Tarifkonflikt: Was die Lufthansa-Piloten verlangen

Passagieren der Deutschen Lufthansa können schon im Herbst Flugausfälle wegen Streiks drohen. Die Gewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC) hat am Freitag eine Urabstimmung für die knapp 5000 Piloten der Kernmarke Lufthansa und des Frachtfliegers Lufthansa Cargo eingeleitet. Grund sind Differenzen über den Tarifvertrag zur betrieblichen Altersvorsorge, Verhandlungen darüber hatte die VC für gescheitert erklärt. Die Abstimmung über mögliche Ausstände läuft laut VC-Angaben „voraussichtlich bis Ende des Monats“.
Die Gewerkschaft zeigt sich verstimmt. „Lufthansa hatte sieben Verhandlungsrunden Zeit, ein ernsthaftes Angebot vorzulegen, und hat diese Möglichkeit nicht genutzt“, sagte VC-Präsident Andreas Pinheiro. „Es läuft immer nach demselben Muster: Der Arbeitgeber blockiert und mauert, lehnt alles ab, geht auf keinen Kompromiss ein – und beklagt sich anschließend, wenn wir den Verhandlungstisch verlassen.“
Der Konzern will sich aktuell nicht zum Verlauf der Gespräche äußern. Doch auch dort scheint man verstimmt. In Konzernkreisen heißt es, die VC sei mit „Extremforderungen“ in die Gespräche gegangen, die eine Verdreifachung der Arbeitgeberaufwendungen für die betriebliche Altersvorsorge der Piloten der Kernmarke bedeutet hätten. Die VC soll sich in Verhandlungen zwar etwas bewegt haben, die Mehrkosten wären dennoch groß geblieben.
Verstimmung auf beiden Seiten
Die Fronten scheinen regelrecht verhärtet. Ein Pilotenvotum für Ausstände würde der VC die Möglichkeit eröffnen, zeitnah bei der Lufthansa-Kernmarke zu streiken. Denn mit Blick auf den Tarifvertrag für die Pilotengehälter, der noch mehr als ein Jahr läuft, wäre man vorerst zum Stillhalten gezwungen. Unmut hat sich aber aufgestaut.
Man ärgert sich, dass der Konzern junge Betriebseinheiten mit niedrigeren Vergütungsregeln wie Lufthansa City Airlines für Städteverbindungen und Discover Airlines für Urlauberflüge wachsen lässt, die zuletzt defizitäre Kernmarke aber stagnieren lässt. Bei Discover wurde überdies nicht mit der VC, sondern mit Verdi ein Tarifvertrag für Piloten geschlossen. Ausgesprochen wird dieser Unmut nicht, allgemeine Kritik an der Konzernstrategie wäre kein zulässiger Streikgrund. Den kann der Tarifstreit um die betriebliche Altersvorsorge liefern.
Betriebliche Altersvorsorge im Fokus
Die war 2017 umgestellt worden, von garantierten Auszahlungen des Konzerns an Piloten im Ruhestand hin zu garantierten Einzahlungen. Auf Einkünfte bis zur Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung – aktuell 96.600 Euro im Jahr – zahlt Lufthansa im Wert von 5,2 Prozent der Gehälter ein, auf Einkünfte darüber, die viele Piloten haben, ist es mit 20,8 Prozent das Vierfache.
Das Geld wird über einen Fonds angelegt, die Renditen bleiben gering. In einem Mitglieder-Podcast rechnete die VC vor, es seien mitunter nur ein bis zwei Prozent im Jahr gewesen, „deutlich schlechter als erwartet“, sagte Arne Karstens, der Sprecher der Group-Tarifkommission. Als Ausweg werden höhere Einzahlungen des Konzerns durch neue Regeln gefordert – konkret eine Ausdehnung der Vervierfachungsregel auf weitere Gehaltsteile einschließlich Zulagen, eine einmalige Extraeinzahlung Ende 2025 sowie 1000 Euro zusätzlich im Jahr für VC-Mitglieder.
Welche finanziellen Folgen das haben würde, hat nicht der Konzern, sondern die Gewerkschaft vorgerechnet. Demnach zahle Lufthansa im Falle eines monatlichen Grundgehalts von 10.000 Euro und 3000 Euro Zulagen aktuell 820 Euro in die Altersvorsorge ein, künftig wären es „zirka 1800 Euro mehr im Monat“. Welche Einigungsangebote Lufthansa gemacht hat, will der Konzern nicht preisgeben.
Eine nennenswerte Aufstockung der Einzahlungen dürfte nicht dazugehört haben. Eine Veränderung der Anlagestrategie, um Chancen auf höhere Renditen zu eröffnen, gilt aber als möglich – bis hin zur Variante, dass Entscheidungen zur Anlage den Piloten allein überlassen werden. Aktuell besteht ein Anlageausschuss mit Konzern- und Pilotenvertretern. Für die Dauer der Urabstimmung hat die VC Arbeitskampfmaßnahmen ausgeschlossen, danach steht Anfang Oktober aber direkt die Herbstferienphase an.