Türkei: Gericht verurteilt prokurdischen Politiker zu 42 Jahren Haft

Ein türkisches Gericht hat Medienberichten zufolge den früheren Vorsitzenden der pro-kurdischen HDP-Partei, Selahattin Demirtaş, zu 42 Jahren Gefängnis verurteilt. Dem bereits seit 2016 inhaftierten Demirtaş wurde unter anderem seine angebliche Rolle bei gewaltsamen Protesten im Jahr 2014 gegen die Belagerung der nordsyrischen Stadt Kobane durch die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) vorgeworfen. 

Die frühere Ko-Vorsitzende der HDP, Figen Yüksekdağ, wurde zu 30 Jahren und drei Monaten Haft verurteilt.

Demirtaş übte in den vergangenen Jahren aus dem Gefängnis heraus noch großen Einfluss auf seine Partei und Anhänger aus. Immer wieder meldete er sich zu aktuellen politischen Themen über Twitter zu Wort. Er hatte – wie seine Partei – vor der türkischen Parlaments- und Präsidentenwahl im vergangenen Jahr zur Unterstützung des Oppositionsführers Kemal Kılıçdaroğlu aufgerufen. Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt unterlag Kılıçdaroğlu dem Amtsinhaber Recep Tayyip Erdoğan. Wenige Tage danach kündigte Demirtaş an, sich aus der Politik zurückzuziehen.

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat zuletzt 2020 die Freilassung des prokurdischen Politikers angeordnet. Erdoğan ignorierte das Urteil aber. Nach seinem Wahlsieg hatte Erdoğan in einer Rede gesagt, solange er an der Macht sei, komme Demirtaş nicht aus dem Gefängnis frei. Erdoğans Anhänger forderten daraufhin in Sprechchören die Wiedereinführung der Todesstrafe für Demirtaş. Erdoğan wirft der HDP vor, der verlängerte Arm der in der Türkei als Terrororganisation gelisteten verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK zu sein. Die HDP weist das zurück.