US-Chiphersteller: Intel verschiebt Bau von Chipfabrik in Magdeburg

Der Bau der geplanten Chipfabrik in Magdeburg in Sachsen-Anhalt verzögert sich. Wie der Chef des US-Chipkonzerns, Pat Gelsinger, mitteilte, soll das Projekt voraussichtlich um zwei Jahre verschoben werden. Intel kämpft mit Verlusten und hat ein Sparprogramm eingeleitet. „Kürzlich haben wir unsere Kapazitäten in Europa durch unsere Produktionsstätte in Irland erhöht, die auf absehbare Zeit unser wichtigstes europäisches Drehkreuz bleiben wird“, schrieb Gelsinger in einer Mitteilung des Unternehmens. „Unsere Projekte in Polen und Deutschland werden wir aufgrund der erwarteten Marktnachfrage um etwa zwei Jahre verschieben.“

Die Pläne galten als Leuchtturmprojekt in den neuen Bundesländern. Neben Dresden sollte Magdeburg im Osten Deutschlands zu einem
Zentrum der Chipindustrie aufsteigen. Der Bund hatte milliardenschwere Investitionen zugesagt.  

Intel hatte in Sachsen-Anhalt den Bau von zunächst zwei
Chipfabriken angekündigt. Der erste Spatenstich sollte nach bisherigen Plänen noch in diesem Jahr gesetzt werden. Etwa 3.000 Arbeitsplätze sollten entstehen. Die
Investition wurde auf rund 30 Milliarden Euro beziffert.

Baugenehmigung erst vor wenigen Wochen

Die
Bundesregierung hatte im vergangenen Jahr staatliche Hilfen von fast zehn
Milliarden Euro für die Ansiedlung in Aussicht gestellt. Der Produktionsbeginn war
für 2027 oder 2028 erwartet worden. Noch vor wenigen
Monaten hatte Intel-Chef Gelsinger gesagt, dass in Magdeburg die modernsten
Produktionsverfahren zum Einsatz kommen sollten, mit denen Intel zur
erfolgreicheren Konkurrenz aufschließen will.

Intel steht
allerdings unter Druck. Allein im vergangenen Quartal machte der Konzern einen
Milliardenverlust, Analysten rechnen noch mit weiteren roten
Zahlen. Anfang
August kündigte Gelsinger den Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen an – etwa 15
Prozent der gesamten Belegschaft des Unternehmens. Insgesamt will er so zum kommenden Jahr mehr als
zehn Milliarden Dollar einsparen. Zugleich bekräftigte Intel Investitionen
in neue Werke im Heimatmarkt USA und entwickelt neue Chips mit der
Cloud-Sparte von Amazon. 

Eine erste Baugenehmigung für das Werk in
Magdeburg war vor einigen Wochen bereits erteilt worden. Dem war eine
mehrmonatige Prüfung eines mehrere Tausend Seiten langen Bauantrages und ein
Anhörungsverfahren von Verbänden und Kommunen vorausgegangen.

Gerangel um die Intel-Milliarden im Bund

Die
EU-Kommission hätte der Förderung der Bundesregierung noch zustimmen
müssen. Vertreter der Landesregierung von Sachsen-Anhalt hatten sich
zuletzt immer wieder optimistisch gezeigt, dass die EU bis Ende des
Jahres die staatlichen Hilfen freigeben und der Bau anschließend starten
würde.

In einer ersten Reaktion schrieb Bundesfinanzminister Christian Lindner auf dem Kurznachrichtendienst X, die nun nicht für Intel eingesetzten Mittel müssten „zur Reduzierung offener Finanzfragen im Bundeshaushalt“ reserviert werden. „Alles andere wäre keine verantwortungsbewusste Politik.“ Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, waren für Intel laut Regierungskreisen in diesem Jahr vier Milliarden der insgesamt zehn Milliarden Euro vorgesehen.

Im Haushaltsentwurf für 2025 gibt es derzeit eine
Lücke von zwölf Milliarden Euro, von der die Regierung bisher nicht
konkret weiß, wie sie geschlossen werden soll. Die Ampel setzt darauf,
dass weniger Mittel abfließen als eigentlich geplant sind.

Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck dagegen teilte mit: „Wir werden jetzt gemeinsam beraten, wie wir mit nicht genutzten Mitteln sinnvoll und sorgsam umgehen und sie zum Wohle des Landes einsetzen.“ Aus dem Ministerium hieß es, die Gelder müssten im Klima- und Transformationsfonds, kurz KTF, bleiben und könnten nicht für den Kernhaushalt verwendet werden. Aus dem Fonds werden zahlreiche Klimaprojekte finanziert, die für die Grünen besonders wichtig sind. Nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom vergangenen Jahr wurden dort 60 Milliarden Euro gestrichen.

Landesregierung gibt sich optimistisch

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) gab sich trotz Intels Ankündigung optimistisch: „Intel hält, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht.“ Intel, die Bundesregierung und die Landesregierung von Sachsen-Anhalt stünden weiter zu dem Projekt. In nächster Zeit würden weitere Gespräche darüber geführt, was die Verzögerung konkret für das Projekt bedeutet.

Zur Strategie von Intel-Chef Gelsinger gehört, Intel stärker
zum Auftragsfertiger für andere Chipentwickler
zu machen. Dabei soll der
Konzern modernste Produktionsverfahren meistern, um im Wettbewerb gegen
etablierte Produzenten wie TSMC aus Taiwan zu bestehen. Teil dieser
Pläne war auch der Bau des Werks in Magdeburg.

Intel hatte
einst die Chipbranche dominiert, verlor dann aber
den Wettbewerb bei den Chips für Smartphones. Der Konzern hatte gehofft, seine Stärke im PC-Geschäft auf Handys übertragen zu können. Doch bei
den Telefonen setzten sich sparsamere Prozessoren durch.
Smartphone-Chips kommen meist von Intels Konkurrenten wie Qualcomm oder TSMC.

US-Förderung für inländische Chipproduktion

Kurz vor der Ankündigung Intels, den Bau des Werks in Magdeburg auf Eis zu legen, hatte die US-Regierung dem Unternehmen bis zu drei Milliarden Dollar für die Entwicklung einer einheimischen Chipproduktion mit Blick auf die nationale Sicherheit in Aussicht gestellt. Die Initiative Secure Enclave soll insbesondere dem US-Militär eine stabile Versorgung mit Mikroelektronik aus einheimischer Produktion gewährleisten. 

Allgemein wollen die USA ihre Abhängigkeit von ausländischen Chipfertigungsstätten verringern. Bereits vor dem Beginn des US-Handels war die Intel-Aktie aufgrund der Medienberichte über die staatlichen Gelder gestiegen.