Scherbaums Handelsplatz: Autozone: In Europa kaum traut – in Amerika ein Platzhirsch

Zu den verschiedenen Phänomenen, die die Corona-Pandemie mit sich brachte, gehörten Lieferschwierigkeiten bei neuen Autos. Dies sorgte dafür, dass Menschen längere Zeit an ihren gebrauchten Fahrzeugen festhalten mussten, was wiederum ein höheres Maß an Pflege und Reparaturen erforderte. In dieser Zeit entpuppte sich unter anderem der amerikanische Ersatzteilehändler Autozone als COVID-19-Profiteur.
Auch nach der Pandemie läuft es gut. Seitdem zeigt der Chart der Autozone-Aktie weiter nach oben. Für das Börsenjahr 2025 steht ein Kursplus von rund 34 Prozent zu Buche inklusive neuer Rekordstände. Ein Grund für die positiven Aussichten sind die Zölle der Trump’schen Regierung.
Zölle als Treiber für Gebrauchtwagennachfrage
Im Rahmen der Zoll- und Handelsstreitigkeiten, die die amerikanische Regierung derzeit führt, sind Automobilimporte und -exporte ein besonders wichtiger Faktor. US-Einfuhrzölle könnten Autos weiter verteuern und die Anschaffung insbesondere im Hinblick auf ausländische Anbieter in den Vereinigten Staaten erschweren.
Dies wäre wieder ein Grund, länger an den bewährten Gebrauchtwagen in den eigenen Garagen festzuhalten, sodass einmal mehr Ersatzteilehändler wie Autozone gefragt wären. Diese Chance will das Autozone-Management nutzen und versucht daher aktuell, mithilfe von Filialeröffnungen weitere Marktanteile hinzuzugewinnen.
Filialnetz wächst – Ergebnis unter Erwartungen
Im vierten Quartal (Ende August) wurden netto 141 neue Filialen eröffnet. Im gesamten abgelaufenen Geschäftsjahr waren es netto 304 neue Geschäftsstellen. Die zusätzlichen Investitionen sind ein Grund, warum der Konzern zuletzt unter den Erwartungen blieb, während die Wachstumskennzahlen eher überzeugten.
Zwischen Juni und August kletterten die Umsatzerlöse im Vorjahresvergleich um 0,6 Prozent auf 6,2 Milliarden Dollar. Wenn man jedoch die zusätzliche Arbeitswoche aus dem Vorjahr herausrechnet, lag das bereinigte Umsatzplus bei 6,9 Prozent. Die vergleichbaren Umsatzerlöse, also in den seit mindestens einem Jahr geöffneten Filialen, kletterten in den Vereinigten Staaten um 4,8 Prozent. Der bereinigte Gewinn je Aktie fiel um 5,6 Prozent auf 48,71 US-Dollar und blieb unterhalb der Konsensschätzungen von 50,66 US-Dollar. Marktteilnehmer zeigten dafür jedoch unter anderem angesichts der Investitionen und der erwarteten Marktanteilsgewinne Verständnis.
Analysten sehen weiter Potential
BMO-Capital-Analyst Tristan Thomas nutzte die Gelegenheit sogar, um das Kursziel für die Aktie von Autozone von 4100 auf 4600 Dollar anzuheben und das „Outperform“-Rating zu bestätigen. Die Margen des Unternehmens seien im vierten Quartal geringer ausgefallen als erwartet, aber das Management bleibe zuversichtlich hinsichtlich seiner Strategie für das Geschäftsjahr 2026 – mit Initiativen zur Gewinnung von Marktanteilen und einer beschleunigten Filialexpansionsstrategie, die das Wachstum vorantreiben solle, unterstützt durch die anhaltende Dynamik der Umsätze in den Filialen sowohl im Do-it-yourself- (DIY) als auch im gewerblichen Segment.
Guggenheim-Analyst Steven Forbes hat seinerseits das Kursziel für Autozone von 4100 auf 4600 Dollar angehoben und das „Buy“-Rating bestätigt. Die Betriebsergebnisse des vierten Quartals seien „solide“ gewesen. Der Analyst geht zudem davon aus, dass die strategischen Investitionen von Autozone zu einer anhaltenden Beschleunigung des Wachstums der inländischen gewerblichen Verkäufe führen werden. Auch J.P.-Morgan-Analyst Christopher Horvers verweist darauf, dass der Kfz-Ersatzteilehändler weiterhin Marktanteile hinzugewinnen würde, insbesondere im Bereich Do-it-for-me (DIFM).
Ausblick bleibt positiv – trotz hoher Erwartungen
Wells-Fargo-Analyst Zachary Fadem stellt wiederum fest, dass die Autozone-Aktie seit Jahresbeginn stark zugelegt habe, die Erwartungen hoch seien und „defensive“ Gewinner in einem Zinszyklus mit sinkenden Zinsen weniger „Durchzugskraft“ hätten. Bei Wells Fargo bleibt man dennoch im Hinblick auf die Autozone-Aktie weiterhin „konstruktiv“. Auch UBS-Analyst Michael Lasser ist der Ansicht, dass sich die Investitionen in Filialen, Flotte, Lieferkette, Mitarbeiter und Technologie auszahlen werden, um sich gut zu positionieren und Marktanteile zu gewinnen. Insbesondere sei das Umfeld für Marktanteilsgewinne günstig.
Beim Blick in die Vergangenheit wird deutlich, dass ein Investment in Autozone eine lohnenswerte Anlage war. Die Aktie hat in den vergangenen zehn Jahren im Schnitt 18 Prozent pro Jahr gewinne. Aus 10.000 Euro wären so innerhalb einer Dekade mehr als 56.000 Euro geworden.
Source: faz.net