TV-Duell: Joe Biden erklärt schwachen Auftritt mit Müdigkeit nachher Reisen

US-Präsident Joe Biden hat Müdigkeit nach internationalen Reisen für seinen schwachen Auftritt bei der ersten TV-Debatte vor der Präsidentschaftswahl verantwortlich gemacht. Es sei nicht sehr klug gewesen, kurz vor dem Duell „mehrmals um die Welt zu reisen“, sagte Biden am Dienstag (Ortszeit). „Ich habe nicht auf meine Mitarbeiter gehört (…) und dann ich bin auf der Bühne fast eingeschlafen.“ Es sei „keine Entschuldigung, aber eine Erklärung“.

Biden will den schlechten Eindruck aus der Debatte nun mit einer Serie öffentlicher Auftritte vergessen machen. Biden werde am Mittwoch Gouverneure und Spitzenparlamentarier der Demokraten treffen und am Freitag ein Fernsehinterview geben, kündigte seine Sprecherin Karine Jean-Pierre an. Kommende Woche werde er eine Pressekonferenz beim Nato-Gipfel geben und nach Wisconsin und Philadelphia reisen.

Biden hatte die Debatte mit Donald Trump in den Sand gesetzt, weil er sich verhaspelte, Sätze nicht zu Ende brachte und den Faden verlor. Der texanische Abgeordnete Lloyd Doggett forderte den 81-Jährigen als erster Demokrat im Kongress öffentlich auf, seine erneute Kandidatur zurückzuziehen. Sein Fraktionskollege Jared Golden schrieb in einem Zeitungsbeitrag, er rechne schon seit Längerem mit einem Wahlsieg Trumps. Der demokratische Senator Sheldon Whitehouse forderte Zusicherungen, dass sich Aussetzer wie während der Debatte nicht wiederholen würden. Die frühere Repräsentantenhausvorsitzende Nancy Pelosi sagte dem Sender MSNBC, es sei eine „berechtigte Frage“, ob Bidens Auftritt nur eine Episode gewesen sei oder seine Gesamtverfassung aufzeige. Der Präsident wisse, was auf dem Spiel stehe.

Jean-Pierre sagte, Biden habe nicht die Absicht aufzugeben und wolle jetzt „ein neues Kapitel aufschlagen“. Er sei in der Debatte erkältet gewesen und habe einen „schlechten Abend“ gehabt. Forderungen, der Präsident solle sich einem kognitiven Test unterziehen oder zusätzliche Informationen über seinen Gesundheitszustand herausgeben, wies sie zurück. Auf die Frage, ob Biden eine degenerative Krankheit oder Demenz habe, antwortete Jean-Pierre: „Nein“ und fügte mit Blick auf den 78-jährigen Trump hinzu: „Ich hoffe, Sie stellen dem anderen Typ die gleiche Frage.“ Trump hatte Biden zu einem kognitiven Test aufgefordert, dann aber durcheinandergebracht, wer ihn selbst getestet hatte.

Nur Michelle Obama könnte laut Umfrage Trump schlagen

Einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ipsos im Auftrag der Nachrichtenagentur Reuters zufolge würden 32 Prozent der US-Demokraten einen Rückzug Bidens befürworten. Eine offensichtliche Alternative zu Biden gibt es unter den Demokraten allerdings nicht. Wie aus der Erhebung hervorging, liegt Biden in der Wählergunst auch nach dem schwachen Auftritt faktisch gleichauf mit Trump. Auch Vizepräsidentin Kamala Harris könnte unter Einbezug der Fehlermarge von 3,5 Prozent noch mit Trump gleichziehen. Andere Demokraten, die als Ersatz für Biden diskutiert werden, liegen dagegen hinter dem Republikaner. 

Die Ausnahme ist Michelle Obama, die Trump mit 50 Prozent zu 39 Prozent schlagen würde. Die Ehefrau des Ex-Präsidenten Barack Obama hat jedoch erklärt, dass sie nicht für eine Kandidatur zur Verfügung steht.

Die Gouverneure Gavin Newsom aus Kalifornien, Gretchen Whitmer aus Michigan und J.B. Pritzker aus Illinois liegen dagegen alle mehr oder weniger deutlich hinter Trump. Vom Gouverneur von Kentucky, Andy Beshear, hatten 70 Prozent der befragten Demokraten nicht einmal gehört.