VDMA zieht Bilanz: Maschinenbauer necken sich jenseits Bürokratie und Bärbel Bas

Die Deutschland-Diagnose von einem „Standort im freien Fall“ teilt der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau nicht. Dennoch zeigte VDMA-Präsident Bertram Kawlath am Dienstag Verständnis für das kürzlich vom Bundesverband der Deutschen Industrie getroffene harsche Urteil zum Zustand des Landes. BDI-Präsident Peter Leibinger habe die Aussage aus Sorge getroffen, sagt Kawlath. Auch wenn er sie so nicht formulieren würde: Sorgen um den Standort teilen auch die Maschinen- und Anlagenbauer – das mittelständische Rückgrat der Wirtschaft und mit einer Million Beschäftigten in Summe auch der größte industrielle Arbeitgeber.

Die Bilanz der Traditionsbranche ist ernüchternd: Im vierten Quartal dürfte die Produktion nach Einschätzung des VDMA zum zwölften Mal in Folge sinken, auf Jahressicht erwartet er reales Produktionsminus von fünf Prozent. Im nächsten rechne der Verband mit einem leichten Plus von einem Prozent. Vom niedrigen Ausgangsniveau müsste der Zuwachs allerdings deutlich größer ausfallen, um von einer echten Wachstumsdynamik zu sprechen, sagte Kawlath.

Beschäftigung geht zurück

Die schwierige Lage hinterlässt nach seinen Worten auch Spuren auf dem Arbeitsmarkt. Die Zahl der Beschäftigten bleibe zwar über einer Million, sie sei aber im Jahresvergleich um 2,4 Prozent gesunken. Zugleich wachse die Zahl der Kurzarbeiter. Mit einem dramatischen Arbeitsplatzverlust rechnet Kawlath allerdings nicht. Der Fachkräftemangel und die Überalterung blieben das dominante Thema. „Auch wenn die Situation schwierig bleibe, hoffe er, „dass wir die Million halten können.“

Mit Unverständnis reagierte Kawlath auf die Aussagen von Arbeitsministerin Bärbel Bas (SPD), die kürzlich bekundet hatte, beim Besuch des Arbeitgebertages sei ihr „besonders deutlich geworden (…), gegen wen wir eigentlich gemeinsam kämpfen müssen“. Kawlath sagte, angesichts der Herausforderungen sei diese „Klassenkampfrhetorik“ völlig unangemessen. Die Ministerin verkenne, dass die Maschinen- und Anlagenbauer als größer industrieller Arbeitgeber gute Löhne zahlten und eine wichtige gesellschaftliche Rolle spielten. Kawlath will mit Bas reden, einen Termin habe er schon. Das demokratische Verständnis gebiete es, bei Differenzen miteinander zu sprechen. Ein Rückgriff in die „verbale Mottenkiste“ helfe aber nicht weiter.

Der VDMA will nach seinen Worten die Investitionen in Deutschland unbedingt erhalten, das gehe aber nicht, wenn sich die Standortbedingungen immer weiter verschlechtern. Der Verband fordert deshalb ein ganzes Paket an Veränderungen: unter anderem niedrigere Unternehmenssteuern und einen flexi­bleren Arbeitsmarkt. Konkret müsse die Regierung, wie im Koalitionsvertrag versprochen, die tägliche Höchstarbeitszeit durch eine wöchentlich ersetzen. Zudem brauche es Strukturreformen in der Sozialversicherung. Die abschlagsfreie Rente etwa müsse abgeschafft werden, das Rentenalter schrittweise erhöht. Auch mit dem Tariftreuegesetz hadert der Verband. Das Gesetz regelt, dass öffentliche Aufträge nur an Unternehmen vergeben werden, die ihre Beschäftigten nach tarifvertraglichen Regeln bezahlen. Mittelständische Unternehmen, die häufig nicht tarifgebunden seien, trotzdem gute Löhne bezahlten, müssten jetzt die Einhaltung der Kriterien mühsam nachweisen. Zudem ende das Gesetz an der Bundesgrenze. Wer Leistungen im Ausland erbringe, sei von der Verpflichtung ganz ausgenommen.

Zölle erschweren Export

Zu schaffen machen den Maschinenbauern vor allem die neuen Grenzregime und Zölle. Kaum eine andere Branche ist so abhängig vom grenzüberschreitenden Geschäft: fast 84 Prozent der Anlagen und Maschinen landeten im vergangenen Jahr im Export. Vereinfacht gesagt macht sowohl der größte Einzelmarkt USA als auch der größte Importkonkurrent China den Unternehmen Probleme.

So seien die von der EU-Kommission als Basiszoll nach USA gefeierten „nur“ 15 Prozent schon eine Herausforderung. Hinzu komme der Sonderzoll von 50 Prozent auf Stahl, Aluminium und weiterverarbeitete Produkte. Maschinenbauer müssten jetzt bis zu jeder Schraube den Stahl- und Aluminiumanteil ihrer Anlagen nachweisen. Der Aufwand sei enorm, nur ein Viertel der Unternehmen glaube überhaupt, die Anforderungen der Amerikaner erfüllen zu können. In der Folge gingen Exporte zurück, Projekt in den USA lägen auf Eis, obwohl es dort gar keine Werkzeugindustrie gebe. Der VDMA fordert mehr Unterstützung der EU „für ihren größten Industriearbeitgeber“ und mehr Härte in den Verhandlungen mit den USA. Zum Vergleich: Mit einem Exportanteil von 45 Prozent bleibe die EU der wichtigste Absatzmarkt. Die USA stehen für 12,6 Prozent, China für 8,3 Prozent.

Die Maschinenbauer exportieren zwar noch immer mehr Maschinen und Anlagen nach China als umgekehrt, aber die Schere gehe immer weiter zu, hieß es. Zum einen, weil die Chinesen mittlerweile gute Maschinen bauten, allerdings auch, weil die Unternehmen dort teilweise von unfairen staatlichen Subventionen profitierten. Das beste Mittel dagegen wären nach Kawlaths Worten bessere Standortbedingungen in Deutschland. Zugleich fordert der Verbandspräsident aber eine bessere „Marktüberwachung“ chinesischer Produkte. Wenn Produkte nicht den EU-Standards genügten, dürften sie auch nicht in den Wirtschaftsraum kommen, sagte er. Als Beispiel nannte er absichtlich falsche CE-Kennungen. Sie sollen Konformität mit EU-Regeln vorgaukeln, bedeuteten am Ende aber nur „China Export“.