US-Wahl II | US-Wahl: Nach jüngsten Umfragen verlieren die Demokraten im Kontext den Hispanics an Boden
Die Einwanderer aus Lateinamerika wählen traditionell konservativ. Sie fühlen sich mit der fremdenfeindlichen Rhetorik von Donald Trump nicht gemeint. 40 Prozent sind dafür, dass die Mauer an der Grenze zu Mexiko zu Ende gebaut wird
Im gesamten Land rekrutieren sich aus dieser Gruppe gut 15 Prozent der Wählerschaft – gemeint sind Hispanics, Amerikaner mit Migrationsgeschichte und aus Lateinamerika. Nach einer aktuellen Siena-Umfrage im Auftrag der New York Times will jeder Zehnte, der 2020 Joe Biden gewählt hat, vier Jahre später für Donald Trump stimmen. Die Unterstützung für demokratische Präsidentschaftskandidaten unter hispanischen Wählern ist seit Jahren rückläufig. Barack Obama gewann noch etwa 70 Prozent ihrer Stimmen, bei Kamala Harris ist der Wert auf derzeit 56 gesunken.
Die zitierte Umfrage erstaunt besonders deshalb, weil die demokratische Anwärterin in der hispanischen Community bei Themen wie Einwanderung, Wirtschaft und Kriminalität Boden einbüßt. Zugleich hat Trump mehr Anhänger gesammelt, obwohl seine einwanderungsfeindliche Rhetorik bedrohlich klingt. Einige hispanische Wähler wollen ihn gerade deshalb. Zwei Drittel gaben an: „Ich habe nicht das Gefühl, dass er über mich spricht“, wenn Trump behauptet, Einwanderer würden „das Blut unseres Landes vergiften“. Mehr als 40 Prozent der Latinos identifizieren sich mit seinem Versprechen, den Bau einer Mauer an der Grenze zu Mexiko abzuschließen. Zu ihnen zählt Andrea Paschall, eine Republikanerin, die „Latinos for Trump“ im Saginaw County gegründet hat. Sie glaubt, der Ex-Präsident spreche für eine große Zahl hispanischer Wähler in ihrem Swing-Bezirk (Michigan), in dem Trump 2016 knapp gewann, bevor Joe Biden ihn vier Jahre später mit 303 Stimmen Vorsprung zurückeroberte.
„Als ich die Gruppe gegründet hatte, wachte ich am nächsten Morgen auf, und 35 Leute wollten mitmachen. Ihnen ging es wie mir: Wir konnten nicht frei darüber sprechen, wer unser Favorit ist.“ Jedenfalls sei sie konservativ, werde am 5. November Trump wählen und das nicht verheimlichen. „Ich engagiere mich in der Republikanischen Partei, weil ich das Gefühl habe, sonst nicht repräsentiert zu sein, weder was meine ethnischen Wurzeln angeht noch was meine politischen Ansichten betrifft.“ Sie habe das Gefühl, dass viele Latinos traditionell konservativ sind.
Trumps teils extreme Äußerungen seien nichts als Rhetorik, die den Hispanics keine Angst machen sollte. „Er schlägt diese Töne an, um die Leute auf sich aufmerksam zu machen, damit sie ihm zuhören. Dass es zu emotionalen Reaktionen kommt, ist der Zweck der Übung“, so Paschall. Sie sei nicht unbedingt beleidigt von Trumps Parolen. „Erstens bin ich definitiv eine Befürworterin der Einwanderung. Und zweitens ist es mir egal, welche Hautfarbe jemand hat. Wenn sie jedoch illegal in dieses Land einreisen, ist das für mich und andere, darunter viele Latinos, ein Problem.“
Aber Trumps Angriffe beschränken sich nicht auf Menschen ohne Papiere. Denkt man an seine Behauptungen, dass haitianische Einwanderer in Springfield (Ohio) Haustiere ihrer Gastfamilie verzehren würden, richtet sich das gegen Menschen, die eine Aufenthaltsgenehmigung für die USA haben. Ebenso gegen Migranten aus Guatemala, Nicaragua und Venezuela. Man weiß nicht, was mit ihnen passiert, wenn Trump siegt. Statt sich mit ihnen zu solidarisieren, verteidigt Paschall die Verunglimpfung der Haitianer. „Ich habe es tatsächlich von Bürgern auf Tiktok erfahren, die sagen: ‚Genau das passiert in meiner Stadt.‘ Es gibt ernste Probleme, wenn Tiere bei lebendigem Leib gegessen werden. Das zu ignorieren, wäre nicht in Ordnung, bloß weil wir Angst haben, auszusprechen, dass die Leute aus einem bestimmten Land kommen.“
Paschall sagt, wenn es Rassismus gebe, dann komme er von weißen Liberalen, die ihr erklärten, dass sie als Latina Donald Trump nicht unterstützen dürfe. Diese Auffassung sei „so tief verwurzelt, dass die Leute, die sie verbreiten, nicht einmal merken, dass sie rassistisch sind“.
Chris McGreal schreibt für Guardian US