TSMC in Dresden: Ein üppiges Geschenk zum Besten von dasjenige neue Chipwerk

Zu einer guten Party bringt Ursula von der Leyen schon mal ein üppiges Gastgeschenk mit. Beim feierlichen Spatenstich für die neue Chipfabrik des taiwanischen Halbleiterkonzerns TSMC und der europäischen Partner Bosch , Infineon und NXP in Dresden hatte die EU-Kommissionspräsidentin jedenfalls gute Nachrichten im Gepäck. „Heute früh hatte ich Gelegenheit, staatliche Hilfe für dieses Projekt in Höhe von fünf Milliarden Euro zu autorisieren“, sagte von der Leyen in ihrer Grußbotschaft vor mehreren Hundert geladenen Gästen.

Unter ihnen war auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der die Beihilfe für das zehn Milliarden schwere Projekt zugesagt hat und beim Spatenstich versprach, dass die Bundesregierung die Unterstützung der Halbleiterindustrie auch in den nächsten Jahren fortsetzen werde. „Wenn wir es nicht tun, tun es andere, und unsere Abhängigkeit wächst“, begründete der Kanzler die Subventionen für die Halbleiterindustrie.

Wer die Digitalisierung und Dekarbonisierung der Wirtschaft vorantreiben wolle, sei auf Halbleiter angewiesen, sagte er weiter. „Das ist erst der Anfang“, sagte von der Leyen zum Beihilfeentscheid aus Brüssel. Sie wolle im kommenden EU-Haushaltsplan einen neuen Fonds für Investitionen in strategisch wichtige Technologien vorschlagen. „Die nächste EU-Kommission muss und wird eine Investitionskommission sein.“

Hier soll das neue Chipwerk entstehen.
Hier soll das neue Chipwerk entstehen.Bloomberg

Die neue Fabrik der European Semiconductor Manufacturing Company (ESMC), eines Gemeinschaftsunternehmens von TSMC, Bosch, Infineon und NXP, ist ein Teil der Halbleiterstrategie der Bundesregierung. Dazu gehört auch die geplante Neuansiedlung von Intel in Magdeburg, wo der US-Konzern in den kommenden Jahren bis zu 30 Milliarden Euro investieren will. Die zugesagten Beihilfen der Bundesregierung in Höhe von rund zehn Milliarden Euro hat Brüssel bislang noch nicht bestätigt. Der eigentlich für dieses Jahr geplante Spatenstich von Intel in Magdeburg lässt noch auf sich warten. Der Konzern ist inzwischen auf Sparkurs und hat den Abbau von 15.000 Arbeitsplätzen auf der ganzen Welt angekündigt, will aber an seinen Investitionen festhalten.

Im saarländischen Ensdorf, wo das US-Chipunternehmen Wolfspeed eine Fabrik für rund 2,7 Milliarden Euro bauen will, gibt es ebenfalls Verzögerungen. Wolf­speed hat zuletzt mitgeteilt, dass mit dem Baubeginn erst 2025 zu rechnen sei. Ein weiteres Vorhaben in Dresden unweit der neuen Fabrik von ESMC kommt dagegen wie geplant voran. Ab September 2025 soll die neue Fabrik von Infineon mit Maschinen ausgerüstet werden. Die Produktion soll im Folgejahr beginnen. Infineon steckt fünf Milliarden Euro in die Erweiterung und will über 1000 neue Stellen schaffen. Die staatlichen Beihilfen sollen sich auf rund eine Milliarde Euro belaufen, sind allerdings auch noch nicht bestätigt worden.

Auch Fachkräfte aus Taiwan sollen die Arbeit in Dresden unterstützen

Für TSMC, den weltgrößten Auftragsproduzenten von Silizium-Mikroelektronik, ist Dresden der erste Fertigungsstandort in Europa. Der Konzern hält 70 Prozent am Gemeinschaftsunternehmen ESMC. Die europäischen Partner Bosch, Infineon und NXP, die allesamt eigene Fertigungsstätten in Dresden betreiben, halten jeweils zehn Prozent am Joint Venture. In der Fabrik in Dresden sollen vor allem Mikrochips für die Automobilindustrie hergestellt werden.

Im Gegensatz zu den Chips für Hochleistungs-Smartphones sollen die Halbleiter aus dem neuen Werk nicht in den neuesten 3- oder 4-Nanometer-Verfahren hergestellt werden, sondern mit höheren Strukturbreiten. Solche Chips sind in der Autobranche gängig. Mit der Ausbreitung vernetzter Fahrzeuge und Elektroautos werden immer mehr davon benötigt. Die Produktion von ESMC in Dresden soll Ende 2027 beginnen. Rund 2000 neue Arbeitsplätze sollen entstehen.

Die Kommission betonte am Dienstag, die Anlage in Dresden werde ein offener Fertigungsbetrieb sein, die Kunden könnten also Chips ganz nach ihren Wünschen in Auftrag geben. Zudem gebe es die Zusagen, kleine und mittlere Unternehmen und Start-ups in Europa gezielt zu unterstützen, um deren Know-how und Kompetenzen zu stärken. Auch europäische Hochschulen sollen demnach Zugang zu den Produktionskapazitäten erhalten, wodurch auch die Forschung und die Wissenserzeugung in Europa gefördert würden. Grundlage für die Genehmigung der Milliardensubventionen für die Fa­brik in Dresden ist das europäische Förderprogramm Chips Act. Das Gesetz soll dazu beitragen, den Anteil der EU an der globalen Halbleiterproduktion bis 2030 von 10 auf 20 Prozent zu erhöhen.

„Dresden ist der führende Mikroelek­tronikstandort Europas“, sagte Michael Kretschmer (CDU), der sächsische Ministerpräsident, in seiner Grußbotschaft zum Spatenstich von ESMC. Kretschmer befindet sich in der heißen Phase des Wahlkampfs vor der Anfang September anstehenden Landtagswahl in Sachsen; die CDU liegt in Umfragen Kopf an Kopf mit der AfD. „Wir haben viel erreicht, aber es ist noch mehr möglich, und das wollen wir auch realisieren“, sagte Kretschmer mit Blick auf den Wirtschaftsstandort.

Das Silicon Saxony, der Mikroelektronikstandort, stößt allerdings an seine Grenzen. Vor allem der Fachkräftemangel treibt die lokale Wirtschaft um. Bis 2030 sollen noch einmal mehr als 20.000 Arbeitsplätze rund um die Halbleiterindustrie entstehen, und die Zahl der Beschäftigten in der Branche soll in Sachsen auf mehr als 100.000 steigen. Der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) hat deshalb einen Fachkräftedialog der Mikroelektronikindustrie mit Kammern und Verbänden anderer Branchen gestartet, der die Arbeitsmarkt- und Ausbildungsstrukturen stärken soll.

ESMC hat die Suche nach Fachkräften für den Standort Dresden längst begonnen. In diesen Tagen kehren die ersten dreißig Studenten sächsischer Hochschulen aus Taiwan zurück. Sie haben dort sechs Monate studiert und Praktika bei TSMC absolviert. Im kommenden Jahr soll eine duale Ausbildung in den Berufen Mikrotechnologe und Mechatroniker beginnen. Im Januar 2025 will das Unternehmen auf der Ausbildungsmesse Karrierestart in Dresden präsent sein. Auch Fachkräfte aus Taiwan sollen die Arbeit in Dresden unterstützen.