Tesla stoppt den Ausbau – Wer hat’s erreicht?
Ist es ein Etappensieg für die Mobilisierung von Anwohnern und Umweltschützern? Medienberichten zufolge legt Tesla die umstrittene Erweiterung seiner Gigafactory nahe Berlin, die erst im Juli genehmigt worden war, auf Eis. Tesla hat auf eine Nachfrage des Freitag zwar nicht reagiert, aber wahrscheinlich ist eher die Absatzschwäche des E-Auto-Bauers der Grund. Elon Musk hatte schon im April dieses Jahres angekündigt, weltweit zehn Prozent der Stellen streichen zu wollen, 400 davon in Grünheide. Reuters hatte kurz vorher gemeldet, das angekündigte günstigste Tesla Model 2 werde wohl doch nicht entwickelt. Ende Juli sagte Musk dann, es werde doch kommen, wenn auch wohl teurer als geplant.
Bisher keine politischen Konsequenzen
Tatsächlich ist es frustrierend, wie wenig Proteste, demokratische Abstimmungen, gewerkschaftliche Organisierung und investigative Recherchen bisher gegen Tesla ausrichten konnten. Ein Investigativ-Team von Stern und RTL legte 2023 eine beeindruckende Recherche über schlimme Arbeitsbedingungen und häufige Arbeitsunfälle vor. Politische Konsequenzen? Keine.
Das legt jedenfalls eine Recherche von „Frag den Staat“ nahe, die die Protokolle der regelmäßigen Konferenzen der Brandenburger Landesregierung mit Tesla veröffentlichte. Darin findet sich zu den berichteten Havarien und Rechtsverstößen: nichts. Und erst letzte Woche meldete die Märkische Oderzeitung, dass sich die Grundwasserqualität unter der Gigafactory verschlechtert hat. Die Politik wäre also längst gefragt gewesen, ihre Versäumnisse einzuräumen.
Mobilisierung gegen Missstände
Bei Tesla in Grünheide kommen die großen Herausforderungen unserer Zeit – demokratische Glaubwürdigkeit, Ausbeutung, Klimakrise – zusammen. Es bleibt eine offene Frage, wie sie zusammengeführt und gewonnen werden können. Wie mobilisiert man politische Entscheidungsträger noch im Sinne der Bürger, die sie vertreten sollen? Wie kann genug Macht aufgebaut werden, damit Elon Musk seine Entscheidungen davon – und nicht von einbrechenden Profitraten – abhängig machen muss?
Vor diesem Hintergrund zeigt sich, wie hart die ersten Siege erkämpft worden sind. Mit direkter Ansprache vor Ort hat „Tesla den Hahn abdrehen“ es geschafft, dass die Einwohner von Grünheide im Februar 2024 gegen die Erweiterung gestimmt haben. Die IG Metall macht beharrliche Erschließungsarbeit. Mittlerweile haben sich mehr als 1.000 Beschäftigte im Werk zur Gewerkschaft bekannt, was viel Mut erfordert haben dürfte; die IG Metall stellt die größte Gruppe im Betriebsrat. Wie es mit Tesla am Markt weitergeht, wissen wir gerade nicht. Aber Presse, Aktivisten und Gewerkschaften sollten jetzt nicht nachlassen.