Umfrage: Skepsis im Gegensatz zu grüner Verkehrspolitik

Die Politik für Verkehr und Klimaschutz hat in jüngster Zeit bei den Deutschen zu Skepsis und Ressentiments geführt. Zu diesem Urteil kommt Renate Köcher vom Institut für Demoskopie Allensbach mit einer Meinungsumfrage für Acatech, die deutsche Akademie für Technikwissenschaften. Für die Einführung von Elektroautos sei es nötig, dass diese von den Konsumenten als für den eigenen Bedarf passend und nützlich erkannt würden und zusätzlich als umweltfreundlich. Doch zum einen gebe es Zweifel daran, ob Elektroautos etwas für den Klimaschutz brächten, zum anderen sei die Stimmung verdorben worden durch das abrupte Ende des Umweltbonus und durch den Versuch, den Konsumenten durch das Verbrennerverbot eine bestimmte Entscheidung aufzunötigen.

Nach der Allensbach-Untersuchung mit 1000 ausführlichen Befragungen kommt 2024 nur noch für 17 Prozent der Interviewten ein Elektroauto infrage, nach 28 Prozent im Jahr 2011 und 24 Prozent 2021. Größter Vorbehalt gegenüber dem Elektroauto sind die hohen Anschaffungskosten, genannt von 77 Prozent der Befragten (2022: 71 Prozent), gefolgt von zu geringer Reichweite (2024: 60 Prozent), Zweifeln an der tatsächlichen Umweltfreundlichkeit (59 Prozent), dem Mangel an Ladestationen (57 Prozent), Stromkosten (53 Prozent) sowie langen Ladezeiten (54 Prozent).

Viele Konsumenten wissen noch zu wenig über E-Autos

Die Befragung förderte aber auch zutage, dass viele Konsumenten immer noch nicht ausreichend informiert sind. 34 Prozent antworteten, sie könnten nicht sagen, ob es konkret in ihrer Region viele oder wenige Ladepunkte gebe. 47 Prozent konnten auch die Anfahrtszeit zur nächsten Ladestation nicht einschätzen, 44 Prozent auch nicht die Ladezeit für ein E-Auto schätzen. 30 Prozent wussten keine konkrete Angabe für die zu erwartende Reichweite eines E-Autos. Zugleich waren sich nur 33 Prozent der Befragten sicher, dass sie gut erreichbar ein Elek­troauto aufladen könnten, 34 Prozent sagten, dass sie keine praktikable Lademöglichkeit hätten. Das Auto bleibt dabei das beliebteste Verkehrsmittel: Die Zahl derer, die das Auto für unverzichtbar halten, ist von 72 Prozent im Jahr 2022 auf 78 Prozent im Jahr 2024 gewachsen.

Generell werde das Potential von Aktionen im Verkehrssektor zugunsten des Klimaschutzes niedriger eingeschätzt. So trauten 2022 noch 71 Prozent der Befragten einem Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz zu, 2024 waren es nur noch 62 Prozent. Die Erwartung eines wesentlichen Beitrags zum Klimaschutz von schadstoffarmen Antriebssystemen für Pkw und Lkw hegten 2022 noch 63 Prozent, in diesem Jahr nur noch 51 Prozent. Dass ein Verbrennerverbot einen wesentlichen Beitrag leisten könnte, meinten 2022 immerhin noch 23 Prozent, 2024 dagegen nur noch 14 Prozent. Insgesamt meinten 2024 nur noch 27 Prozent, dass der Verkehrssektor einen deutlichen Beitrag zur Reduzierung der Klimabelastung leisten könne, 48 Prozent antworteten, man könne die Belastung mit den richtigen Maßnahmen „etwas reduzieren“.

Drei Viertel will Bemühungen von allen Ländern

Die wirksamen Hebel für mehr Klimaschutz liegen nach Auffassung der Befragten anderswo: 74 Prozent meinten, es sei am wichtigsten für den Klimaschutz, „dass sich alle Länder gleichermaßen um eine Verringerung der Klimabelastung bemühen“, 71 Prozent sahen große Bedeutung beim Schutz der Regenwälder, 62 Prozent sehen große Bedeutung für Förderung und Ausbau von öffentlichem Nachverkehr, 60 Prozent für die Verlagerung von Güterverkehr auf die Schiene, 55 für alternative Kraftstoffe. Zudem fanden 44 Prozent eine Einschränkung des Flugverkehrs wichtig.

Ein vernichtendes Urteil ergab die Befragung zum Schienennetz. Sahen 2015 noch 31 Prozent der Befragten das Schienennetz in einem schlechten oder eher schlechten Zustand, waren es 2024 insgesamt 65 Prozent. Demgegenüber hat sich für Autobahnen der Anteil für das Urteil eher schlecht und sehr schlecht von 33 Prozent im Jahr 2015 auf 28 Prozent 2024 verringert. Dennoch wollen 2024 nur 37 Prozent eine Priorität von Investitionen in die Schiene, 48 Prozent dagegen Gleichbehandlung von Schiene und Straße.

Große Unterschiede zeigt die Studie bei der Beurteilung der Verkehrssituation von Stadt und Land. In den Großstädten und Mittelstädten sind 73 Prozent zufrieden mit ihrer Verkehrsanbindung, in den Dörfern sind dagegen 42 Prozent unzufrieden. Daraus ergeben sich unterschiedliche Prioritäten in den Anforderungen an die Verkehrspolitik: In den Dörfern wünschen sich 69 Prozent mehr Fahrtangebot mit dem öffentlichen Nahverkehr, 55 Prozent eine bessere Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, 37 Prozent eine bessere Anbindung an den Fernverkehr der Bahn.

Für die Städte stehen andere Wünsche im Vordergrund: Nur 44 Prozent wollen mehr Fahrtangebot des öffentlichen Nahverkehrs. 38 Prozent wünschen sich, dass Parken billiger wird, 36 Prozent hätten gern mehr Parkmöglichkeiten, 34 Prozent wollen mehr Fahrradwege, 29 Prozent mehr Möglichkeiten für Park and Ride zum Umstieg von Auto auf den öffentlichen Nahverkehr und 28 Prozent mehr Ladestationen für Elektroautos. Abgefragt wurde auch die Beliebtheit von „weniger Parkmöglichkeiten“, dafür sprachen sich 5 Prozent der Städter aus, niemand vom Dorf.