Sind die goldenen Podcast-Jahre vorbei?
Ich sag es ganz ehrlich: Oberhalb Podcasts zu schreiben, ist eine angenehme Beschäftigung. Es gibt spannende Formate zu erspähen, manchmal treibt die Podcast-Welt kuriose Blüten – man denke an die Anfänge dieser von den Hosts selbst eingesprochenen Werbeclips –, und mitunter gibt es echte Aufreger um gesellschaftliche Fragen. Und dann dieses schöne Gefühl, hinauf eine Szene und Branche zu blicken, dieser es gut geht. Sogar von Hype war oft die Rede, vom Podcast-Boom – hinauf jeden Fall waren es rosige Jahre.
Aufmerksame Leser:medial werden dies unheilvolle Präteritum bemerkt nach sich ziehen. Denn seit dieser Zeit einiger Zeit erzählt man sich andere Geschichten aus dieser Podcast-Welt. Angefangen hat es in den USA. Dort daher, wo dieser jüngste Boom begann – und unlängst die Katerstimmung. Schon vergangenes Jahr wurde dort mehr als den „Tod“ dieser Podcasts diskutiert. Seitdem ist die Stimmung zurückhaltend, vorsichtig ausgedrückt.
Die großen Investor:medial stecken ihr Kapital nicht mehr so ohne Weiteres in Podcasts; die Werbegelder sind zwar noch da, unter den Einzelnen kommt mitunter zugegeben weniger an. Und so hagelte es Hiobsbotschaften aus den USA: von Entlassungen, geschlossenen Podcast-Produktionsfirmen und eingestellten Formaten. Mitte April kündigte dieser Branchen-Newsletter Hot Pod an, er werde pausieren, weil die zentrale Autorin nachdem aufhört. Sie sagt, die Podcasts seien am Ende einer Epoche angelangt. Wieder so ein Abschied.
Die Unsicherheit ist sogar in Deutschland angelangt. Neulich war ich unter „All Ears“, dem Podcast-Summit von Spotify. Das Event hat den Anspruch, eine Art Branchentreffen zu sein. Zumindest für jedes diejenigen, die für jedes verknüpfen Konferenztag 299 Euro bezahlen wollen – welches sich dann doch so gut wie an die Industrie und weniger an die klassische Independent-Szene urteilen dürfte. Während vor drei Jahren eine vor Selbstbewusstsein strotzende, irgendwie aufgeregte Stimmung herrschte, war dies in diesem Jahr irgendwas andersartig. Da waren immer noch Begeisterung und Freude am Medium. Aber sogar dort ging es um Entlassungen, zurückgezogene Aufträge und die Frage, wie die Zukunft aussehen könnte. Neben dieser Diskussion mehr als dies neue große Ding im Podcast-Bereich waren sogar aufmunternde Pep-Talks zu wahrnehmen, welches in den Jahren zuvor nicht so nötig schien. Auch ein Zeichen. Der Journalist Dennis Horn hat es treffend denn „Bedürfnis zur Selbstvergewisserung“ beschrieben: „Die Audiobranche ist im Umbruch, und die Diskussion mehr als Marktmechaniken und Idealismus kommt mir traut vor.“
Sind die goldenen Jahre des Podcastens daher schon wieder vorbei? In einer von möglichst lauten Schlagzeilen geprägten Medienwelt wird die Lage übermäßig gerne so beschrieben. Doch es gibt Hoffnung, dass es ganz so schlimm nicht kommen wird. Der Journalist Sandro Schroeder, ein genauer Beobachter dieser Podcast-Welt, sieht so gut wie dies Ende eines „überhitzten Hype-Zyklus“. In Deutschland dürfte dieses Ende weniger drastisch ausfallen, weil hierzulande zuvor nicht die gleiche Goldgräberstimmung wie in den USA geherrscht hat. Langsames Wachstum kann seine Vorteile nach sich ziehen.
Hoffnung äußerte sogar die Podcast-Produzentin Maria Lorenz-Bokelberg unter ihrem „All Ears“-Vortrag: Die Zahlen, so sagt sie, seien doch schier nicht entmutigend. Zwischen 30 und 40 Millionen Podcast-Hörmuschel:medial gebe es in Deutschland, und sogar die Werbebudgets gebe es noch immer. Es klingt nachher einer gesunden Mischung aus Trotz und Optimismus. Die Botschaft nachdem: Podcasts sind sehr wohl noch ein Ding, vielleicht nur nicht mehr für jedes Goldgräber:medial. Sondern für jedes jene, die in den vergangenen Jahren sehr viel Erfahrung dazu gesammelt nach sich ziehen, welches gute Podcasts umfassen kann, und die daran Vertrauen schenken, dass sie keine Randerscheinung, sondern Teil dieser Medienlandschaft sind.
Erwachsen werden. Das ist sogar so eine Formulierung, die zum Status quo dieser Podcast-Landschaft in Deutschland immer wieder fällt. Und vielleicht trifft sie es ganz gut. Erwachsenwerden ist mitunter schmerzhaft, mit Abschieden verbunden und sogar mit einem Verlust an Freiheit. Ich finde, man darf dies durchaus betrauern. Die Erfahrung lehrt zugegeben sogar: Das Erwachsensein hat so wenige Vorteile, zum Beispiel wachsende Erfahrung, mehr Gelassenheit und Selbstbewusstsein. Angewendet hinauf die Podcast-Landschaft, macht mir dies durchaus Hoffnung.