Tariflöhne: Institut verzeichnet höchsten Reallohnzuwachs seit dieser Zeit Jahren
Die Reallöhne sind in Deutschland in diesem Jahr so stark gestiegen wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. Nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaflichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung stiegen die Tariflöhne nach den bisherigen Abschlüssen im ersten Halbjahr 2024 um 5,6 Prozent. Inflationsbereinigt ergibt das einen Wert von 3,1 Prozent.
Einen derartig hohen Wert verzeichnete das Institut nicht, seit es 2010 mit der Erfassung begonnen hat. Die bislang höchste Steigerung der Reallöhne gab es demnach 2015 mit einem Wert von 2,2 Prozent. Zwar waren den WSI-Angaben zufolge bereits im vergangenen Jahr die Tariflöhne um 5,5 Prozent und damit fast genauso stark gestiegen wie im laufenden Jahr. Wegen der hohen Inflation sind die realen Löhne 2023 allerdings um 0,4 Prozent gesunken.
Die Kaufkraftverluste der vergangenen Jahre können die Lohnerhöhungen daher nicht ausgleichen: Nachdem die realen Tariflöhne 2021 um 1,4 Prozent und 2022 um 3,9 Prozent gesunken waren, lägen sie derzeit nach wie vor etwa drei Prozent unter dem Wert von 2020 und in etwa auf dem Niveau von 2018, teilte das WSI mit.
Tarifsteigerungen für 20 Millionen Beschäftigte
„In diesem Jahr schaffen die kräftigen Reallohnzuwächse erstmals einen deutlichen Ausgleich für den massiven Reallohnrückgang der Jahre 2021 und 2022 und das kleine Minus 2023“, sagte der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Thorsten Schulten. Die Forschenden sehen aber mit Blick auf den Reallohnverlust im Vergleich zum Vorkrisenjahr 2019 demnach weiterhin einen „erheblichen Nachholbedarf“ bei der Tariflohnentwicklung.
Im ersten Halbjahr 2024 wurden dem WSI zufolge neue Tarifverträge für etwa 8,1 Millionen Beschäftigte abgeschlossen. Hinzu kommen bereits 2023 oder früher beschlossene Tarifsteigerungen für weitere fast zwölf Millionen Beschäftigte.
Die Neuabschlüsse waren demnach in diesem Jahr besonders hoch: Durchschnittlich sahen sie den Angaben zufolge Lohnsteigerungen von 7,6 Prozent vor. Der Grund dafür ist dem Institut zufolge, dass diese Abschlüsse in großen Tarifbranchen wie dem Bauhauptgewerbe, Einzel- sowie Groß- und Außenhandel getätigt wurden. Dort lagen bisherige Tariferhöhungen mehrere Jahre zurück.
Fast 50 Prozent arbeiten ohne Tarifvertrag, Tarifbindung nimmt ab
Einen ebenfalls wichtigen Beitrag leisteten demnach auch die gezahlten Inflationsausgleichsprämien, die je nach Branche bis zu 3.000 Euro betrugen. Die seien jedoch „durchaus ein zweischneidiges Schwert“, sagte Tarifexperte Schulten. „Auf der einen Seite haben sie kurzfristig geholfen, Kaufkraftverluste zu begrenzen, und sorgen in diesem Jahr für besonders hohe Reallohnzuwächse.“ Andererseits sei schon jetzt absehbar, „dass sich der Wegfall der Inflationsausgleichsprämien im Jahr 2025 stark dämpfend auf die Tariflohnentwicklung auswirken wird“.
Das WSI untersuchte zudem nur die Entwicklung der Tariflöhne, nicht aller Löhne insgesamt. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes arbeitet jedoch etwa die Hälfte der Beschäftigten tariffrei: Im vergangenen Jahr galt demnach für 44 Prozent der Beschäftigten ein Branchen- und für sieben Prozent ein Firmentarifvertrag. 49 Prozent arbeiteten tariffrei.
Die Tarifbindung nimmt damit kontinuierlich ab: Vor zehn Jahren hatten 40 Prozent der Beschäftigten keinen Tarifvertrag, vor 20 Jahren 32 Prozent. 1998 hatte der Wert sogar nur bei 24 Prozent gelegen. Die Zahl der Arbeitnehmer ohne Tarifbindung hat sich somit in einem Vierteljahrhundert verdoppelt.
Die Reallöhne sind in Deutschland in diesem Jahr so stark gestiegen wie seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr. Nach Angaben des Wirtschafts- und Sozialwissenschaflichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung stiegen die Tariflöhne nach den bisherigen Abschlüssen im ersten Halbjahr 2024 um 5,6 Prozent. Inflationsbereinigt ergibt das einen Wert von 3,1 Prozent.
Einen derartig hohen Wert verzeichnete das Institut nicht, seit es 2010 mit der Erfassung begonnen hat. Die bislang höchste Steigerung der Reallöhne gab es demnach 2015 mit einem Wert von 2,2 Prozent. Zwar waren den WSI-Angaben zufolge bereits im vergangenen Jahr die Tariflöhne um 5,5 Prozent und damit fast genauso stark gestiegen wie im laufenden Jahr. Wegen der hohen Inflation sind die realen Löhne 2023 allerdings um 0,4 Prozent gesunken.