Rückschlag pro Unicredit: Banco BPM lehnt Übernahmeangebot ab
Der Verwaltungsrat von Italiens drittgrößter Bank, Banco BPM, hat das Übernahmeangebot von Unicredit über gut zehn Milliarden Euro am Dienstag abgelehnt. Es schaffe nicht genügend Mehrwert für die Aktionäre, außerdem sorge sich die Manager wegen umfangreichem Personalabbau in der 20.000 Mitarbeiter starken Belegschaft, teilte die Bank nach einer Sitzung mit. Der Unicredit-Vorstandsvorsitzende Andrea Orcel muss nun prüfen, ob er sein Angebot erhöht und Arbeitsplatzgarantien abgibt.
Neben diesem Widerstand auf geschäftlicher Ebene stößt er zudem auf erhebliche Verärgerung bei der Regierung in Rom. Wie so oft polterte am lautesten der stellvertretende Ministerpräsident und Chef der Rechtsaußen-Partei Lega, Matteo Salvini. Er sprach Unicredit am Montag ab, überhaupt eine italienische Bank zu sein. „Sie hat heute wenig oder nichts Italienisches an sich: Sie ist eine ausländische Bank“, meinte er, obwohl ihr Sitz in Mailand ist, die Führung weitgehend italienisch ist und das in Mailand gehandelte Kapital sich zu einem großen Teil in italienischen Händen befindet.
Er verglich auch das Übernahmeangebot mit der Bildung eines „Monopols“, das die Zentralbank zu stoppen habe. Da die Währungshüter nach seinen Worten „zu den bestbezahlten Managern Italiens gehören, stellt sich für mich und für viele Sparer die Frage: Gibt es die Banca d’Italia? Was macht sie? Überwacht sie?“ Dabei hat vor allem die Europäische Zentralbank (EZB) in dieser Frage das Sagen.
Finanzminister prüft
Beunruhigender als der stets lauthals kommunizierende Salvini ist für die Unicredit die Ankündigung von Finanz- und Wirtschaftsminister Giancarlo Giorgetti, einem Parteifreund von Salvini, das Übernahmeprojekt unter der sogenannten „Golden Power“-Gesetzgebung zu prüfen. Er betonte am Montag, dass er nicht sein Einverständnis zu dem Unicredit-Angebot gegeben habe. Den Einwand, dass die „Golden Power“-Gesetzgebung nur zur Abwehr ungewünschter ausländischer Investoren in strategischen Wirtschaftsbereichen erlassen wurde, lässt er nicht gelten. Auch in inländische Transaktionen dürfe die Regierung eingreifen. Und Giorgetti kommentierte auch gleich die unternehmerischen Strategiefragen in Anspielung auf die Offerte für Banco BPM und die Commerzbank: „Ich zitiere von Clausewitz: Der sicherste Weg, den Krieg zu verlieren, ist, an zwei Fronten zu kämpfen.“
Welches Ergebnis die Prüfung der Regierung haben wird, ist derzeit ebenso offen wie die Position von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Auf jeden Fall droht ihr ein Koalitionsstreit. Denn neben ihrer eigenen Partei Fratelli d’Italia und der Lega ist die Forza Italia die dritte Kraft im Regierungsbündnis. Die einst von dem Unternehmer Silvio Berlusconi gegründete Partei plädierte am Montag ganz anders als die Lega für eine Zurückhaltung seitens der Regierung.
Regierung will dritten Bankenpol
Die Verärgerung der Politik erklärt sich aus dem Umstand, dass ihr Plan, einen dritten Bankenpol neben dem Marktführer Intesa Sanpaolo und Unicredit aufzubauen, nun durchkreuzt werden könnte. Denn Banco BPM sollte neben der ältesten Bank der Welt, Monte dei Paschi di Siena (MPS), den Kern dieses Pols bilden. BPM hatte gerade fünf Prozent an MPS gekauft, zudem besitzt der Vermögensverwalter Anima, für den Banco BPM ein Übernahmeangebot vorgelegt hat, weitere vier Prozent. Salvini will die Kooperation von BPM und MPS am Leben erhalten. Unicredit-Chef Orcel plant dagegen, ohne MPS-Aktien und mit BPM seinen eigenen, den zweiten Bankenpol zu stärken.
Interessanterweise haben sich bei MPS mit geringen Prozentanteilen kürzlich auch der italienische Bauunternehmer Francesco Gaetano Caltagirone und die Finanzholding Delfin der Familie Del Vecchio, der Gründer des Brillenherstellers Luxottica, mit jeweils 3,5 Prozent der Aktien eingekauft – ganz im Sinne der Regierung. Caltagirone und der Delfin-Chef Francesco Milleri sollen in Regierungskreisen viel Einfluss genießen, heißt es aus Rom. In Mailänder Finanzkreisen kommt dagegen wieder eine alte Befürchtung auf: dass die italienische Politik sich zum Interessenverwalter einiger weniger Investoren macht, die mit geringen finanziellen Mitteln viel Macht ausüben und so ihre Reichtümer mehren. Die jüngere Geschichte Italiens ist voll solcher Beispiele. Die Aktionäre zeigten am Dienstag eine abwartende Haltung; die Kurse von Unicredit und BPM waren weitgehend unverändert.