Um Ölembargo zu umgehen: Russland baut „Schattenflotte“ aus alten Tankern auf

Russland kauft einem Medienbericht zufolge im großen Stil alte Tanker auf, um westliche Sanktionen im Ölhandel zu umgehen. Rund 100 gebrauchte Öltanker soll das Land im Laufe des Jahres erworben haben, berichtet die „Financial Times“ unter Berufung auf Daten des Schiffsbrokers Braemar und des Energieberatungsunternehmens Rystad.

Die auf diese Weise aufgebaute „Schattenflotte“ soll zum Ziel haben, den von EU und G7 beschlossenen Ölpreisdeckel zu umgehen und Rohöl weiterhin an Drittstaaten wie Indien, China oder die Türkei zu befördern. Der limitierte Ölpreis könnte die Möglichkeiten Moskaus einschränken, die Offensive in der Ukraine zu finanzieren.

Der Kreml betonte, dass er den Preisdeckel der G7-Staaten, der Europäischen Union und Australiens für russisches Öl nicht hinnehmen werde. „Wir werden diesen Preisdeckel nicht akzeptieren“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow nach Angaben russischer Nachrichtenagenturen am Samstag. Er fügte hinzu, dass Moskau sich im Vorfeld auf eine solche Obergrenze vorbereitet habe, machte dazu aber keine weiteren Angaben.

An diesem Montag treten sowohl das EU-Ölembargo als auch der erst kürzlich beschlossene Preisdeckel auf russisches Öl in Kraft. Letzterer versucht Russland zu zwingen, sein Rohöl am Weltmarkt für die Preisobergrenze von 60 Dollar pro Barrel zu verkaufen. Für den Preisdeckel setzt die EU den Hebel bei den Transporten und den dafür nötigen Dienstleistungen wie Versicherungen an. Denn europäische Reedereien betreiben nach Angaben von Brüsseler Beamten mehr als die Hälfte aller Tanker auf der Welt.

Das Prinzip lautet: Fuhren mit russischem Öl in Drittstaaten sind verboten – es sei denn, der Preis für die Ladung liegt nicht höher als die beschlossene Obergrenze von 60 Dollar pro Barrel. Anders gesagt: Wird die Preisgrenze eingehalten, können westliche Reedereien mit ihren Schiffen weiter russisches Öl nach Indien, China oder in andere Länder bringen.

Eine Möglichkeit, die russische Abhängigkeit von europäischen Reedereien zu umgehen, ist daher der Ankauf eigener Schiffe. Der Schiffsbroker Rystad schätzt laut „Financial Times“, dass Russland mehr als 240 Tanker brauche, um seine derzeitigen Exporte aufrechtzuerhalten. Sollten die Sanktionen des Preisdeckels in Kraft treten, könnten Russland jedoch 60 bis 70 Tankschiffe fehlen, schätzt ein von der „Financial Times“ zitierte Rystad-Analyst. Das könnte einen Rückgang der Exporte auf dem Seeweg um etwa 200.000 Barrel pro Tag bedeuten.

Die bisher gekauften Schiffen sind laut Financial Times zwischen 12 und 15 Jahre alt und wären in den kommenden Jahren ohnehin verschrottet worden. Unter den erworbenen Schiffen sollen auch sogenannte Supertanker sein, die ein Fassungsvolumen von bis zu 2 Millionen Barrel hätten. Einige stammen wohl aus Iran und Venezuela. Beide Länder stehen selbst unter Sanktionen westlicher Staaten.