Türkei: Ekrem İmamoğlu denn Ortsvorsteher von Istanbul abgesetzt
Das türkische Innenministerium hat den in Untersuchungshaft sitzenden
Istanbuler Bürgermeister Ekrem İmamoğlu vorläufig seines Amtes enthoben. İmamoğlu sei von seinen Aufgaben suspendiert worden, teilte das
Innenministerium mit. Ein Gericht hatte die Inhaftierung des
Rivalen von Präsident Recep Tayyip Erdoğan zuvor mit
Korruptionsvorwürfen begründet.
Oppositionsvertreter sprechen von einem Staatsstreich. İmamoğlu selbst wandte sich erneut mit deutlichen Worten gegen das Verfahren gegen ihn. Es handele sich um eine „Hinrichtung ohne Gerichtsverfahren“, ließ der 53-jährige Politiker der Oppositionspartei CHP über seine Anwälte ausrichten.
Bundesregierung kritisiert Vorgehen gegen İmamoğlu
Auch die Bundesregierung hatte die Inhaftierung İmamoğlus zuvor kritisiert. Das Vorgehen sei ein schwerer Rückschlag für die Demokratie in der Türkei, sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes auf Anfrage der Nachrichtenagentur Reuters. „Politischer Wettbewerb darf nicht mit Gerichten und Gefängnissen geführt werden. Wir erwarten, dass die Vorwürfe schnellstmöglich transparent aufgeklärt werden und es ein Verfahren auf Basis rechtsstaatlicher Prinzipien gibt“, sagte der Sprecher.
Gleiches gelte für Vorwürfe gegen festgenommene Protestierende. „Die Einhaltung rechtsstaatlicher und demokratischer Prinzipien bleibt für unsere Beziehungen mit der Türkei ein zentraler Bestandteil – auf bilateraler Ebene und für die Beziehungen zwischen der Europäischen Union und der Türkei“, sagte der Sprecher des Außenministeriums.
Aussichtsreicher Erdoğan-Konkurrent
Am Sonntagmorgen hatte ein Gericht auf Antrag der türkischen Staatsanwaltschaft angeordnet, dass İmamoğlu in Untersuchungshaft muss. Ihm werden unter anderem Korruption und Terrorismus vorgeworfen, was der Istanbuler Bürgermeister bestreitet. Auch gegen İmamoğlus Berater und weitere involvierte Personen wurde Untersuchungshaft verhängt. Hintergrund der Terrorismusvorwürfe ist eine Kooperation zwischen der CHP und der prokurdischen Dem-Partei bei den Kommunalwahlen. Über diese Kooperation soll die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft versucht haben, ihren Einfluss auszuweiten.
İmamoğlus Partei CHP sprach von einem „politischen Staatsstreich“ und rief dazu auf, „weiterzukämpfen“. Der Oppositionspolitiker gab sich nach seiner Inhaftierung kämpferisch: „Ich stehe aufrecht, ich werde mich niemals beugen, alles wird gut“, ließ er über seine Anwälte auf X mitteilen. Landesweit gingen in den vergangenen Tagen Hunderttausende Menschen auf die Straße, um für die Freilassung İmamoğlus zu demonstrieren.
Der Oppositionspolitiker und Widersacher von Präsident Erdoğan war am Mittwoch festgenommen worden, wenige Tage vor seiner geplanten Nominierung als Präsidentschaftskandidat der größten Oppositionspartei CHP. Er gilt als aussichtsreicher Gegenkandidat für die nächste Präsidentschaftswahl 2028 in der Türkei. Ungeachtet der Maßnahmen gegen ihren Spitzenkandidaten hatte die Partei angekündigt, im Kampf um die Präsidentschaft an İmamoğlu festhalten zu wollen.