TV | „Slow Horses“ hinaus Apple TV: Fabelhaft abgezockt und elegant gespielt

Alle vier Staffeln der Serie „Slow Horses“ sind online streambar. Hintergründe und ein Tipp für Einsteiger von unserer Autorin, die großer Fan ist


Kristin Scott Thomas in „Slow Horses – Ein Fall für Jackson Lamb“

Foto: Apple TV+



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Vorab: die Streamingserie Slow Horses wird meiner Meinung nach nur gut finden, wer sie im englischen Original anschaut. Einmal waren wir zu Beginn einer Folge in die synchronisierte Fassung geraten – eine Bombe im Zentrum von London war bereits explodiert –, als uns plötzlich dämmerte, warum wir überhaupt nicht in die Handlung reinfanden. Die deutsche Synchronisation klischierte die Charaktere auf unironische Weise. Den britischen Underdog, das Snobishe der Upper Class.

Wenn zum Beispiel Diana Taverner, Vize-Chefin beim britischen Geheimdienst MI5 – fabelhaft abgezockt und elegant gespielt von Kristin Scott Thomas – notgedrungen mit ihrem Ex-Kollegen Jackson Lamb (Gary Oldmann) auf einer Parkbank Platz nehmen muss und sich gerade noch beherrschen kann, weil sie mit diesem abgewetzten Mann wieder einen Kuhhandel eingehen muss – dann geht das wirklich nur auf die feine englische Art. Für Slow Horses ist deshalb das Original anzuraten, mit Untertiteln, damit einem auch keine geistreiche Bemerkung entgeht.

Der Schriftsteller Mick Herron, auf dessen gleichnamiger Romanreihe die Serie basiert, sagt im Gespräch, dass er eigentlich über Bürointrigen schreiben wollte, über Leute, deren Karriere hoffnungslos stagniert. So hatte man das bisher nicht gesehen. Andererseits – als einer der Kollegen einmal erschossen sein soll, reißt sich der gefühlsresistente Nerd Roddy Ho (Christopher Chung) gleich dessen Computer unter den Nagel, noch während die anderen Kollegen tief getroffen die Nachricht vom Tod nicht fassen können.

Denn die Antihelden in Slow Horses sind natürlich die Guten, jedenfalls keine Intriganten, auch Roddy nicht. Und auf den unverhofften Einsätzen „in the field“ zeigen sie, dass sie doch etwas können, ziemlich viel, nur nicht Intrige, das können nur die beim richtigen MI5. Und weil da ständig Karrieristen etwas verbocken, was man vertuschen muss, führt für die ausgemusterten Agenten voraussichtlich niemals ein Weg zurück ins Haifischbecken.

Gnadenlos abkanzeln

„Surrounded by losers, misfits and boozers …“ – singt Mick Jagger programmatisch im Titelsong Strange Game. Lamb leitet die Gruppe, die in diese Zweigstelle des MI5 verbannt wurde. Sein geheimer Auftrag scheint dabei, „seine Joes“ so lange zu piesacken, bis er/sie den Job quittiert. Warum nur? Lamb würde sich jegliche Mutmaßung dazu verbieten, uns abkanzeln wie seine Assistentin Catherine Standish (Saskia Reeves), die – natürlich – ein dickes Fell hat.

Bisher führte also kein Fall aus der Verbannung. Zum Glück, sonst gäbe es keine Staffel fünf im nächsten Jahr. Zur Überbrückung ist der siebte Fall von Jackson Lamb als Buch bestellt – auf Deutsch.

Slow Horses Apple TV, vier Staffeln