„Schwarze Früchte“: Labern, solange bis es knallt

„Was meinst du?“ ist eine der häufigsten Phrasen in der
Serie Schwarze Früchte. Doch dafür, dass so viel nachgehakt und generell
viel geredet wird, gibt es erstaunlich viele Missverständnisse und noch mehr
verbale Passivaggressivität. Und das ist großartig.

Schwarze Früchte feierte im Juni Premiere auf dem
renommierten Tribeca Festival in New York. Nach Made
in Germany
ist die achtteilige Serie, produziert von Jünglinge Film und
Studio Zentral, die zweite Coming-of-Age-Serie in diesem Herbst, die
unter dem Dach der ARD Degeto entstanden ist.

Im Zentrum stehen zwei queere, Schwarze Menschen: Lalo (Lamin
Leroy Gibba) und Karla (Melodie Simina). Obwohl die beiden unterschiedlicher
nicht sein könnten – er hat soeben sein Architekturstudium geschmissen und will
„Kunst machen“, sie hat mit Mitte 20 eine Führungsposition und eine „heftige
Wohnung“ –, verbindet die beiden mehr als nur ihre Freundschaft. Sie kämpfen
darum, von ihrem Umfeld akzeptiert zu werden, für ihre Arbeit und als Schwarze,
queere Menschen in Hamburg. Während Lalo mit dem Tod seines Vaters hadert,
versucht Karla die Probleme aller um sich herum zu lösen – die ungeplante
Schwangerschaft ihrer 16-jährigen Schwester oder die sexuellen
Übergriffigkeiten eines Vorgesetzten – und stößt damit an ihre Grenzen.

Immer wieder sind Karla und Lalo rassistischen Begegnungen ausgesetzt. Zum
Beispiel als Lalo zu einem Abendessen bei den Eltern seines Partners Tobias (Nick
Romeo Reimann) eingeladen ist. Auf dem Weg dorthin schärft Tobias Lalo ein
bisschen zu beiläufig ein, lieber nicht zu erzählen, dass er sein Studium
geschmissen habe. Wie sich herausstellt, interessiert sich Tobias‘ Mutter aber
gar nicht so sehr für Lalos beruflichen Werdegang, sondern vielmehr für dessen
Schwarzsein – schließlich habe sie früher im Studium einen sehr guten Freund gehabt,
der auch Schwarz und auch schwul gewesen sei. Wegen ihm habe sie schon ganz
früh „Rassismus auf dem Schirm gehabt“, wie sie Lalo ausführlich erklärt. „Fast
schon gruselig“, sagt sie, und meint damit die Ähnlichkeiten zwischen Lalo und
ihrem ehemaligen Studienfreund, nicht aber ihre verbalen Grenzüberschreitungen.

Lalos beste Freundin Karla, mit deren Perspektive Schwarze
Früchte
immer wieder abwechselt, kontert rassistische und sexistische Äußerungen direkter und
schlagfertiger: Als ein Kollege sie bei ihrer Arbeit als aufstrebende Investmentunternehmerin
„Chef“ nennt und dies gleich darauf als Scherz bezeichnet, erwidert sie: „Wieso
soll das ein Scherz sein?“ Doch dessen Bemerkung,
ihre Beförderung sei vor allem eine Quotenentscheidung gewesen, nagt zunehmend
an Karla. Ihre Mutter ist dabei nicht gerade hilfreich. „Dass du dich von irgendwelchen dummen weißen
Männern aus der Fassung bringen lässt“, stellt sie fast schon
vorwurfsvoll fest. Aus
der Fassung gerät die nach außen hin so abgebrüht wirkende Karla, als ihr ein
Date mit einer ehemaligen Klassenkameradin zu intim wird. Sie
ergreift die Flucht, um ihre Verletzlichkeit nicht zeigen zu müssen.