Türkei: Papst Leo XIV. reist in die Türkei und lobt Präsident Erdoğan
Papst Leo XIV. hat den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan auf seiner ersten Auslandsreise für dessen Familienpolitik gelobt und die „besondere Rolle der Türkei“ betont. In Ankara wurde Leo von Erdoğan mit militärischen Ehren begrüßt. Bei einer Ansprache vor Spitzen von Staat und Gesellschaft hob der Papst die außenpolitische Rolle des Landes hervor. „Sie nehmen einen wichtigen Platz in der Gegenwart und Zukunft des Mittelmeerraums und der ganzen Welt ein“, sagte er.
Dabei verwies er auch auf die Vermittlerfunktion, die die Türkei bei verschiedenen Konflikten einnimmt. „Möge die Türkei eine Quelle der Stabilität und der Annäherung zwischen
den Völkern sein, im Dienste eines gerechten und dauerhaften Friedens“,
sagte Leo. Menschen, „die den Dialog fördern“, seien heute wichtiger denn je. Die Türkei nehme eine „besondere Rolle“ als Brücke zwischen dem Osten und dem Westen, Asien und Europa ein.
Papst ruft zu religiöser Toleranz auf
„Christen wollen einen positiven Beitrag zur Einheit“, sagte der Papst. „Sie sind und fühlen sich wie ein Teil der
türkischen Identität“, fügte er hinzu. Nach den Vertreibungen im frühen 20. Jahrhundert bilden Christen in dem Land nur noch eine Minderheit. Anfang des 20. Jahrhunderts töteten Soldaten des Osmanischen Reichs Hunderttausende
christliche Armenier – nach Einschätzung der meisten Historiker der
erste Völkermord des 20. Jahrhunderts. Die Türkei erkennt das Massaker bis heute nicht als Völkermord an.
„In einer Gesellschaft wie der türkischen, in der die Religion eine
sichtbare Rolle spielt, ist es von grundlegender Bedeutung, die Würde
und Freiheit aller Kinder Gottes zu achten: von Männern und Frauen,
Landsleuten und Ausländern, Armen und Reichen“, sagte Leo. Religionsfreiheit ist in der türkischen Verfassung verankert, aber in der Praxis eingeschränkt. Erdoğan und
seine islamisch-konservative AKP-Regierung fördern außerdem eine
stärkere Präsenz des Islams im öffentlichen Leben.
Erdoğan bezeichnete den Besuch des Papstes bei der türkischen Religionsbehörde Diyanet und den geplanten Besuch der Sultanahmet-Moschee als
„ein Zeichen seines Willens, konstruktive Beziehungen mit den Muslimen
auszubauen.“
Lob für Familien- und Frauenpolitik
Mit Blick auf die Familienpolitik Erdoğans begrüßte der Papst, dass die zentrale Rolle der Familie in der türkischen Kultur unterstützt werde. „Weder eine individualistische Kultur noch die Geringschätzung von Ehe
und Fruchtbarkeit bieten den Menschen mehr Lebensmöglichkeiten und
Glück“, sagte Leo. Auch die Initiativen für Frauen lobte er. Diese stellten sich durch Studium und berufliche, kulturelle und politische Teilnahme zunehmend in den Dienst des Landes.
Am Nachmittag flog Leo XIV. von der Hauptstadt Ankara nach Istanbul. Nach seinem viertägigen Türkeibesuch will der Papst in den Libanon weiterreisen.