Tarifeinigung in welcher Metall- und Elektroindustrie: Tropfen uff den heißen Stein


Ende Oktober 2024: Warnstreik beim Druckmaschinenhersteller Koenig & Bauer in Radebeul bei Dresden

Foto: Chris Lässig/EHL Media/Imago


Nach 18 Stunden Verhandlung stand die Einigung zwischen IG Metall und Arbeitgebern: Warum das für die Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie keine reine Freudensnachricht ist und was sich Auszubildende erkämpft haben

Die Arbeitgeber nennen die Tarif-Einigung in der Metall- und Elektroindustrie einen „gerade noch verantwortbaren Abschluss in schwieriger Zeit“. Von einem „soliden Kompromiss“ spricht IG-Metall-Vorsitzende Christiane Benner. Tatsächlich zeigt die Einigung, wie prekär die Lage des Industriestandorts Deutschland inzwischen ist.

Mit einer Laufzeit von 25 Monaten soll der Vertrag Planungssicherheit bringen. Das gilt für die Unternehmen, aber nicht für die Beschäftigten: Die moderate Lohnerhöhung um zwei Prozent im April 2025 und um 3,1 Prozent ein Jahr später liegt nur knapp über der Inflationsprognose. Und auch die Reallohnverluste der vergangenen Jahre sind noch nicht kompensiert. Die Einmalzahlung von 600 Euro im Dezember 2024 ist nett, aber ein Tropfen auf den heißen Stein. Positiv ist dagegen die Anhebung der Ausbildungsvergütung um 140 Euro im nächsten und 3,1 Prozent im übernächsten Jahr.

Statt Geld: Mehr freie Tage – unter Vorbehalt

Azubis waren vielerorts an Warnstreiks beteiligt und haben sich diese Erhöhung gewissermaßen selbst erkämpft. Problematisch bleibt die automatische Differenzierung, die es Betrieben in „wirtschaftlich schwieriger Lage“ erlaubt, Zahlungen zu kürzen. Fällt die Umsatzrendite 2024 nachweislich unter 2,3 Prozent, kann das Unternehmen 2025 tarifliche Sonderzahlungen streichen. Für schwächere Unternehmen mag das eine Entlastung sein – für die Beschäftigten ist es ein Unsicherheitsfaktor. Ausgeweitet werden die Möglichkeiten für Eltern, Schichtarbeiter und Pflegende, statt Geld mehr freie Tage in Anspruch zu nehmen. Allerdings muss der entstehende Arbeitsausfall kompensiert werden. Wo das, etwa aufgrund von Personalmangel, „nicht möglich“ ist, kann der Arbeitgeber die Freistellung ablehnen. Das ist weit weg von echtem Fortschritt.

Angesichts wachsender geopolitischer Unsicherheiten wird es für die deutsche Industrie nicht leichter. Will die IG Metall weiterhin erfolgreich sein, muss sie ihre Durchsetzungsfähigkeit stärken. Das bedeutet vor allem: mehr Präsenz und Organisationsmacht in den Betrieben. Auch die Beschäftigten selbst müssen raus aus der Statistenrolle und aktiver werden als bisher. Der Kampf um gute Arbeitsbedingungen ist nicht delegierbar. Wer fair behandelt werden will, muss auch bereit sein, dafür einzustehen.