Standortsicherung: Bescherung zu Gunsten von die Kuka-Belegschaft

Aufatmen in Augsburg. Der Automatisierungs- und Robotikspezialist Kuka hat sich am Stammsitz mit den Arbeitnehmern noch vor Weihnachten auf ein Sparpaket geeinigt, das einen weiteren Abbau von Arbeitsplätzen ausschließt. Das Unternehmen verpflichtet sich nach Informationen der F.A.Z. nun zu einer Beschäftigungssicherung bis zum Juli 2029 und verspricht Investitionen in den Standort in zweistelliger Millionenhöhe. Im Gegenzug akzeptieren die Beschäftigten „die Verschiebung von Tariferhöhungen und die temporäre Kürzung von tariflichen Einmalzahlungen“, wie es vom Unternehmen heißt. Die außertariflich Beschäftigten, in der Regel sind das Führungskräfte, erbringen Beiträge in gleichem Umfang. Dadurch kommt ein Betrag in zweistelliger Millionenhöhe zusammen, der ungefähr dem Investitionsvolumen entspricht.

Christoph Schell, der Vorstandsvorsitzende von Kuka, nennt die Einigung laut einer Mitteilung einen Meilenstein, um Kuka am Heimatstandort zukunftsfähig aufzustellen. Man habe mit den Sozialpartnern eine Lösung gefunden, die Investitionen tragfähig zu machen. Dies zeige, dass „verantwortungsvolle Unternehmensführung und partnerschaftlicher Dialog zu Lösungen führen, die alle Seiten mittragen können“. Betriebsratsmitglied und Verhandlungsführerin Carola Leitmeir räumt zwar ein, dass die finanziellen Einschnitte spürbar seien. Dennoch spricht sie von einem Signal für den Standort. „Es ist uns gelungen, den Personalabbau zu begrenzen.“ Der Ausschluss von Kündigungen für die kommenden Jahre sowie der Beitrag der außertariflich Beschäftigten runde das Bild ab.

Die markanten orangefarbenen Roboter von Kuka kommen vor allem in der Automobilindustrie zum Einsatz. Deshalb bekommt das Unternehmen die Krise der Branche voll zu spüren: Mangelnde Nachfrage und wachsende Konkurrenz aus Asien, vor allem China, führen bei Herstellern wie Autozulieferern zum Abbau Zehntausender Stellen. Die Entwicklung schlägt auch auf Automatisierungsspezialisten durch.

Kuka verkündete Anfang des Jahres ein Sparprogramm

Kuka gehört seit fast zehn Jahren zur chinesischen Midea-Group. Der Verkauf an den bis dahin vor allem für Haushaltsgeräte bekannten Konzern hatte in der Politik hohe Wellen geschlagen. Midea versicherte damals unter anderem eine Standortsicherung bis zum Jahr 2025. In Augsburg sitzt bis heute die Entwicklung sowie die Produktion für Roboter außerhalb von China. Wegen der schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung verkündete Kuka aber Anfang des Jahres ein Sparprogramm für 2025 und 2026.

Das Programm sah vor, dass von den 3000 Arbeitsplätzen in Augsburg rund 400 wegfallen. Weil sich die Nachfrage im Jahresverlauf schlechter entwickelte, wurde die Zahl im Herbst auf 560 erhöht. Durch die jetzige Einigung werden rund 40 Stellen weniger gekappt. Ansonsten wird das beschlossene Programm „Fit for growth“ weiter umgesetzt. Die Kuka Group besteht aus rund 100 Standorten und erlöste zuletzt mit etwa 15.000 Beschäftigten 3,7 Milliarden Euro im Jahr. Neben Deutschland und China ist Ungarn einer der wichtigsten Standorte. Dort sind die Lohnkosten deutlich niedriger als in Deutschland, die Verkehrsanbindung ist aber fast ebenso gut. Deshalb wird der Standort ausgebaut und werden Stellen dorthin verlagert.

Der deutschen Kuka-Belegschaft bleibt damit das Schicksal vieler Beschäftigter von Industrieunternehmen bis auf Weiteres erspart, die derzeit um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze fürchten. Der Kompromiss zwischen der Unternehmensführung und den Arbeitnehmern, auf der einen Seite die zentralen Entwicklungsprojekte in Augsburg verankern und damit die Forschungs- und Entwicklungskapazitäten nachhaltig stärken zu wollen, und auf der anderen Seite dafür Zugeständnisse bei der Vergütung zu machen, könnte ein Fingerzeig für das kommende Jahr sein. Denn Kuka ist im Flächentarifvertrag der Metall- und Elektroindustrie gebunden, in diesem Fall in Bayern. Ende des ersten Quartals läuft der Tarifvertrag aus. Damit endet auch die Friedenspflicht. Dann stehen neue Verhandlungen mit der IG Metall an.

Der Arbeitgeberverband Gesamtmetall hat vor diesem Hintergrund mit einer bemerkenswerten Personalie aufhorchen lassen. Als Nachfolger des zurückgetretenen Präsidenten Stefan Wolf wählten die Mitglieder vor wenigen Tagen Udo Dinglreiter. Ein Novum, denn Dinglreiter ist Mitinhaber und Geschäftsführer des Maschinen- und Anlagenbauers R. Scheuchl – ein Unternehmen, das nicht tarifgebunden ist. Noch nie stand ein Vertreter eines sogenannten OT-Unternehmens an der Spitze des mächtigen Tarifverbands. Beobachter werteten die Personalie als direkte Ansage an die Gewerkschaft. „Wir stehen am Standort Deutschland mit dem Rücken zur Wand“, ließ der Bayer zum Amtsantritt wissen. Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden komme dabei eine besondere Verantwortung zu. „Die Tarifpartnerschaft zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ist einer der wenigen verbliebenen Standortvorteile“, sagte der 56 Jahre alte, neue Präsident. „Und wir haben keine leichte Aufgabe vor uns.“

„Wir werden nichts unversucht lassen, auch Herrn Dinglreiter als Arbeitgeber von der Tarifbindung zu überzeugen“, ließ die IG Metall prompt in ihrem Gratulationsgruß wissen. Angesichts der wirtschaftlichen Herausforderungen brauchen die Beschäftigten tarifliche Verbindlichkeit und Verlässlichkeit der Sozialpartner, hieß es weiter. Dinglreiter ließ wissen, dass er „großen Respekt vor der Tarifautonomie und gemeinsam erzielten Ergebnissen“ habe. Der Flächentarif sei jedoch nicht für jedes Unternehmen das passende Regelwerk. Als Präsident von Gesamtmetall vertrete er die Interessen aller Unternehmen gleichermaßen.

Jenseits der verbalen Scharmützel während der vergangenen Tage zwischen den Spitzenvertretern beweisen Metallarbeitgeber und Gewerkschaften seit vielen Jahren in angespannten Zeiten immer wieder Innovationskraft in den Tarifverhandlungen. So können etwa Unternehmen in wirtschaftlich schwierigen Situationen durch vereinbarte Öffnungsklauseln von vorgesehenen Tariferhöhungen oder Einmalzahlungen vorübergehend abweichen.