Ukraine-News: Russland will Haftstrafen für Kriegsdienstverweigerer einführen
- Alle Artikel zum Thema finden Sie auf unserer Themenseite zum Krieg in der Ukraine. Eine Übersichtskarte mit den aktuellen Entwicklungen aktualisieren wir täglich hier.
- Russische oder ukrainische Angaben zum Kriegsverlauf sowie zur Zahl Verletzter und Getöteter lassen sich derzeit nicht unabhängig verifizieren.
- Neben eigenen Recherchen verwenden wir auch Material der Nachrichtenagenturen dpa, AP, AFP, KNA und Reuters.
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Drei Getreidefrachter verlassen ukrainische Häfen
Obwohl Russland das Getreideabkommen aussetzen will, haben weitere Schiffe ukrainische Häfen verlassen. Das teilten die Vereinten Nationen mit. Demnach sind derzeit drei weitere Getreidefrachter im Schwarzen Meer in Richtung Bosporus unterwegs.Nach Angaben des UN-geführten Koordinationszentrums in Istanbul, das die sichere Passage der Schiffe durch die Meerenge überwacht, ist die russische Delegation darüber informiert worden.
Die Regierung in Moskau hatte die Aussetzung des Abkommens am Wochenende erklärt und damit begründet, dass sie nach einem Drohnenangriff auf ihre Schwarzmeerflotte nicht mehr die Sicherheit ziviler Schiffe garantieren könne.
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Staatsduma will Haftstrafen für Kriegsdienstverweigerer beschließen
Das russische Verteidigungsministerium hat die Mobilmachung von Reservisten gestern für beendet erklärt. Dennoch bereitet die zweite Kammer des russischen Parlaments ein Gesetz vor, das hohe Strafen für Kriegsdienstverweigerer vorsieht. Sie sollen für Menschen gelten, die einen Einberufungsbescheid erhalten haben und ihm nicht Folge leisten, sagte der stellvertretende Vorsitzende des Dumasicherheitsausschusses, Ernest Walejew, der Nachrichtenagentur Interfax.Demnach sollen Kriegsdienstverweigerer mit hohen Geldstrafen von bis zu 500.000 Rubel (8.200 Euro) oder bis zu drei Jahresgehältern der Betroffenen bestraft werden. Zudem können sie zu Strafarbeiten verurteilt werden – oder zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.
Damit will die Duma eine Gesetzeslücke schließen. Zu Beginn der Mobilmachung hatten Kriegsgegner betroffene Männer aufgerufen, trotz Einberufungsbescheids nicht bei den Wehrämtern zu erscheinen – weil dies, anders als bei der Verweigerung der Wehrpflicht, keine Straftat sei. Auch Walejew bezog sich auf die entsprechende Lücke in der Gesetzgebung.
- AFP/Getty ImagesEinsatzkräfte verhaften einen Mann bei Protesten gegen die Mobilmachung am 24. September in Moskau
Trotz der Ankündigungen des Verteidigungsministeriums hat Wladimir Putin bisher keinen Erlass über ein Ende der Mobilisierungsmaßnahmen unterzeichnet. „Ich habe, ehrlich gesagt, nicht darüber nachgedacht. Ich werde mit Juristen darüber sprechen, ob ein Erlass über ihr Ende nötig ist“, sagte der Präsident gestern in Sotschi. Sein Sprecher Dmitri Peskow erklärte Berichte, wonach Menschen nach wie vor Einberufungsbescheide erhielten, mit „Trägheitseffekten“ bei den Wehrämtern.Der Dumaabgeordnete Walejew versprach indessen, das geplante Gesetz gelte „für die Zukunft“. Da die Mobilmachung abgeschlossen sei, habe es „mit der derzeitigen Situation nichts zu tun“.
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Stromversorgung in sieben ukrainischen Regionen eingeschränkt
Der ukrainische Netzbetreiber Ukrenergo hat angekündigt, in sieben Regionen des Landes werde heute die Stromversorgung zeitweise ausgesetzt. Das betrifft neben Kiew und der Hauptstadtregion die Gebiete Tschernihiw, Tscherkassy, Schytomyr, Sumy, Charkiw und Poltawa und damit etwa ein Viertel der Einwohner des Landes.Die kontrollierten Einschränkungen seien nötig, um das Netz nach gestrigen russischen Raketenangriffen auf die Strominfrastruktur zu entlasten und Folgeunfälle zu vermeiden.
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Russland kündigt weitere Evakuierungen in der Region Cherson an
Angesichts der ukrainischen Rückeroberungskampagne von Cherson haben die dortigen Besatzungsbehörden die Evakuierung Zehntausender weiterer Menschen angekündigt. „Wir werden bis zu 70.000 Personen neu ansiedeln und verlegen„, sagte der von Russland installierte Gouverneur von Cherson, Wladimir Saldo.- Stringer/AFP/Getty ImagesBereits vor einer Woche mussten viele Menschen in der Region Cherson ihre Wohnungen verlassen.
