RKI-Protokolle: Eine Gesellschaft unter Entscheidungsdruck

Armin Nassehi lehrt Soziologie an dieser Ludwig-Maximlians-Universität München und ist Herausgeber des „Kursbuch“. Er hat während dieser Pandemie in unterschiedlichen Beratungsgremien in Politik und Wissenschaft mitgewirkt und sich immer wieder zu Wort gemeldet. Aus dieser Perspektive und mit diesen Erfahrungen ordnet er gleichfalls die aktuelle Diskussion um die sogenannten „RKI-Files“ ein.

Vor vier Jahren hat dieser erste Lockdown dieser Corona-Pandemie
begonnen. Es fand irgendetwas statt, dasjenige zu Händen moderne Gesellschaften mit einer
liberalen politischen Ordnung eine nachgerade unmögliche Reaktion war: Es wurde
durchregiert, dasjenige heißt, politische Entscheidungen waren in dieser Lage, viele
gesellschaftliche Praktiken geradezu stillzustellen, dasjenige zu suspendieren, welches
moderne Lebensformen konstitutiv ausmacht: uff vollständige Kontrolle
gesellschaftlicher Dynamik verzichten zu können (und aus strukturellen Gründen
gleichfalls zu sollen). Aber dasjenige Virus folgte den sozialen Praktiken dieser globalen
Gesellschaft, es reproduzierte sich parallel zu den räumlichen Praktiken dieser
Gesellschaft – weswegen man ohne Rest durch zwei teilbar die räumliche Dimension des sozialen Lebens
unter Kontrolle einbringen musste. Begegnungen wurden unterbunden, staatlich,
durch Verordnung. Durchregiert wurde
folglich letztlich gegen die Natur dieser Gesellschaft selbst, deren innerer
Haushalt von dieser Nicht-Kontrollierbarkeit seiner nicht linearen Praktiken lebt.
Es war in diesem Sinne tatsächlich eine Ausnahmesituation – und keine Blaupause
zu Händen Krisenmanagement schier.