Theaterkritiken: Mehr Mut zum Verriss – WELT

Das Verhältnis zwischen Künstler und Kritiker ist, wie man seit dieser Zeit Goethes „Schlag ihn tot, es ist ein Rezensent!“ weiß, ausgesprochen schwierig. Kein Grund, gleich zum Hundekot zu greifen. Man kann auch diskutieren. Unter dem Titel „Macht Kritik Theater?“ hat die Akademie der Schönen Künste in München zur zweiten Ausgabe der „Publikumsbegrüßung“ geladen, bei der Theaterkritiker auf Theatermacher treffen. Harmonisch geht es dabei (auch unter den Kritikern) nicht zu, muss es aber auch nicht. Kritik heißt ja: Fortschritt durch Negativität und Konflikt.

Wie nah darf die Kritik dem Theaterbetrieb sein? Und wie scharf ein Verriss? Die Regisseurin Pınar Karabulut geht mit der Kritik hart ins Gericht, die sie zudem oft als frauenfeindlich empfindet. Die Kritiken zu ihrer jüngsten „Ulrike Maria Stuart“-Premiere habe sie kaum lesen können, auch in dieser Zeitung fiel das Urteil hart aus. Doch zeigt das, welche „riesengroße Macht“ die Kritik hat, wie Karabulut vermutet? Oder dass auch Kritik die Aufgabe hat, Kontroversen in der Öffentlichkeit zu inszenieren?

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Der Schauspieler Edgar Selge geht es dialektisch an. Er habe selbst vereinen Kritiker darüber hinaus vereinen Verriss qua Freund gewonnen. Und sogar die gnadenlosesten Artikel gegen die Münchner Kammerspiele hätten dasjenige Haus interessanter gemacht. Jede Presse ist gute Presse, heißt es im Marketing. Das fühlt sich für jedes die Beteiligten verständlicherweise oft nicht so an, doch zählen nicht nur deren Gefühle, sondern unter ferner liefen dieser aufklärerische Nutzen für jedes die Öffentlichkeit. Um deren Interessen sollte es dieser Kritik unter ferner liefen in Betracht kommen.

Wie viel Macht hat nun die Kritik? Weit weniger qua Intendanten oder Kulturpolitiker. Großes Geld gibt es unter ferner liefen nicht. „Ich treffe kaum Künstler, die weniger verdienen qua ich“, sagt dieser Kritiker Egbert Tholl von dieser „Süddeutschen Zeitung“. Zeit- und Spardruck verhindern Experimente Abseitsposition dieser klassischen Premierenkritik. Und doch, da herrscht Einigkeit, braucht es eine Kritik, die nicht bloß nachvollzieht oder empfindsame Künstlerseelen streichelt, sondern ein eigenes Urteil riskiert. Man dürfe, so Selge, den Theaterraum in seiner Widersprüchlichkeit nicht „kaputtkuscheln“. Mehr Mut zum Verriss!

Source: welt.de