Steuern: Steuerschätzer erwarten solange bis 2029 kaum Mehreinnahmen z. Hd. den Bund
Die schwarz-rote Bundesregierung kann bis 2029 mit kaum mehr Steuereinnahmen rechnen als im Frühjahr angenommen. Die Steuerschätzer sagen nach Angaben des Finanzministeriums voraus, dass bis 2029 33,6 Milliarden Euro mehr in die öffentlichen Haushalte von Bund, Ländern und Kommunen fließen, als bisher gedacht. Von dieser Steigerung profitieren allerdings ausschließlich Länder und Kommunen.
Der Bund kann demnach im Zeitraum der Schätzung unter dem Strich nicht mit mehr Geld rechnen. Etwas höhere Einnahmen in den Jahren 2025 bis 2027 halten sich die Waage mit erwarteten Mindereinnahmen 2028 und 2029.
Der Bundesfinanzminister sprach von einer „deutlichen wachstumsbedingten Mehreinnahme“ gegenüber der letzten Steuerschätzung vom Mai. Bund, Länder und Gemeinden „profitieren von einem besseren Wirtschaftswachstum“. Allerdings gebe es „überhaupt keinen Grund, sich zurückzulehnen“, fügte er hinzu.
Finanzielle Lücke von 172 Milliarden Euro ab 2027
„Der Konsolidierungsdruck im Bundeshaushalt bleibt hoch“, sagte Klingbeil. „Wir werden mit Blick auf die Haushaltslücken ab 2027 weiterhin einen strikten Konsolidierungskurs fahren: Alle Ministerien bleiben gefordert, Einsparungen vorzunehmen.“
Im Detail sieht die Steuerschätzung im Jahr 2025 ein Plus von elf Milliarden Euro für den Bund vor. Für 2026 wird ein Plus von 10,6 Milliarden Euro prognostiziert. Klingbeil rechnet jedoch für die Jahre 2027 bis 2029 mit einem Finanzloch von rund 172 Milliarden Euro für den Bund.
„Das heißt, es entstehen keine strukturellen Spielräume für den Bundeshaushalt“, sagte Klingbeil. „Es bleibt die gemeinsame Aufgabe aller Kabinettskolleginnen und -kollegen, Einsparungen in ihren Bereichen zügig vorzulegen.“
Länder und Kommunen profitieren von deutlichen Mehreinnahmen
Die Länder können hingegen in diesem Jahr mit 7,8 Milliarden Euro Mehreinnahmen rechnen. Im kommenden Jahr beträgt das Plus dann sogar 7,9 Milliarden Euro. Danach verlangsamt sich der Aufwärtstrend: 2028 steht ein Plus von 1,7 Milliarden Euro in der Schätzung, 2029 von 1,6 Milliarden.
Aufgrund der zu erwartenden Mehreinnahmen der Länder in den kommenden Jahren sieht Bundesfinanzminister Klingbeil keinen Grund mehr, mögliche Einnahmeausfälle der Bundesländer durch Steuererleichterung für die Gastronomie und Berufspendler durch den Bund auszugleichen. „Ich glaube, dass spätestens mit diesen Zahlen diese politische Debatte beendet sein wird“, sagte der Vizekanzler.
Aber auch die Kommunen profitieren von der Steuerentwicklung: In diesem Jahr liegt das Plus bei 1,8 Milliarden Euro im Vergleich zur Mai-Schätzung, 2026 dann bei 2,3 Milliarden Euro und in den Jahren bis 2029 dann jeweils zwischen 3,4 Milliarden und 4,0 Milliarden Euro.
Wirtschaft und Gewerkschaften sehen Reformbedarf
Aus der Wirtschaft und von Gewerkschaften kamen verhaltene Reaktionen auf die Zahlen der Steuerprüfer. Die Steuereinnahmen reichten „weiterhin nicht aus, um die riesigen Herausforderungen in Wirtschaft und Gesellschaft zu bewältigen“, sagte Stefan Körzell, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds. Vermögende, Aktionäre und Topverdienende trügen „zu wenig zum Gemeinwesen bei“, kritisierte er.
Die Bundesregierung müsse die beschlossene Reduzierung der Körperschaftsteuer zurücknehmen, die Vermögensteuer wieder einführen und die „Privilegien für reiche Unternehmenserben bei der Erbschaftsteuer“ streichen, forderte Körzell. „Das könnte zusätzlich rund 50 Milliarden Euro jährlich in die Staatskasse spülen.“
Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte hingegen einen stärkeren Fokus auf wirtschaftliches Wachstum und verbesserte Wettbewerbsfähigkeit. „Trotz der im Sommer beschlossenen Investitionsoffensive und des in weiten Teilen umgesetzten Sofortprogramms, kommt die Wirtschaftswende nicht in die Gänge“, sagte BDI-Hauptgeschäftsführerin Tanja Gönner. „Die Industrie sieht trotz der hohen Steuereinnahmen weiterhin erheblichen Konsolidierungsdruck für den Bundeshaushalt.“
Auch der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) forderte eine anhaltende Haushaltskonsolidierung. „Die öffentlichen Ausgaben müssen weiter auf den Prüfstand“, forderte ZDH-Generalsekretär Holger Schwannecke. „Angesichts des hohen Ausgabendrucks insbesondere im Sozialbereich bleibt keine Zeit zu verlieren.“ Wer auch auf längere Sicht mehr Steuereinnahmen wolle, müsse „dafür sorgen, dass Betriebe investieren und sich Leistung lohnt“.