Robert Habecks Kettensäge läuft wohl mit verflüssigtem Frackinggas

Montage: der Freitag; Fotos: unitypix/Istock, Getty Images


Die Kettensäge ist bei Robert Habeck schon länger im Einsatz: bei den Sektorzielen im Klimaschutzgesetz, beim Heizungsgesetz, beim LNG-Beschleunigungsgesetz – und nun auch beim Lieferkettengesetz

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Diese Kettensäge ist übersät von dicken Blutspritzern „niedergeknüppelter Demonstrant:innen“. Und von Rostflecken, „von den Tränen seiner Opfer“: Als Javier Milei im Juni Deutschland besuchte, verliehen ihm das Umweltinstitut München und die Nichtregierungsorganisation Powershift die „Rostige Kettensäge“ – weil der rechtslibertäre argentinische Präsident Umwelt- und Klimaschutz ebenso missachtet wie die Menschenrechte. Kein halbes Jahr später hat Deutschland in seinem grünen Wirtschaftsminister einen eigenen Kettensägenmann: Es gehe beim Lieferkettengesetz, sagte Robert Habeck gerade vor Unternehmern, nicht um einzelne Verbesserungen. Sondern darum, die „Kettensäge anzuwerfen und das ganze Ding wegzubolzen“.

Dass Habeck das Lieferkettengesetz stört, ist nicht neu. Schon im Juni hatte er angekündigt, Berichtspflichten für Unternehmen aussetzen zu wollen. Neu ist auch nicht, dass die Grünen ihre sämtlichen Ideale verraten und mit Wahlversprechen wie eben dem eines „verbindlichen und wirksamen Lieferkettengesetzes“ brechen. Neu ist allerdings, mit welch gewaltverliebter Obszönität Habeck all das zum Ausdruck bringt.

Angesetzt hat der eigentliche Klimaschutzminister die Kettensäge schon längst. Bei den Sektorzielen im Klimaschutzgesetz, beim Heizungsgesetz, bei den EU-Vorschriften zur klimagerechten Sanierung und mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz stutzte Robert Habeck Bürger:innenbeteiligung wie Umweltvorschriften herunter. Die sich häufenden Gerichtsurteile, die die Regierung zu mehr Klimaschutz verdonnern, will er webolzen, indem er sein Ministerium dagegen in Revision gehen lässt.

LNG-Import fällt unter Lieferkettengesetz

Brachial treibt der Kettensägenmann auch den Bau überflüssiger und teurer LNG-Terminals an Deutschlands Küsten voran, gegen jede klimapolitische Vernunft, gegen die Demokratie und gegen den Naturschutz. Diese LNG-Terminals werden überwiegend mit verflüssigtem Frackinggas aus den USA befüllt, dessen Förderung dort Menschen schwer krank macht und Umwelt wie Klima schädigt. Daher fällt der Import von LNG ja auch unter das Lieferkettengesetz, das dem Wirtschaftsminister lästig ist. Denn für den grünen und den fossilen blauen Wasserstoff, den Habeck importieren möchte, sind Menschenrechtsfragen relevant: Mit Ägypten gibt es bereits einen entsprechenden Deal, Zusammenarbeit mit Saudi-Arabien ebenso, zudem sind mit afrikanischen Staaten Wasserstoffpartnerschaften in Planung.

Das Lieferkettengesetz stört also auch im grünen Kapitalismus, für den Habeck steht: Mit Hilfe neuer Technologien soll im Wesentlichen alles weitergehen wie bisher. Emissionen müssen gar nicht vermieden, sie sollen gemanagt werden. Doch dieser grüne Kapitalismus braucht nicht minder riesige Mengen an Energie, Rohstoffen und Fläche – dadurch rückt er den Menschen auf die Pelle. Daher ist dieser grüne Kapitalismus nicht weniger gewalttätig und autoritär als der bisher bekannte – er hängt von den gleichen Ausbeutungsstrukturen ab.

Bolzt Robert Habeck das Lieferkettengesetz, das übrigens eine Mehrheit der Bürger:innen befürwortet und für das die Zivilgesellschaft lange hart gekämpft hat, weg, dann haben Menschenrechte, Umwelt- und Klimaschutz keine parlamentarische Vertretung mehr. Aber die „Rostige Kettensäge“ hat vielleicht bald schon einen neuen Preisträger.

Kathrin Hartmann hat gerade im Rowohlt Verlag das Buch Öl ins Feuer. Wie eine verfehlte Klimapolitik die globale Krise vorantreibt veröffentlicht