Untersuchungsausschuss in Mecklenburg-Vorpommern: Gabriel nennt Fehleinschätzung von Putins Absichten „größten Fehler“

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich deutlich vom früheren Russlandkurs in der deutschen Außenpolitik distanziert. Wladimir Putin und dessen Absichten falsch eingeschätzt zu haben, „ist
einer der größten Fehler der deutschen Außenpolitik, an dem ich
beteiligt war“, sagte Gabriel vor einem Untersuchungsausschuss des Landtags von Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin. „Das ist eine bittere Erkenntnis“, fügte er hinzu. 

Der Ausschuss soll klären, ob es
russischen Einfluss auf die Gründung einer Landesstiftung gegeben hat.
Die Stiftung hatte geholfen, das umstrittene Pipelineprojekt im Jahr
2021 trotz Sanktionsdrohungen zu vollenden. Gabriel ist als Zeuge geladen, weil er von 2013 bis 2017 Bundeswirtschaftsminister und im Anschluss deutscher Außenminister war. Eine regelmäßige Zusammenarbeit zwischen der
Bundesregierung und der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns bei dem Pipelineprojekt habe es aber nicht gegeben, sagte Gabriel.

Zusammenhang zwischen Pipeline-Bau und Verhandlungen in der Krim-Krise

Beim Bau von Nord Stream 2 ging es laut Gabriel in erster Linie darum, die Versorgung mit Gas sicherzustellen. Das sei durch die Liberalisierung des Energiemarktes zu einer „privatwirtschaftlichen Sache“ geworden. Der Bau der zweiten Ostseepipeline war stark umstritten – auch, weil das Projekt auch nach der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 weiter verfolgt wurde.

Gabriel verwies auf die damaligen Verhandlungen im Krim-Konflikt. Sie sollten demnach durch einen Stopp des Pipelinebaus nicht gefährdet werden. Ein „aktives Vorgehen“ der Bundesregierung gegen die privatwirtschaftliche Unternehmung wäre „nicht förderlich“ gewesen, sagte Gabriel. Die Pipeline ging wegen der russischen Aggression gegen die Ukraine dann aber nicht in Betrieb. Seit den Sprengstoffanschlägen auf die Rohre ist sie nicht mehr nutzbar.

Als zweiter Zeuge des Tages wird der damalige Chef des Bundeskanzleramtes, der CDU-Politiker Peter Altmaier, vernommen. Bereits ausgesagt hat Altkanzler Gerhard Schröder (SPD). Am 21. November soll mit Olaf Scholz ein zweiter ehemaliger sozialdemokratischer Regierungschef aussagen. Der Untersuchungsausschuss soll seine Arbeit bis zur Landtagswahl in Mecklenburg-Vorpommern im kommenden Jahr abschließen.