs Kino adaptiert – mit großem Erfolg. Viele Frauen schienen sich in der im Buch als etwas moppelig beschriebenen Anfang Dreißigjährigen wiederzufinden, die verlässlich in jedes Fettnäpfchen tritt und darüber in ihrem Tagebuch berichtet. Die Britin Bridget Jones, in allen vier Filmen von der Amerikanerin Renée Zellweger gespielt, galt als Identifikationsfigur für die Singlefrau in der Großstadt, verzweifelt auf der Suche nach einem Mann – und dem perfekten Bauchwegschlüpfer. Nach heutigen Standards keine moderne Erzählung, man könnte gar meinen, antifeministisch. Doch 2001 war das noch nicht so wichtig und Bridget Jones hat seitdem viele Phasen durchlaufen.
Nachdem sie sich im ersten Film gegen den Playboy Daniel Clever (Hugh Grant) und für den anständigen Menschenrechtsanwalt Mark Darcy (Colin Firth) entschieden hatte, zerbrach die neue Liebe im zweiten Teil schon wieder. Bridget Jones stand immer für das Menschliche, Nahbare und das zerschellte an der verklemmten Corporate-Welt des Mark Darcy. Doch man vertrug sich wieder, suchte die Welten zu einen, schaffte es, um sich im dritten Teil wieder zu trennen. Mark arbeitete einfach zu viel. Dafür war das neu errungene Singleleben der Bridget Jones diesmal emanzipierter, da sie es genoss und anstatt im Schlafanzug Marmeladenreste aus dem Glas zu kratzen, nun auf Musikfestivals tanzte. Doch es kam, wie es kommen musste: Am Ende fand sie wieder zu Mark Darcy zurück, diesmal sogar mit gemeinsamem Kind.
Mark Darcy ist tot
Da sich dieses Spiel nicht ewig weitertreiben lässt und das auch die Drehbuchautoren wissen, greifen sie im vierten und finalen Teil zu radikalen Maßnahmen: Mark Darcy ist tot, gestorben bei einem Bombenangriff im Ausland vor vier Jahren. Nun lebt Bridget Jones allein in einem gemütlichen und passenderweise etwas chaotischen englischen Townhouse mit zwei kleinen Kindern. Wir treffen sie in einer Lebenskrise. Besser gesagt an einem Punkt, an dem sie sich wieder für das Leben entscheidet.
Hier zeigt sich dann, dass zwischen dem ersten und dem letzten Film der Reihe mehr als zwanzig Jahre liegen. Denn die Entscheidung fürs Leben heißt nicht mehr nur eine neue Beziehung, sondern auch in die Arbeitswelt zurückzukehren, oder überhaupt irgendwie am Leben teilzuhaben. Oberschenkel-Durchmesser werden nicht mehr gemessen. Was sich vielleicht auch deswegen überholt hat, weil Renée Zellweger als Bridget Jones sehr dünn geworden ist. Das mag an der Trauer ihrer Figur oder am aktuellen Ozempic-Trend in Hollywood liegen. Dafür sind in dem Film angenehm wenig glatt gebügelte Gesichter und viele Stirnfalten zu sehen.
Zwanzig Jahre später transportiert Bridget Jones immer noch, was sie damals so erfolgreich machte: Sie ist völlig unfähig, ihre Überforderung mit der Welt zu verstecken. Sie kommt mit dem, was sie hat, und das scheint nie ganz zu reichen. Trotzdem gelingt ihr ein gutes Leben. Es ist gleichzeitig befreiend und nervtötend, ihr dabei zuzusehen. Befreiend, weil sich die meisten Menschen überfordert fühlen, nervtötend, weil man vielleicht genau diesen Teil an sich selbst nicht mag.
Das wunderbare Dating mit 50
„Verrückt nach ihm“ ist eine solide romantische Liebeskomödie mit gewohnten Slapstick-Elementen geworden. Was auch an Hugh Grant liegt, dessen grummelig-charmanter Charakter aus jeder seiner Poren zu strömen scheint. Dass sein Daniel Clever auch mit knappen sechzig noch jeder jungen Frau hinterherläuft, ist dabei weniger irritierend, als dass die sich für diesen zynischen alten Typen immer noch interessieren. Auch Emma Thompson, die am Drehbuch mitgeschrieben hat, sorgt in einer Nebenrolle mit trockenem Humor für gute Momente. In einer Szene etwa trägt Bridget eine Creme zur Lippenvergrößerung auf – aktuell ein beliebter Schönheitstrend – und die schwellen auf vierfache Größe an. Als sie dann bei ihrer Ärztin (Emma Thompson) im Behandlungszimmer sitzt und zu sabbern beginnt, kriegt die sich vor Lachen nicht mehr ein.
Zwischendurch gilt es sich zu erinnern, dass man in einer romantischen Komödie sitzt, und Realismus kein Maßstab ist. Sonst könnte das Liebesleben der Anfang fünfzigjährigen Bridget Jones den ein oder anderen langjährigen Dating-App-Nutzer in die Verzweiflung treiben. Nicht nur lernt sie jemanden im echten Leben kennen, der sie erst später auf Tinder anschreibt, auch ist es ein Ende zwanzigjähriger Schönling mit definiertem Oberkörper (Leo Woodall). Der dann auch noch lustig und fürsorglich ist und sich gut mit ihren Kindern versteht. Versöhnlicher stimmt da nur, als er sie, nun etwas realistischer, zu ghosten beginnt.
Dass es der letzte Teil ist, zeigt sich auch darin, dass sich am Ende wirklich alles in Wohlgefallen, man könnte auch sagen in Langeweile auflöst. Es gibt keine Bösewichte mehr, weil es sie nicht mehr braucht. Selbst der zuverlässige Playboy Daniel Clever erkennt, dass Familie doch eigentlich das Wichtigste ist. Auch Bridget Jones 4 bleibt ein eskapistischer Klamauk, bei dem man zwischendurch gut lachen kann. In diesen Zeiten nicht das Schlechteste.
Der Film „Bridget Jones 4 – Verrückt nach ihm“ läuft ab dem 27. Februar im Kino.
Source: welt.de