TV-Anschluss: Kabelfernsehen wird jetzt Mietersache

Der Telekommunikationskonzern Vodafone hat mit dem größten deutschen Wohnungsunternehmen Vonovia einen Vertrag für die TV- und Internetversorgung für 120.000 Wohneinheiten abgeschlossen. Die Mieter dort können von Juli an über den Kabelanschluss das Glasfasernetz von Vodafone nutzen und auch darüber ihr Signal für den Fernsehempfang des Anbieters beziehen. Durch den Vertrag luchst die Deutschlandgesellschaft des britischen Mobilfunkkonzerns der Deutschen Telekom einen Großkunden ab. Die Telekom hatte wiederum im Jahr 2013 den Vertrag von der damaligen Deutschen Annington bekommen, die heute Teil von Vonovia ist. Damals hatte die Telekom den Kabelbetreiber Unitymedia ausgestochen, der inzwischen zu Vodafone gehört.

Gerade die Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft sind für die Betreiber enorm wichtig, kommen von dort für sie doch viele Kunden. Das hängt mit der Historie zusammen, wie in Deutschland in die Röhre geschaut wird: Jahrzehntelang hat es beim Kabelfernsehen Sammelverträge gegeben, die mit dem Erfolg der vielen Programme Einzug in die Wohnungen gehalten haben. Kabelunternehmen schlossen Vereinbarungen mit Wohnungsbauunternehmen ab, womit sie lange Zeit sichere Kunden hatten. Die Mieter merkten gar nicht, von welchem Anbieter sie eigentlich das Fernsehsignal bekamen, das aus der Buchse kommt wie aus dem Hahn das Wasser. Die Gebühren dafür wurden über die Nebenkostenabrechnung abgegolten, weil die Eigentümer von Mehrfamilienhäusern die Gebühren eines Kabel-Sammelanschlusses auf alle Mieter umlegen konnten. Mieter profitierten unter Umständen davon, wenn sie Teil einer großen Wohneinheit waren und die Eigentümer mit dem Kabelanbieter Rabatte ausgehandelt hatten für die Fernsehgrundversorgung.

Zwischen 7 und 9 Euro zahlen Haushalte im Schnitt laut Marktforschung für ihren Kabelanschluss über die Nebenkosten, mal können es zehn Euro sein, mitunter auch mehr. Doppelt zahlen mussten all jene Mieter, die gar nicht über Kabel ihre Fernsehübertragung anschauen wollten, sondern etwa über Antenne, Satellit oder auch die internetbasierte Übertragung. Zum 1. Juli fällt die Umlage über die Nebenkosten aber weg, weil dann die Übergangsfrist eines Gesetzes abläuft, das schon seit mehr als eineinhalb Jahren in Kraft getreten ist.

Mehr als 12 Millionen Haushalte betroffen

Spätestens bis zum 30. Juni 2024 müssen Vermieter ihren Sammelvertrag also gekündigt haben, weil sie sonst auf ihren Kosten sitzen bleiben würden. Für Mieter kann es auf der anderen Seite bedeuten: Wenn sie sich nicht um einen neuen Kabelanschluss kümmern, kann ihnen im Haus der Kabelanschluss gesperrt werden. Von der Umlagefähigkeit der Kabelversorgung, was auch als Nebenkostenprivileg bekannt ist, sind rund 12 Millionen Haushalte in Deutschland betroffen, also etwas mehr als jeder Dritte.

Daher werben die Telekommunikationskonzerne derzeit so aktiv um die Mieter als Kunden, ob in TV-Werbung, Plakaten, in Sozialen Netzen oder ganz klassisch mit Handzetteln im Briefkasten oder Vertretern an der Haustür. „Damit Sie nicht Schwarz sehen!“ überschreibt etwa der Internetanbieter Netcologne seine Werbesendung und wirbt mit Rabatten, „damit alles bleibt, wie es ist“. So zahlen Kunden, die schon Internetverträge des Anbieters nutzen, nur 5 Euro mehr im Monat für alle Fernsehkanäle. Bei Vodafone beginnt das Fernsehpaket bei etwas unter 10 Euro im Monat. Auch die Wettbewerber wittern durch den Wegfall der Umlage Geschäfte: Darunter sind Anbieter wie der Satellitenbetreiber Astra oder auch internetbasierte Portale wie Waipu oder Zattoo, die über Apps auf Smart-TVs oder Zusatzgeräte den Empfang am Fernsehgerät ermöglichen und den Kabelbetreibern Kunden abjagen wollen. Auch die Telekom spürt nach eigenen Angaben einen enormen Zuwachs ihres Internet-Fernsehdienstes Magenta TV – für den Dax-Konzern kommt das Ende des Nebenkostenprivilegs doppelt passend, hat er sich doch für sein TV-Angebot die Rechte an der Fußball-Europameisterschaft gesichert.

Achtungserfolg für Vodafone

Der Vertrag mit Vonovia ist für Vodafone also ein Achtungserfolg in einem Geschäft, in dem Vodafone stark unter Druck steht. Schließlich ist das Düsseldorfer Unternehmen hierzulande der größte Anbieter von Kabelanschlüssen. Durch die Zukäufe von Kabel Deutschland und den Zusammenschluss mit Unitymedia kommt das Unternehmen allein über Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft auf 8,5 Millionen Fernsehkunden. Das deutsche Fernsehgeschäft stand bislang laut einer Investorenpräsentation für 800 Millionen Euro wiederkehrende Umsätze, fast zwei Drittel der Kunden nutzten bislang das Basisprogramm. Dem aktuellen Bericht zum abgelaufenen Geschäftsjahr zufolge rechnet das Unternehmen damit, bis zur Hälfte seiner 8,5 Millionen TV-Kunden aus früheren Kooperationen mit der Wohnungswirtschaft zu verlieren.

Eine Million Kunden wechselten schon in diesem Jahr, auch weil manche Kunden gar nicht über das Kabel Fernsehen schauen möchten, sondern ihnen Mediatheken und Apps reichen. Andere, vor allem ältere TV-Zuschauer, sind sicherlich von den vielen Fernbedienungen, Streamingdiensten und Angeboten überfordert und wollen einfach nur wie gewohnt weiter Fernsehen schauen. Auch um die wird hart gekämpft. Auch der Vertrag mit Vonovia bedeutet nicht, dass die Mieter dort an Vodafone gebunden sind. Sie können einen Direktvertrag mit dem Telekommunikationsanbieter abschließen, wenn sie über das Kabelnetz TV empfangen wollen – oder einen Dienst über das Internet nutzen.