Überschwemmungen in Asien: „Auf die Wassermassen nicht vorbereitet“
Nach den Überschwemmungen und Erdrutschen infolge sintflutartiger Regenfälle im Süden und Südosten Asiens gibt es mittlerweile deutlich mehr als 1.000 Todesopfer. Besonders verheerend ist die Lage auf der indonesischen Insel Sumatra.
Mitten im Schlamm steht Nazariah. In ihrem Gesicht ist die Fassungslosigkeit abzulesen, der Schock über das, was sie sieht: „Es ist nichts mehr übrig. Nur das Fundament. Alles andere wurde weggespült“, sagt sie.
Die 51-Jährige ist aus der Notunterkunft zu ihrem Haus in der indonesischen Provinz Aceh zurückgekehrt. Alles ist von Schlamm bedeckt. Es hatte in der vergangenen Woche tagelang geregnet, wie häufig um diese Jahreszeit. Aber diesmal war es heftiger – und dann kam eine plötzliche Sturzflut.
„Es gab nichts, was ich hätte retten können. Nur meine Kleidung. Als ich versuchte, etwas zu holen, reichte mir das Wasser bereits bis zur Schulter. Ich konnte nicht mehr stehen und wurde mitgerissen“, erzählt Nazariah.
Sie watet durch kniehohen Schlamm, wo früher der Wohnraum war. Um sie herum stapeln sich mitgerissene Bäume, Holzlatten, Überbleibsel der Verwüstung.
In einem Gebäude in Aceh werden Flutschäden beseitigt. Immer noch werden 500 Menschen auf der Insel Sumatra vermisst.
Mehr als 700 Tote allein auf Sumatra
In Aceh im Norden der Insel Sumatra wird nach und nach das Ausmaß der Katastrophe sichtbar. Die Fluten haben Straßen und Brücken zerstört, einige Ortschaften sind seit Tagen nicht mehr erreichbar. Rettungskräfte versuchen, die Menschen aus der Luft mit dem Nötigsten zu versorgen.
Die indonesische Katastrophenschutzbehörde hat bestätigt, dass allein auf Sumatra mehr als 700 Menschen bei den Überschwemmungen ums Leben gekommen sind. Mehr als 500 werden noch vermisst.
Vielerorts ist der Strom ausgefallen, Mobilfunk und Internetzugang funktionieren nicht. Das erschwert es den Einsatzkräften, die Hilfe zu koordinieren.
Viele Straßen sind blockiert, Mobilfunk und Internetverbindungen auf Sumatra sind teils ausgefallen.
„Das Haus war weg“
In Agam in West-Sumatra suchen Familienmitglieder nach ihren Angehörigen. Sie gehen lange Listen durch, auf denen Namen von Toten zu lesen sind. Andere warten vor dem Krankenhaus, in der Hoffnung, dass Verwandte hier versorgt werden.
Auch Ivet Halimah sucht nach ihren Eltern. Sie seien auf diese Wassermassen nicht vorbereitet gewesen: „Am Donnerstagabend erfuhren wir, dass eine Flutwelle das Haus unserer Eltern zerstört hatte“, erzählt sie. „Wir versuchten, dorthin zu gelangen, schafften es aber nicht, weil die Straße blockiert und unpassierbar war.“
Erst einen Tag später hätten sie den Ort erreichen können, sagt Ivet Halimah. „Aber das Haus war weg. Es war unter einem abgerutschten Hang begraben.“
Opfer von Sri Lanka bis Thailand
Starke Monsunregenfälle hatten in mehreren Regionen Südostasiens und Südasiens Flüsse anschwellen lassen, Sturzbäche und Schlammlawinen bildeten sich. In Sri Lanka starben mehr als 400 Menschen. Auch Teile Thailands und Malaysias wurden überschwemmt, auch dort sind Tausende Menschen obdachlos und harren in Notunterkünften aus.
In der thailändischen Region rund um die Stadt Hat Yai nahe der Grenze zu Malaysia ist das Wasser mittlerweile abgeflossen. Die Menschen versuchen, aufzuräumen, Ordnung in das Chaos zu bringen. In vielen Geschäften ist die durchnässte, schlammige Ware nicht mehr zu verkaufen.
Die thailändische Regierung hat Entschädigungszahlungen für Haushalte angekündigt, die Familienangehörige verloren haben. Noch ist nicht klar, wie die Verteilung ablaufen soll.
Kritik an Behörden
Die Behörden hätten sie nicht gewarnt, sagen hier viele. Und die Rettungsarbeiten seien zu unkoordiniert abgelaufen. Die Trinkwasserversorgung läuft noch nicht wieder. Von Lastwagen werden Wasserflaschen verteilt.
Unterdessen sind medizinische Teams in den betroffenen Stadtvierteln im Einsatz, um verletzte Einwohner zu versorgen. Ein Arzt sieht die Folgen vielschichtig. „Abgesehen von den unmittelbaren Gesundheitsrisiken ist die psychische Belastung für die Opfer, die Angehörigen und die Gemeinschaft enorm“, sagt er. „Der Verlust, die Trauer. Wie können wir diese Verzweiflung lindern? Ein respektvoller Umgang mit den Verstorbenen ist äußerst wichtig.“
Die jährliche Monsunzeit bringt in Südostasien oft starke Regenfälle mit sich. Doch Meteorologen sagen, dass Extremwetterphänomene aufgrund des Klimawandels mittlerweile häufiger auftreten. In diesem Fall hätten mehrere Wettereinflüsse eine Rolle gespielt – insbesondere zeitgleich auftretende tropische Stürme hatten die Lage verschlimmert.
Source: tagesschau.de
