Vermögen gründen: Die Deutschen reden zu wenig droben Geld
Die Geschichte der Deutschen und ihrer Vermögensbildung ist eine Geschichte voller Missverständnisse. Ein besonders Schwerwiegendes ist: Die Deutschen mögen keine Aktien. Für die einen ist die Börse die größte Zockerbude der Welt. Einige wenige mache sie reich, viele jedoch stürze sie ins Verderben. Für die anderen ist die Aktie nichts als eine Enttäuschung: Die vielen Börsengänge des Neuen Marktes Anfang der 2000er Jahre brachten so etwas wie eine Aktienkultur in die Wohnzimmer der Sparbuchfans – das Platzen der Technologie-Blase kurz darauf vereinte aber wieder alle Skeptiker in ihrer Ansicht, die Börse sei am Ende nichts außer heißer Luft.
Vergessen wird dabei leider, dass die Börse in erster Linie gar nicht dazu da ist, Aktionäre glücklich oder unglücklich zu machen. Die Börse dient als Finanzierungsquelle für erfolgreiche, innovative Unternehmen, die ihre Expansion beschleunigen wollen. Daran können Anleger – private genauso wie institutionelle – teilhaben. Einsatz gegen Anteil, Geld gegen Aktie. Das Investment in Einzelaktien birgt Risiken.
Die Deutschen reden zu wenig über Geld
Wer je in die Deutsche Telekom, Wirecard oder auch die Deutsche Bank investiert hat, weiß: Von Totalausfall bis Dauerflaute müssen Aktionäre bisweilen gute Nerven haben – oder Alternativen. Wer vor Jahrzehnten an Microsoft glaubte, kann heute den Lebensabend auf den Bahamas genießen. Wer den Siegeszug der Speicherchips vorhersah als der Infineon-Kurs unter einem Euro notierte, wird sein Depot heute mehrmals am Tag mit Wonne checken wollen: Der Aktienkurs der Siemens-Abspaltung ist inzwischen um das 35-Fache gestiegen.
Wer Aktien breit streut, wird auf lange Sicht zu den Gewinnern gehören. Das zeigt die Ex-Post-Betrachtung zweifelsfrei. Und wer an der Börse Erfolg haben will, braucht mehr als nur Glück. Anleger sollten Trends erkennen können, Kennzahlen verstehen, eine Ahnung davon haben, was ein Kurs-Gewinn-Verhältnis aussagen kann. Geldanlage ist zudem auch so viel mehr als nur die Börse. Anleihen, Fonds, ETFs, das Für und Wieder von Lebensversicherungen, die kluge Vorausplanung des sicheren Erbfalls, der Kauf einer Immobilie, auch hier gilt: Nur wer über ausreichend Informationen verfügt, kann sich ein Urteil bilden und vorsorgen, im eigenen Interesse.
Auf die staatliche Rente allein sollte sich niemand verlassen – muss er auch nicht. Mit unserer Finanzen-Kolumne „Über Rendite“ wollen wir einen Beitrag dazu leisten. Mit Christiane von Hardenberg konnten wir eine Kolumnistin gewinnen, die als Investorin und Gründerin selbst jeden Tag Anlageentscheidungen trifft. Die promovierte Volkswirtin kennt die Möglichkeiten der Märkte aus eigener Anschauung und wird genau das immer wieder zum Thema machen. So wie auch Daniel Walther, der sich als promovierter Wirtschaftswissenschaftler mit den Schwerpunkten Finanzinformatik und Mathematik, der seit vielen Jahren mit der Vermögens- und Finanzanalyse beschäftigt.
Die Deutschen haben nicht nur etwas gegen Aktien und lassen zu wenig ihr Geld für sich arbeiten, sie reden auch zu wenig über Geld. Über Geld, so heißt es leider immer noch, spricht man nicht. Das ist ein sehr großes Missverständnis.
Source: faz.net