Betroffen sind demnach die Menschen in einem 15 Kilometer breiten Streifen östlich des Flusses Dnipro. Vergangene Woche hatte die russische Armee bereits mitgeteilt, dass 70.000 Zivilisten ihre Häuser am Westufer des Dnipro verlassen hätten.Saldo führte aus, die neuen Evakuierungen seien angesichts des Risikos eines „möglichen Raketenangriffs“ auf einen Staudamm an dem Fluss beschlossen worden, der zu einer Überschwemmung des linken Ufers führen könnte. -
Wasserversorgung in Kiew wiederhergestellt
Nach dem russischen Raketenbeschuss auf die ukrainische Hauptstadt läuft dort nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko das Wasser wieder. Experten der kommunalen Dienstleister hätten auch die Stromversorgung repariert. Es komme dennoch weiter zu Ausfällen, weil das Defizit im Energiesystem bedeutend sei.Am Montagabend hatte Klitschko mitgeteilt, dass es an 40 Prozent der Verbrauchsstellen noch kein Wasser gegeben habe und rund 250.000 Wohnungen ohne Strom seien. Russland hatte die Ukraine am Montag massiv mit Raketen beschossen und dabei besonders Energieanlagen als Ziel im Visier. -
Russischer Milliardär gibt Staatsbürgerschaft auf
Der russische Banker und Unternehmer Oleg Tinkow hat seine russische Staatsbürgerschaft aufgegeben. Er habe diese Entscheidung getroffen, weil er „nicht mit einem faschistischen Land in Verbindung gebracht werden“ könne und wolle, das „einen Krieg mit seinem friedlichen Nachbarn begonnen“ habe und täglich unschuldige Menschen töte, schrieb Tinkow auf Instagram. Er teilte ein Bild einer Urkunde, die das „Ende“ seiner russischen Staatsbürgerschaft bestätigte.- Olga Malteva/AFP/Getty ImagesOleg Tinkow im Jahr 2019
Er hoffe, dass mehr prominente Geschäftsleute ihm folgen würden, schrieb Tinkow, „damit das Regime und die Wirtschaft von Putin geschwächt werden und er schließlich besiegt werden kann“.Der Gründer der Tinkoff-Onlinebank gilt als einer der bekanntesten russischen Unternehmer. Die Bank ist einer der größten Kreditgeber Russlands und hat rund 20 Millionen Kunden. 2020 zog sich Tinkow von seinem Posten als Vorstandsvorsitzender zurück.Der Instagram-Post, den eine Reihe russischer und internationaler Medien verlinkt hatten, wurde inzwischen gelöscht. Screenshots kursieren aber noch online. Tinkow hatte rund zwei Monate nach Kriegsbeginn bereits gegen die russische Invasion in der Ukraine protestiert, auch das bei Instagram.
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Deutsche Bahn beklagt langsame Abfertigung bei Getreideexporten an EU-Grenze
Die Deutsche Bahn beklagt, dass sie ihre Kapazitäten für den Export ukrainischen Getreides wegen der EU-Grenzbürokratie nicht voll ausschöpfen kann. „Wir könnten noch mehr fahren, wenn die Grenzabfertigung an der EU-Außengrenze schneller ginge“, sagte ein Unternehmenssprecher dem RedaktionsNetzwerk Deutschland laut Vorabbericht. Speziell müssten an den EU-Außengrenzen die Infrastruktur und die Grenzprozesse ausgebaut und beschleunigt werden, sagte der Bahnsprecher. „Unserer Ansicht nach würde eine zentrale Koordination – strategisch und operativ – größere Frachtmengen auf der Schiene erlauben.“ Die Nachfrage nach Transportkapazitäten sei sehr hoch, so der Sprecher weiter. „Wir fahren so viel wir können.“ -
Selenskyj hebt Erfolge der ukrainischen Flugabwehr hervor
Zuletzt hatte die russische Armee ihre Raketenangriffe intensiviert – dem steht die ukrainische Armee laut Präsident Wolodymyr Selenskyj mit ihrem Flugabwehrsystem entgegen. Von etwa 50 russischen Marschflugkörpern und Raketen seien 45 abgeschossen worden, sagte der Präsident in seiner täglichen Videobotschaft.- picture alliance/dpa/UkrinformFlugabwehrkanoniere einer Luftabwehreinheit der ukrainischen Nationalgarde
Sein Land brauche zwar weitere Waffen zur Abwehr der Angriffe aus der Luft – aber schon jetzt müsse Russland für einen Treffer mehr Raketen einsetzen als früher.„Die Welt sieht, dass die einst zweitstärkste Armee der Welt nicht einmal mehr die 22. ist, was Effektivität angeht“, sagte Selenskyj. „Und wir werden alles tun, dass sie auch aus den Top 100 absteigt.“
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Ukraine will WLAN-Hotspots für Kommunikation während der Stromausfälle schaffen
Aufgrund der zuletzt immer häufiger vorkommenden Stromausfälle infolge russischer Luftangriffe will die Ukraine eine Reihe von landesweiten öffentlichen Orten errichten, an denen die Menschen sich mit einem WLAN-Netzwerk verbinden können. Das berichtet der ukrainische Digitalminister Mychajlo Fedorow. Zwar war es bisher die Strategie der ukrainischen Regierung, solche Hotspots vor allem auf dem frisch befreiten Gebiet zu organisieren, um Bürgerinnen und Bürgern zu helfen, die nach dem Abzug der russischen Truppen teils komplett ohne Kommunikation geblieben sind – doch in den letzten drei Wochen hat sich die Lage noch einmal verändert.In einigen Regionen würden ohne Strom weder Mobilfunk noch Internet funktionieren, sagte Fedorow in einem Interview. „Es ist aber unsere Aufgabe, das Land mit festen Hotspots zu versorgen, die Bürger in jedem Fall für ihre Kommunikation benutzen können.“ Fedorow kann noch nicht einschätzen, wie viele Hotspots es geben wird. Eingesetzt werden dafür Terminals wie Tesla Powerwall und Starlink. Die ersten WLAN-Orte soll es bereits im November geben: „Diese Woche werden wir einen ersten Test-Hotspot schaffen. Wir schauen dann mal, wie es funktioniert, und fangen das Projekt anschließend groß an. Viel Zeit haben wir ja nicht“, sagte Fedorow.
