Umstrittene Wahl: Tansanias Präsidentin unter Ausschluss dieser Öffentlichkeit vereidigt

Die Zeremonie fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit und unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen statt. Tansanias Präsidentin Samia Suluhu Hassan ist am Montag auf einem Paradeplatz für das Militär in der Hauptstadt Dodoma für eine weitere Amtszeit vereidigt worden. Die Bürger konnten die Ereignisse nur über das Staatsfernsehen verfolgen, während das Internet weiterhin abgeschaltet war. Am Wochenende hatte die Wahlkommission die 65 Jahre alte Suluhu Hassan mit 98 Prozent der Stimmen zur Siegerin der Wahl ernannt. Die wichtigsten Oppositionskandidaten und die führende Oppositionspartei CHADEMA waren von der Präsidentschafts- und Parlamentswahl ausgeschlossen.

Nach der Wahl brachen trotz hoher Militärpräsenz auf den Straßen und Einschüchterungen durch die Behörden vorab Proteste aus, wie sie sich in dem ostafrikanischen Land nur selten ereignen. Die Vereinten Nationen gaben bekannt, glaubwürdigen Berichten zufolge seien mindestens zehn Menschen in drei Städten ums Leben gekommen. Oppositionsführer und Aktivisten sprachen von mehreren Hundert Getöteten. Am Sonntag hatte sich auch der Papst zur Lage in Tansania geäußert und zu Gebeten aufgerufen. Die Gewalt nach den Wahlen habe zu „zahlreichen Opfern“ geführt. Wegen der Abschaltung des Internets ist es schwierig, verlässliche Informationen zu erhalten und Beobachter in Tansania zu erreichen.

Harsche Kritik von Wahlbeobachtern

Schon vor der Wahl waren Regierungskritiker und Mitglieder der Opposition entführt, verhaftet oder getötet worden. Von einigen fehlt bis heute jede Spur. Der charismatische Oppositionsführer Tundu Lissu ist wegen Hochverrats angeklagt und sitzt im Gefängnis. Suluhu Hassan, die frühere Vizepräsidentin, hatte die Staatsführung nach dem Tod ihres Vorgängers John Magufuli 2021 übernommen. Die Wahl vor knapp einer Woche war die erste, in der sie für die Präsidentschaft kandidierte.

Harsche Kritik an der Wahl wurde nicht nur von Seiten der Opposition laut. In ungewöhnlich deutlicher Form äußerte sich die Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afrika (SADC) in einem vorläufigen Bericht der SADC-Wahlbeobachtermission, die von einem früheren Parlamentssprecher in Malawi geleitet wurde. Die Mission sei zu dem vorläufigen Ergebnis gelangt, dass „die Wähler in den meisten Gebieten nicht ihren demokratischen Willen zum Ausdruck bringen konnten“, heißt es darin. Insgesamt entsprächen die Wahlen 2025 in Tansania nicht den Anforderungen der SADC-Prinzipien und -Leitlinien für demokratische Wahlen.

Wie die SADC-Beobachter berichten, tauchten an den beobachteten Wahllokalen kaum Wähler auf. In einigen Lokalen habe niemand seine Stimme abgegeben. Mancherorts seien während der Stimmabgabe mehrere ordentlich gestapelte Stimmzettel in der Wahlurne gesichtet worden. Das habe den „Eindruck erweckt, dass Einzelpersonen mehr als eine Stimme gleichzeitig abgaben, um das Wahlsystem zu betrügen“. Die Mission habe wegen der Abschaltung des Internets keine Statistiken zu Wahllokalen und Auszählungsergebnissen erstellen können. Ein Abschlussbericht wird in den kommenden 30 Tagen erwartet. Nach offiziellen Angaben der Wahlkommission war die Wählerbeteiligung mit 87 Prozent so hoch wie nie zuvor.

Beobachter werten Bericht als positives Signal

Politische Analysten werteten den Bericht als Zeichen, dass sich Malawi als Stimme für mehr Demokratie und Mehrparteien-Systeme innerhalb der Staatengemeinschaft Gehör verschaffen wolle. Dass die SADC den Bericht in dieser unmissverständlichen Form zugelassen habe, sei ein positives Signal. In dem armen, aber stabilen Land finden regelmäßig Regierungswechsel statt. Der SADC gehören 16 Staaten an, unter ihnen auch Staaten wie Simbabwe und Südafrika, die wie Tansania von Parteien regiert werden, die aus ehemaligen Befreiungsbewegungen hervorgegangen sind und sich meist loyal untereinander verhalten.

Der Amtsantritt von Suluhu Hassan, einer ruhig auftretenden Muslimin von der Insel Sansibar, hatte anfangs die Hoffnungen auf demokratische Reformen geschürt. Doch nach ersten Schritten wie der Wiederzulassung von Kundgebungen Oppositioneller ohne Parlamentssitz schwenkte die Präsidentin auf einen Kurs ein, den viele als autokratischer bezeichnen als während der Magufuli-Amtszeiten.

Zu der Vereidigung am Montag erschien die Präsidentin mit einem roten Kopftuch und einer Sonnenbrille, anwesend waren ihre Amtskollegen aus Somalia, Sambia, Mosambik und Burundi. In ihrer Rede dankte Suluhu Hassan der Wahlkommission für ihre „unbestreitbare Effizienz“ und drückte Trauer über die Gewalt aus, die zu Todesopfern und der Zerstörung öffentlichen Eigentums geführt habe. Es sei nicht überraschend, dass es sich bei einigen der festgenommenen Personen um ausländische Staatsbürger handelte.

Sie wies die Behörden an, sofort sicher zu stellen, dass wieder Ruhe und ein normales Alltagsleben herrsche. Wegen der Unruhen sind Schulen und Universitäten in Tansania geschlossen, es gibt keinen öffentlichen Nahverkehr. In den sozialen Medien häufen sich die Klagen über die in die Höhe geschossenen Preise für Lebensmittel und andere Waren. Kurzzeitig gab es am Montagabend wieder Internetverbindungen.

Source: faz.net