„Sohn ohne Vater“ von Feridun Zaimoglu: Ein einziges Herzklopfen
Wenn in der schönen und traurigen Literatur vom Fliegen die Rede ist oder von der Angst davor, dann ist das ja meistens metaphorisch zu verstehen, doch nicht so im neuen Roman von Feridun Zaimoglu. Der mit Literaturpreisen völlig zu Recht überhäufte Romancier und Dramatiker ist ein Gastarbeiterkind; er wurde 1964 noch in der Türkei geboren und zog ein Jahr später mit seinen Eltern nach Deutschland, wo dann auch seine Schwester zur Welt kam. Die Kinder blieben, die Eltern gingen später wieder zurück.
Seit Mitte der Achtzigerjahre lebt Zaimoglu in Kiel. Sein Roman beginnt nun damit, wie er inmitten der Coronapandemie den mütterlichen Anruf und so die Nachricht empfängt, dass sein Vater gestorben ist, drei Monate vor dessen neunzigstem Geburtstag. „Ich muss mich auf die Reise machen. Ich kann wegen meiner großen Angst nicht fliegen. Ich stelle mir tausend Störungen vor, die Motoren bleiben stehen, die Maschine stürzt ab. Mein Herz vereist vor Entsetzen. Ich kann nicht Auto fahren. Das ist mir ein stinkendes Leben ohne meinen Vater.“ Zum Elend gehört auch, dass der Sohn die Beerdigung verpassen muss, unmöglich, so schnell von Kiel in die Türkei zu kommen.