Trotz Haushaltsnöten: Weitere 4 Milliarden pro Kita-Qualität
Trotz Haushaltsnöten will die Ampelkoalition weitere Milliarden zur Bewältigung der Kitakrise bereitstellen. Das Kabinett beschloss am Dienstagnachmittag im Umlaufverfahren den Entwurf zum weiterentwickelten Kita-Qualitätsgesetz. Wie schon 2023 und im laufenden Jahr sollen die Länder zusammen für die Jahre 2025 und 2026 vom Bund nochmals rund 4 Milliarden Euro erhalten, um Qualität und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung zu verbessern.
Der Gesetzentwurf nennt sieben für die Kita-Qualität besonders wichtige Handlungsfelder, auf denen die Länder die Bundesmittel einsetzen können. Dazu gehören ein bedarfsgerechtes Kita-Angebot, der Fachkraft-Kind-Schlüssel, Sprachförderung sowie ausgewogene Ernährung in der Kita.
Den Schwerpunkt setze man aber bei der Gewinnung und Sicherung von Fachpersonal, hob Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) am Mittwoch hervor. Nach Angaben ihres Ministeriums könnten im Jahr 2030 zwischen 50.000 und 90.000 Fachkräfte in den Kitas fehlen. Der Paritätische Gesamtverband geht sogar von 125.000 fehlenden Fachkräften aus und bezieht dabei auch Fehlzeiten durch Urlaub, Krankheiten und Elternzeit ein.
Unterschiedliche Qualität der Kindertagesbetreuung
Die Qualität der Kindertagesbetreuung ist bundesweit sehr unterschiedlich. Das zeigt sich vor allem beim Personalschlüssel. Besonders groß ist die Personalnot in Kitas mit vielen Kindern aus sozioökonomisch schwachen Familien. Im Koalitionsvertrag hatten die Ampelparteien vereinbart, ein Qualitätsentwicklungsgesetz mit bundesweiten Standards einzuführen. Der nun vom Kabinett beschlossene Entwurf für das weiterentwickelte Kita-Qualitätsgesetz legt solche Standards aber nicht fest.
Eine vom Familienministerium eingesetzte Arbeitsgruppe hatte indessen bundesweit einheitliche Vorgaben für die Kitas empfohlen. Entsprechende Forderungen kamen in der Ressortabstimmung ebenfalls von Politikern der Ampelpartner SPD und FDP. Doch überwog am Ende offenbar das gemeinsame Bestreben, ein Signal für eine bessere Kita-Qualität in Deutschland zu setzen und damit auch Hemmnisse für die Gewinnung von Müttern für den Arbeitsmarkt abzubauen sowie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern.
„Verpasste Chance“
Auch wenn es „absolut richtig“ sei, dass der Bund die Länder bei der Stärkung der Kita-Qualität unterstütze, „ ist es bedauerlich, dass Ministerin Paus keine verbindlichen einheitlichen Standards definieren wollte“, sagte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gyde Jensen der F.A.Z. Gerade bei der frühkindlichen Bildung dürfe man keine Zeit verlieren. Auch Fachleute übten an diesem Punkt des Gesetzentwurfs Kritik. „Dass es keine bundeseinheitlichen Standards geben soll, ist eine verpasste Chance“, monierte Tobias Ernst, Vorstand der Stiftung Kinder forschen. Vor allem im Sinne der Chancen- und Bildungsgerechtigkeit seien Qualitätsstandards in der Kita wichtig, sagte er der F.A.Z.
Paus hatte zuvor versichert, „unser Ziel sind gleichwertige Standards bei der frühkindlichen Bildung in allen Kitas“. Das neue Kita-Qualitätsgesetz sei ein „Zwischenschritt für die Entwicklung nationaler Bildungsstandards in Abstimmung mit den Ländern, sobald die Voraussetzungen dafür vorliegen“, hieß es in einer Mitteilung ihres Ministeriums. Die Länder hätten signalisiert, dass eine Umsetzung bundeseinheitlicher Standards derzeit nicht möglich sei; dafür sei die Ausgangslage bei der Qualität der Kita-Betreuung noch zu unterschiedlich.
Schon unter der Vorgängerregierung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte der Bund mit der finanziellen Unterstützung frühkindlicher Bildung und Betreuung begonnen. Den Anfang machte das 2019 in kraft getretene Gute-Kita-Gesetz unter Federführung der damaligen Familienministerin Franziska Giffey (SPD). 2023 folgte das Kita-Qualitätsgesetz der Ampelkoalition.
Union kritisiert lange Übergangsfrist
Ursprünglich konnten die Länder die gesamten Bundesmittel nutzen, um Kita-Beiträge zu senken oder abzuschaffen. Seit 2023 darf dafür nur noch knapp die Hälfte der Gelder verwendet werden. Diese Option soll nach dem Kabinettsentwurf nun Ende kommenden Jahres komplett wegfallen. Jensen sagte dazu, „die strengere Zweckbindung können wir Freien Demokraten nur begrüßen. Niemand hat etwas von einer gebührenfreien Kita mit eingeschränkten Öffnungszeiten und verminderten Qualitätsstandards.“
Die Unionsfraktion kritisierte die lange Übergangsfrist, in der die Länder die Bundesmittel weiterhin zur Beitragssenkung verwenden können sollen. Die Ampelregierung setze damit „falsche Prioritäten“, monierte die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher. Die Bundesmittel sollten künftig ausschließlich für Investitionen in die Kitaqualität genutzt werden.
Im ursprünglichen Gesetzentwurf war vorgesehen, dass die Länder die Milliarden des Bundes zur Kita-Förderung ab Mitte 2025 nicht mehr nutzen dürfen, um Eltern bei den Gebühren zu entlasten. Die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig (SPD), lobte, dass die Mittel nun bis Ende 2025 verwendet werden könnten, um den Eltern Kita-Beiträge zu ersparen. Dafür habe sich Mecklenburg-Vorpommern eingesetzt. Das Bundesland hatte 2020 die beitragsfreie Kita eingeführt. Dabei werde es auch nach 2025 bleiben, versicherte Schwesig. Die beitragsfreie Kita werde schon bisher überwiegend aus Landesmitteln finanziert.
Aus dem Bundesfamilienministerium hieß es, man gehe nicht davon aus, dass es aufgrund der Neuregelung zu einer Erhöhung von Kita-Gebühren komme. Der Anteil der Bundesmittel, den die Länder zur Beitragsentlastung verwendeten, gehe seit Jahren zurück. Aktuell liege er bei rund 15 Prozent. Neben Mecklenburg-Vorpommern nutzten nur noch Sachsen-Anhalt und Thüringen sowie Bayern, das Saarland und Nordrhein-Westfalen die Option, Bundesmittel für die Senkung oder Abschaffung von Kita-Beiträgen einzusetzen.