Stichwahl in Moldau: Proeuropäische Präsidentin Sandu siegt zusammen mit Stichwahl in Moldau

Bei der Stichwahl um das Präsidentenamt in der Republik Moldau hat die prowestliche Staatschefin Maia Sandu nach Auszählung fast aller Stimmen gewonnen. Die 52-Jährige kam auf 54,64 Prozent der Stimmen, wie die Wahlleitung in der Hauptstadt Chișinău nach Auszählung von über 98 Prozent der Wahlzettel mitteilte. Sandus Herausforderer, der ehemalige Generalstaatsanwalt Alexandr Stoianoglo, der eine Zusammenarbeit auch mit Russland wollte, unterlag demnach mit 45,36 Prozent der Stimmen. Er trat in der Stichwahl
für die Partei der Sozialisten des russlandfreundlichen Ex-Präsidenten
Igor Dodon an.

Allerdings verdankt Sandu ihren Sieg vor allem den Stimmen der zu Hunderttausenden im Ausland – vor allem in der EU – lebenden Moldauer und Moldauerinnen,
die die Politikerin traditionell unterstützen. Im Land selbst erhielt Stoianoglo die Mehrheit mit 51,19 Prozent der
Stimmen. Der 57-Jährige wandte sich in Chișinău auch auf Russisch an seine
Landsleute und bat alle, Ruhe zu bewahren. „Moldau
braucht Stabilität und keinen künstlichen Konflikt“, sagte er. Die Zeit
des Hasses und der Spaltung im Land müsse enden. 

Kritik an Sandu wegen mangelnder wirtschaftlicher Fortschritte

„Moldau, du hast gesiegt!“, sagte Sandu.
„Freiheit, Wahrheit und Gerechtigkeit haben gewonnen.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gratulierte der
52-jährigen früheren Mitarbeiterin der Weltbank zu ihrem Wahlsieg. Sie
freue sich darauf, gemeinsam mit Sandu „weiter für eine europäische
Zukunft für Moldau und dessen Bewohner zu arbeiten“. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron schrieb auf der Plattform X, die Demokratie habe über alle
Einmischungen und Manöver triumphiert. Frankreich werde Moldau auf seinem europäischen Weg weiterhin zur
Seite stehen.

Sandu will in ihrer zweiten Amtszeit in dem verarmten Agrarland Reformen durchsetzen. Dabei gilt die im Sommer bevorstehende Parlamentswahl als nächste politische Herausforderung. Denn Sandu kann die Veränderungen nur angehen, wenn sie die bisherige Mehrheit in der Volksversammlung verteidigt.

Sandu
galt zwar als Favoritin, stand aber auch in der Kritik wegen mangelnder
wirtschaftlicher und sozialer Fortschritte. Ihrem Gegner Stoianoglo
werfen Kritiker vor, er sei eine Marionette korrupter Oligarchen und ein
Kandidat Russlands. Das Land ist wie die Ukraine EU-Beitrittskandidat,
weshalb auch der Westen genau auf die Ergebnisse schaut.

Vorwurf der Wahlmanipulation an Russland

Am Tag der Stichwahl hatte Sandu vor möglichen Manipulationen und Stimmenkäufen gewarnt. Ihr nationaler Sicherheitsberater Stanislav Secrieru beschuldigte Russland, in der laufenden Stichwahl einzugreifen. Secrieru zufolge fanden in der abtrünnigen Region Transnistrien, wo russische Truppen stationiert sind, illegal organisierte Wählertransporte statt. Dort seien Wähler gezielt zur Abstimmung gebracht worden, was die Neutralität des Wahlprozesses gefährde. Auf der Plattform X warnte Secrieru davor, dass die russische Einflussnahme das Wahlergebnis stark verzerren könnte.

Nach Angaben der Behörden kam es während der Wahl zu „Provokationen und Versuchen der Destabilisierung“. Die Polizei teilte mit, sie ermittle wegen mutmaßlicher „organisierter Transporte“ von in Russland lebenden Moldauern nach Belarus, Aserbaidschan und in die Türkei, um dort die Teilnahme an der Stichwahl in Konsulaten oder Botschaften zu ermöglichen. Demnach gab es bei den Stimmabgaben im Ausland auch falsche Bombenalarme und Cyberangriffe.

Deutliche Mehrheit für Sandu in erstem Wahlgang

Die amtierende Präsidentin Sandu hatte im ersten Wahlgang am 20. Oktober
mit 42,45 Prozent die meisten Stimmen auf sich vereint, verpasste
jedoch die absolute Mehrheit. Bereits bei dieser Wahl gab es Berichte
über eine russische Wählerbeeinflussung
. Stoianoglo schnitt mit 26
Prozent besser ab als erwartet. Seitdem erhielt er die Unterstützung von
weiteren, nach der ersten Runde ausgeschiedenen Kandidaten.

Die Republik Moldau hat 2,6 Millionen Einwohner und grenzt an die Ukraine und an den EU-Mitgliedsstaat Rumänien. Seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine befürchten viele Moldauer, dass Russland als Nächstes ihr Land angreifen könnte. Seit Juni dieses Jahres laufen zudem die Verhandlungen für einen EU-Beitritt.