Türkei: Inhaftierter PKK-Lotse Öcalan erhält erstmals seit dieser Zeit Jahren Besuch

Dem in der Türkei inhaftierten Anführer der kurdischen Arbeiterpartei PKK, Abdullah Öcalan, ist erstmals seit Jahren wieder Besuch gestattet worden. Ömer Öcalan, Abgeordneter der linken, prokurdischen Partei DEM und Neffe des PKK-Führers, durfte diesen am Mittwoch auf der im Marmarameer gelegenen Gefängnisinsel İmralı besuchen.

Seinem Onkel gehe es gut, schrieb er im Anschluss auf der Plattform X. Der DEM-Politiker zitierte den lebenslang inhaftierten Anführer der PKK mit dem Satz: „Wenn die Bedingungen gegeben sind, habe ich die theoretische und praktische Kraft, diesen Prozess von der Ebene des Konflikts und der Gewalt auf eine politische und rechtliche Ebene zu bringen.“ Öcalan äußerte sich damit zu dem seit mehreren Jahrzehnten andauernden Konflikt zwischen der verbotenen PKK und dem türkischen Staat – und zu einer möglichen Annäherung.

MHP bringt mögliche Freilassung Öcalans ins Spiel

Der Besuch bei Öcalan fand in einer für die Türkei politisch turbulenten Zeit statt. Erst kürzlich brachte überraschend Devlet Bahçeli, Vorsitzender der ultranationalistischen Partei MHP, einen möglichen neuen Friedensprozess mit der kurdischen Arbeiterpartei ins Spiel. Die MHP ist Koalitionspartner der AKP von Recep Tayyip Erdoğan. Bahçeli sprach gar von einer möglichen Freilassung Öcalans. Allerdings knüpfte er diese an eine Entwaffnung der PKK. Erdoğan sprach im Anschluss von einer „historischen“ Gelegenheit. Der letzte Friedensprozess zwischen der türkischen Regierung und der verbotenen Arbeiterpartei war 2015 gescheitert und der Konflikt im Südosten der Türkei eskaliert.

Zudem fällt der Besuch bei Öcalan mit einem Anschlag am Mittwoch in der Nähe der Hauptstadt Ankara zusammen. Bei einem Angriff auf ein staatliches Rüstungsunternehmen waren fünf Menschen getötet worden. Die türkische Regierung macht die PKK für den Terroranschlag verantwortlich und ließ noch in der Nacht als Reaktion Ziele in kurdischen Gebieten in Syrien und dem Irak angreifen. Welche Auswirkungen die jüngste Eskalation auf einen etwaigen neuen Friedensprozess haben wird, ist noch offen.

PKK als Terrororganisation eingestuft

Die Anwälte Öcalans beklagen seit Langem, ihnen werde der Zugang zu ihrem Mandanten verwehrt. Der letzte Kontakt zu Öcalan, der in Isolationshaft sitzt, war laut seiner Anwältin ein kurzes Telefonat im März 2021. Der PKK-Führer ist seit 1999 inhaftiert.

Die sozialistisch geprägte Arbeiterpartei Kurdistans kämpft – inzwischen als Untergrundorganisation – für die Autonomie kurdischer Gebiete. Der PKK und ihren Splitterorganisationen werden zahlreiche Anschläge zugerechnet. Von der Türkei, der EU und den USA wird sie als Terrororganisation eingestuft.