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IAEA will Untersuchungsergebnis zu „schmutziger Bombe“ noch in dieser Woche vorlegen
Nach den russischen Behauptungen über eine „schmutzige Bombe“ in der Ukraine haben Inspektoren der Internationalen Atomenergie-Organisation (IAEA) ihre Untersuchungen in der Ukraine begonnen. Die Experten seien an zwei Orten in der Ukraine im Einsatz und würden ihre Prüfungsaktivitäten bald abschließen, teilte die IAEA mit. IAEA-Chef Rafael Grossi will demnach die Ergebnisse der Ermittlungen noch in dieser Woche verkünden.Die Ukraine hatte die Untersuchung durch die IAEA selbst beantragt, nachdem Russland den Vorwurf, die Regierung in Kiew plane den Einsatz einer sogenannten schmutzigen Bombe, mehrfach erneuert hatte. Russland hatte behauptet, entsprechende Waffen würden in zwei ukrainischen Einrichtungen hergestellt.
Die Ukraine und ihre Unterstützer weisen die Anschuldigungen vehement zurück. Befürchtet wird, dass Russland selbst den Einsatz einer derartigen Waffe planen könnte.
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Olaf Scholz bezeichnet Russlands Behauptung zu „schmutziger Bombe“ als haltlos
Bundeskanzler Olaf Scholz hat dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat die weitere Unterstützung Deutschlands zugesichert. Deutschland werde die Ukraine weiterhin politisch, finanziell und humanitär sowie mit Waffenlieferungen unterstützen, sagte Scholz nach Angaben seines Sprechers Steffen Hebestreit.Der Kanzler äußerte sich demnach auch zu Anschuldigungen Russlands, wonach die Ukraine den Einsatz einer „schmutzigen Bombe“ vorbereite. Diese Vorwürfe habe Scholz „entschieden als haltlos“ bezeichnet, teilte Hebestreit mit. „Der Bundeskanzler war sich mit dem ukrainischen Präsidenten einig, dass die von ukrainischer Seite initiierten unabhängigen Untersuchungen der Internationalen Atomenergie-Organisation hieran jeden Zweifel beseitigen würden.“
- Christoph Soeder/picture alliance/dpaBundeskanzler Olaf Scholz
Russland hatte behauptet, die Ukraine bereite zur Diskreditierung Moskaus den Einsatz einer radioaktiven Bombe vor. Die Ukraine und ihre Verbündeten wiesen diesen Vorwurf als absurd zurück.Selenskyj dankte Scholz nach eigenen Angaben erneut für das Flugabwehrsystem Iris-T, das sich bereits sehr bewährt habe. Es sei über weitere Möglichkeiten gesprochen worden, wie Deutschland die Ukraine unterstützen könne, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Dabei gehe es vor allem um die Erneuerung der ukrainischen Infrastruktur nach den Zerstörungen durch russische Luftangriffe.
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Russland verlangt von Ukraine zusätzliche Verpflichtungen zu Getreidedeal
Russland hat die Rückkehr zum Getreideabkommen mit der Ukraine an Bedingungen geknüpft und zugleich neue Warnungen formuliert. Die Ukraine müsse Garantien dafür abgeben, den für die Getreideausfuhr vorgesehenen Korridor im Schwarzen Meer sowie die für den Export von Agrarprodukten ausgewiesenen Häfen „nicht für feindliche Handlungen gegen Russland zu nutzen“. Die Sicherheit „von irgendetwas in diesem Gebiet“ könne nicht gewährleistet werden, solange die Ukraine diesbezüglich „keine zusätzlichen Verpflichtungen“ eingehe.Russland hatte nach einem Drohnenangriff auf seine Schwarzmeerflotte am Wochenende seine Teilnahme an dem von den UN und der Türkei vermittelten Getreideabkommen ausgesetzt. Die Ukraine und westliche Staaten werfen Russland vor, das Abkommen unter falschem Vorwand ausgesetzt zu haben. US-Außenamtssprecher Ned Price sprach von einem Erpressungsversuch Russlands.